Unerhörte Prognosen!
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Stockholm (BoerseGo.de) – Die US-Handelsbilanz könnte im nächsten Jahr positiv ausfallen, und der chinesischen Renminbi um 5 Prozent gegenüber dem US-Dollar abwerten: Keine Frage, solche Prognosen sind unerhört. Schwellenländer werden die Erholung weiter anführen, Rohstoffe von der anziehenden Weltkonjunktur profitieren, und auch auf den Aktienmärkten der Industriestaaten wird es wieder etwas zu holen geben, lautet das „gewöhnliche“ Fazit der Jahresausblicke von Banken und Vermögensverwaltern.
Doch eine gewöhnliche Prognose will die schwedische Saxo Bank eben nicht abgeben: Ihr jährlicher Ausblick „Outrageous Predictions“ stellt eine Gedankenübung zur Vorhersage seltener, aber auswirkungsstarker „Black Swan“-Ereignisse dar, die über die normalen Markterwartungen hinausgehen. Dadurch soll die häufig gleichläufige Marktmeinung hinterfragt werden, was im sonstigen Einheitsbrei der Marketingabteilungen der Finanzindustrie mitunter erfrischende Akzente setzt.
Insgesamt 10 aussergewöhnliche Prognosen haben die Experten der Bank für das kommende Jahr zusammengestellt, deren Eintreten derzeit wohl von den wenigsten Marktteilnehmern als wahrscheinlich angesehen wird. Ungeachtet dessen kommt es auf den Finanzmärkten immer wieder zu unerwarteten Veränderungen und Ereignissen, die innerhalb kurzer Zeit den Marktkonsens vollkommen umkrempeln können. Selbst wenn auch nur eine einzige der Vorhersagen eintreten würde, wäre den Strategen damit wohl ein großer Wurf gelungen:
1. Staatsanleihe-Renditen werden auf 2,25 Prozent fallen
Deflationäre Kräfte und die exzessive Geldpolitik werden die Renditen von Bund- und anderen Staatsanleihen unter Abwärtsdruck setzen, sollte es der Aktienmarkt nicht schaffen, die Rentenmarktakteure von seiner Wachstumsstory zu überzeugen. Im Zuge einer allgemeinen Flucht in Sicherheit könnten zehnjährige deutsche Staatspapiere unseres Erachtens bis Ende 2010 einen Kursanstieg von 122,6 auf 133,3 verzeichnen.
2. VIX-Index wird auf 14 sinken:
Die Märkte legen momentan einen Gleichmut gegenüber Risiken an den Tag wie sie es in den Jahren 2005 und 2006 getan haben. Obwohl der VIX-Index seit Oktober 2008 niedriger notiert, könnte er vor dem Hintergrund sich verengender Handelsspannen und einem Rückgang der impliziten Optionsvolatilität weiter von 22,32 auf 14 Punkte sinken.
3. CNY (chinesischer Yuan Renminbi) wird um 5 Prozent gegenüber dem USD abwerten:
Die Bemühungen der chinesischen Regierung zur Eindämmung des Kreditwachstums und Vermeidung fauler Kredite – im Verbund mit der Erzeugung mehrerer Wachstumsblasen – könnten das investitionsgetriebene Wachstum Chinas letztendlich als unzulänglich entlarven. Die massiven chinesischen Kapazitätsüberschüsse und das konjunkturelle Umfeld könnten sich als entscheidender Faktor für eine Abwertung des CNY gegenüber dem USD erweisen.
4. Goldpreis wird 2010 auf 870 USD sinken, 2014 dann aber auf 1.500 USD steigen:
Die allgemeine Festigung des USD könnte der jüngsten spekulativen Komponente im Gold jegliche Grundlage entziehen. Auch wenn wir langfristig optimistisch gegenüber Gold gestimmt sind (unseres Erachtens wird der Goldpreis binnen fünf Jahre auf 1.500 USD anziehen), so ist dieser Trade mittlerweile doch zu leicht geworden und zu verbreitet, um sich kurzfristig wirklich auszuzahlen. Eine deutliche Preiskorrektur in Richtung der 870 USD-Marke könnte die Spekulanten vertreiben und gleichzeitig das Edelmetall in einem längerfristigen Aufwärtstrend verharren lassen.
5. USD/JPY wird bei 110 notieren:
Die derzeitige Schwäche des USD liegt in einer verantwortungslosen Fiskal- und Geldpolitik begründet. Dennoch halten wir es für möglich, dass die US-Währung irgendwann im nächsten Jahr eine Erholung verzeichnet, da der USD-Carry-Trade zu lange eine zu einfache und zu offensichtliche Wette gewesen ist. Was den JPY betrifft, so spiegelt dieser nicht die momentane wirtschaftliche Realität in Japan wider. Wir denken dabei vor allem an die enorme Schuldenlast des Landes sowie sein Problem der Bevölkerungsalterung.
6. Verärgerte US-Öffentlichkeit könnte den Anstoß für eine neue Partei in den USA geben:
Die Anti-Stimmung gegenüber der amtierenden Regierung infolge der zahlreichen krisenbedingten Rettungsaktionen und einer allgemeinen Missbilligung beider großer Parteien nähert sich dem Niveau von 1994 und 2006. Die Forderung der amerikanischen Wähler nach einem echten Wandel könnte bei den Parlamentswahlen im Herbst 2010 eine dritte, neue Partei zu einem entscheidenden Faktor werden lassen.
7. Der Social Security Trust Fund in den USA wird Pleite gehen:
Dies ist weniger eine spektakuläre Behauptung als vielmehr eine versicherungsstatistische und mathematische Gewissheit. Das Ungeheuerliche daran ist, dass Sozialversicherungsabgaben und -beiträge so lange verschwendet worden sind. 2010 wird das erste Jahr sein, in dem die Auslagen für den nicht existierenden Treuhandfonds durch den General Fund der US-Bundesregierung teilfinanziert werden muss. Das bedeutet, dass der Budgettrick eines Fonds, der in Wahrheit ohne Mittel ist, erstmals sichtbar werden wird. Ein Teil der Sozialversicherungsausgaben wird über höhere Steuern, eine weitere Schuldenaufnahme bzw. ein weiteres Bemühen der Druckerpresse finanziert werden müssen.
8. Der Preis für Zucker wird um ein Drittel zurückgehen:
Trotz des jüngsten Preisanstiegs, der durch die Dürre in Indien und die überdurchschnittlichen Regenfälle in Brasilien ausgelöst wurde, signalisiert die Forward-Kurve für die Zeit nach 2011 bereits einen beträchtlichen Rückgang der Preise. Eine Rückkehr zu normaleren Wetterbedingungen im kommenden Jahr würde Zucker daher in die Reihe der weniger attraktiven Rohstoffe verbannen. Darüber hinaus hat der höhere Preis von Ethanol (das eng mit der Nachfrage für Zucker korreliert) Brasilien und die USA dazu veranlasst, den Ethanolgehalt bei Benzin um fünf Prozentpunkte zu senken – mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Zuckernachfrage.
9. TSE Small Index wird um 50 Prozent zulegen:
Japanische kleinkapitalisierte Unternehmen haben zuletzt eine Underperformance gegenüber dem Nikkei verzeichnet. Ihre Fundamentaldaten legen jedoch nahe, dass der TSE Small Index verglichen mit seinem Large-Cap-Pendant ein regelrechter „Schnäppchen-Index“ ist. Mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von lediglich 0,77 und einem Anteil des Finanzsektors von nur etwa 12% kennen wir aktuell keinen anderen Index, der derart günstig bewertet ist. Im Zuge positiver BIP-Daten in 2010 ist es daher sehr gut möglich, dass dieses Small-Cap-Barometer für eine positive Überraschung sorgt.
10. US-Handelsbilanz wird erstmals seit 34 Jahren ins Positive drehen:
Die letzte positive Handelsbilanz, die die USA kurzzeitig verzeichneten, war 1975 nach dem Einbruch des USD infolge der Ölkrise. Der USD ist mittlerweile wieder günstig genug, um den US-Export zu stimulieren und die Importe zu bestrafen. Amerikas handelsbilanzielle Lage hat sich bereits etwas gebessert. Veränderung braucht jedoch Zeit, doch sobald dieser Trend eine gewisse Dynamik entwickelt hat, würden wir eine positive US-Handelsbilanz für einen oder mehrere Monate im kommenden Jahr nicht ausschließen.
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