Kommentar
00:30 Uhr, 15.05.2007

Und was soll ich jetzt dem WEIZEN Bauern erzählen?

An den US Terminbörsen wird der Preis für Weizen gehandelt. Es gibt unterschiedliche Marktteilnehmergruppen, die den Handel der Terminkontrakte bestimmen. Der Bauer (Produzent) ist der Gruppe der Hedger zuzuordnen. Er muß sich gegen Preisrisiken absichern. Es hat also einen ganz anderen Bezugspunkt als ein Trader (Spekulant). Wir als vornehmlich charttechnisch ausgerichtete Trader orientieren uns beispielsweise an einer solchen simplen, aber hocheffektiven Trendlinie, wie im beigefügten Chart eingezeichnet. Alle markanten Hochpunkte seit Mai 2006 liegen im Bereich dieser Trendlinie. Diese Linie fungiert als Widerstand, im Bereich dieser Trendlinie wird verkauft, hier prallte der Kurs nach unten ab, hier entsteht also ein Angebotsüberhang. Reine psychische Konditionierung. Wenn der Kurs sich hier und dort an der Linie orientiert hat und nach unten abgeprallt ist, wieso dann nicht auch jetzt?

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Am 03.04. dieses Jahres kauften wir Weizen über ein gehebeltes Bullzertifikat bei 445 US-Cents nach einer bullischen Reversalkerze am Tag zuvor, am 10.04. wurde die erste Hälfte der Position mit 24% Profit abgestoßen und am 26.04. wurde bei Erreichen der beschriebenen Widerstandslinie mit 89% Profit die zweite Hälfte verkauft. Im Chart ist erkennbar, dass der Kurs am 26.04. tatsächlich wieder an dieser banalen Linie nach unten abprallte.

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Neben dem reinen Hedging sollte der Bauer vielleicht zusätzlich auch ein bißchen spekulieren. Spaß beiseite!

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Wenn ich manchmal etwas innehalte und mir bewußt mache, was ich eigentlich Tag für Tag an der Börse handele, werde ich doch ein kleinwenig nachdenklich. Ich vermesse Charts, analysiere Trends, analysiere Kursmuster, "lese" den Kursverlauf wie ein Hacker Binärcodes liest und drücke auf den BUY bzw. SELL Button. Einen echten Bezug zu dem zu grundeliegenden Basiswert habe ich nicht. "Ok, ich habe Weizen auf Position gehandelt ... Es wird Zeit die Bonds zu shorten ... Und bald dürfte EUR/USD wieder auf der langen Seite interessant werden ...". Schon eine verrückte Welt. Am Sonntag gab es auf Phoenix einen Bericht über ein kleines zehnjähriges Mädchen in Südafrika, dessen Eltern durch die Immunschwäche AIDS gestorben sind. Dieses Mädchen lebt alleine mit seinen kleinen Geschwistern, macht ihnen Essen, wäscht, sorgt dafür, dass sie in die Schule gehen. Zehn Jahre alt und so erwachsen und als Mensch so wertig. Während ich die Reportage verfolge, screene ich im Querlesemodus den Markt und fühle mich irgendwie nicht ganz gut dabei. Das einfach mal so am Rande. Auch ein "harter" Trader macht sich so seine Gedanken.

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Nun. Was den Bauern anbelangt, so gehe davon aus, dass zu unseren Lesern auch Landwirte gehören. Ich weiß, dass wir von mehreren Adressen aus der Basismetall verarbeitenden Industrie und im Ölhandel tätigen Unternehmen aufmerksam verfolgt werden.

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Charttechnische Analysen zu Edelmetallen und Basismetallen finden Sie unter dem folgenden Link: http://www.godmode-trader.de/archive/?idc=8

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Charttechnische Analysen zum Energiesektor finden Sie unter dem folgenden Link:

http://www.godmode-trader.de/archive/?idc=252

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Charttechnische Analysen zu Soft Commodities finden Sie unter dem folgenden Link:

http://www.godmode-trader.de/archive/?idc=7

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In der letztgenannten Rubrik wird täglich auch unser Rohstoff TA Rating veröffentlicht. Anbei der Kursverlauf von Weizen mit bisherigen Tradingsignalen. Das letzte Long-Signal dieses TA Ratings war übrigens einer der Gründe, weshalb wir WEIZEN gekauft hatten.

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Die fundamentale Seite der Medaille wird im Rohstoff-Report beleuchtet.

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Der Rohstoff Report ist der reichweitenstärkste Börsenbrief in Deutschland mit Schwerpunkt Rohstoffe, Edelmetalle, erneuerbare Energien. Er bietet Fundamentalresearch und zusätzlich charttechnische Analysen mit Kurszielen.

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Anbei einer der letzten Kommentare aus dem Rohstoff-Report zum Thema WEIZEN :

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Weizen

Heute leben rund 6,6 Milliarden Menschen auf der Erde, bis in 50 Jahren wird die Weltbevölkerung nach Schätzungen der Vereinten Nationen die 9-Milliarden-Grenze übersteigen. Die meisten Kalorien, die diesen Zuwachs ermöglichen, stammen von nur drei Getreiden: Mais, Reis und Weizen.

Bis vor wenigen Jahren war Weizen noch vor Mais und Reis das weltweit am meisten angebaute Getreide. Das ist zwar immer noch so, betrachtet man die Ausdehnung der Anbauflächen. Gemessen am Erntegewicht ist Weizen in den letzten Jahren von Mais und Reis auf den dritten Platz verdrängt worden. Das liegt vor allem an gentechnischen Manipulationen, die Mais und Reis resistenter machen gegen klimatische Extrembedingungen und Schädlingsbefall machen. An Weizen gingen diese Laborexperimente dagegen fast spurlos vorbei. Daher nimmt Weizen auch heute noch die größten Anbauflächen in Anspruch, obwohl die Ernte gemessen am Gewicht immer merklicher unter Mais und Reis zurückbleibt. Das führte vor allem dazu, dass in den Industrieländern oft große Mengen Getreide vernichtet werden müssen, bevor sie auf natürlichen Wegen verderben. Sie fehlen dann in den Ländern, wo sie am meisten gebraucht würden.

Und diese Länder liegen vor allem in armen Ländern Afrikas, wo der Bevölkerungszuwachs überdurchschnittlich hoch ist. Die Weltbevölkerung wird in den nächsten 50 Jahren besonders in Burkina Faso, Mali, Niger, Somalia, Uganda und Jemen wachsen. Bis auf Jemen liegen alle diese Länder in Afrika, wo Nahrung knapp ist, oft zu knapp, um die wachsenden Menschenmassen zu ernähren. In den entwickelten Industrieländern hingegen ging die Kinderzahl pro Frau in den letzten 50 Jahren von sechs auf drei zurück; bis zum Jahr 2025 soll die Geburtenrate der Todesrate entsprechen. Das ist rein naturwissenschaftlich betrachtet ein ungewöhnlicher Vorgang: Menschen sind die einzige Spezies auf Erden, deren Geburtenrate bei besserer Ernährung zurückgeht. Wissenschaftler gehen dabei so weit zu behaupten, dass sich die Erdbevölkerung von den heutigen rund 6 Milliarden Menschen wahrscheinlich nicht mehr verdoppeln kann.

„In den letzten 80 Jahren hat sich die Weltbevölkerung vervierfacht. Doch zuletzt hat sich dieser Trend abgeflacht. Die Zahl wird sich nicht mehr verdoppeln können. Das Ende des Bevölkerungsbooms wird noch in der Lebenszeit der heutigen Generation stattfinden“, so Wissenschaftler des österreichischen International Institute for Applied Systems Analysis. „Es besteht statistisch betrachtet eine Wahrscheinlichkeit von 60%, dass die Weltbevölkerung niemals die Marke von 11,5 Milliarden Menschen auf Sicht von 100 Jahren erreichen wird, möglicherweise auch nicht danach.“

Die Vereinten Nationen sehen das ähnlich. „Die Weltbevölkerung erreicht im Jahr 2075 ihr Hoch bei 9,22 Milliarden Menschen. Jedoch wird sich nach Erreichen dieses Maximums ein allmählich Rückgang einstellen, der sich dann fortsetzen wird, um im Jahr 2300 die Zahl von 8,97 Milliarden Menschen zu erreichen, das ist kein deutlicher Unterschied zur prognostizierten Zahl für das Jahr 2050.“

Für Anleger, die heute in Weizen spekulieren, spielen diese langfristigen Überlegungen sicherlich keine Rolle. Auch wenn immer wieder behauptet wird, dass sich Fonds langfristig am Weizenmarkt einkaufen, um an der Preisentwicklung in den nächsten Jahrzehnten zu profitieren, hinkt diese Behauptung an einer Stelle: Dem so genannten Cost of Carry. Diese Kosten liegen teilweise bei über 10% pro Jahr und gehen aus der Contango-Struktur der Weizenmärkte hervor. Sie entsprechen den Lagerhaltungskosten, denn Weizen muss in speziellen Silos bevorratet werden, was entsprechende Kosten nach sich zieht. Trotzdem stieg die Bedeutung der Fonds und Hedgefonds an den Getreidebörsen der Welt in den letzten Jahren immer weiter an. Dabei handelt es sich aber eher um kurzfristige Spekulanten, als um langfristig denkende Investoren. Aufgrund des steigenden Volumens des spekulativen Kapitals werden an einigen Börsen derzeit sogar Raten für den Cost of Carry bezahlt, die über den Lagerkosten liegen (so genannte Super Contangos). Das ist ein Puzzleteil, welches auf eine spekulative Überhitzung der Getreidepreise hindeutet. Nun wäre aber kein Hedgefonds bereit, solche Kosten zu ertragen, würde sich die Getreidespekulation unter dem Strich nicht auszahlen. Woher kommt also das Interesse dieser Spekulanten?

Weizen wird knapper

Tatsache ist, dass es bei Weizen im Jahr 2006 in einigen wichtigen Produzentenländern erhebliche Missernten gab. In Australien wurde der Notstand ausgerufen, weil seit Jahren kein Niederschlag mehr in den landwirtschaftlichen Regionen niedergeht. Im letzten Jahr fehlte der Regen nahezu ganz. Die dortigen Landwirte sprechen von einer Jahrtausenddürre. Die Weizenernte wird in diesem Jahr wahrscheinlich um über 60% einbrechen. Nicht viel anders sieht es in der Ukraine aus, einem weiteren wichtigen Weizenlieferant der Erde. Dort waren die Menschen so verzweifelt, dass sie große Mengen verdorbenen Weizen in das Schwarze Meer entsorgen mussten. In Indien wurde kurzerhand ein Exportverbot für Weizen ausgesprochen, um der Verknappung des Getreides im Inland entgegenzuwirken. All das hat fallende Lagerbestände zur Folge. Die Weizenpreise stiegen in Folge von Mitte August bis Mitte Oktober um über 50% an.

Angebotsreaktion erwartet

Hohe Preise waren bei den Rohstoffen, aber auch bei den meisten anderen Waren, immer schon der beste Anreiz für die Unternehmen, ihre Produktion auszuweiten. Bei ihrer Entscheidung über die Anbauflächen zum Beginn der Saison müssen die Landwirte dabei den Mix von Sojabohnen, Weizen und Mais beachten. Da die Lagerbestände bei Sojabohnen auf ein Rekordniveau angestiegen sind, ist für das Jahr 2007 mit einer Ausweitung der Anbauflächen für Weizen und Mais zu rechnen. Die Weizen- und Maispreise sind auch deutlicher gestiegen, als der Preis für Sojabohnen. Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass auch eine normale Weizenernte in diesem Jahr bei größeren Anbauflächen zu einem steigenden Angebot und in Folge wieder fallenden Weizenpreisen führen wird. Die Zeichen für ein gutes Erntejahr 2007 stehen dabei unter einem guten Stern, was vor allem auf ein Wetterphänomen zurückzuführen ist, das nur den wenigsten Anlegern ein Begriff ist.

El Nino zieht sich zurück

El Nino, das Wetterphänomen, hat im Weltklima im Jahr 2005 bis heute einiges durcheinander gewirbelt. Ein El Nino trifft immer dann auf, wenn die Wassertemperaturen vor der Westküste Südamerikas über den Durchschnittswert der letzten Jahre ansteigen. Ein solcher Anstieg war seit 2005 zu beobachten. Die amerikanische Raumfahrtgesellschaft NASA machte El Nino als Hauptursache verantwortlich für die überdurchschnittlich hohe Hurrikansaison im Jahr 2005. Meteorologen rund um den Erdball gehen davon aus, dass El Nino für die Dürre in vielen Ländern der Erde im Jahr 2006 sowie für den milden Winter in den Vereinigten Staaten und Europa verantwortlich ist. Auch der Sturm „Kyrill“, der über Großbritannien sogar Hurrikanstärke erreichte, war britischen Meteorologen zufolge eine klimatische Reaktion auf El Nino. Doch es gibt Entwarnung. Es häufen sich die Meldungen darüber, dass sich El Nino wieder auf dem Rückzug befindet und sich die Wasseroberflächentemperaturen vor dem südamerikanischen Kontinent wieder normalisieren. Sollte dieser Trend anhalten, so kann von einem normaleren Erntejahr rund um den Erdball und somit auch von einer Normalisierung der Weizenpreise ausgegangen werden.

Intermarketkorrelation

Es spielt aber noch ein weiterer Aspekt in die Betrachtung des Weizenmarktes hinein: Jener der Intermarketkorrelation. Sie beschreibt die Verwandschaft ähnlicher oder logisch verwandter Märkte zueinander. Dabei gibt es so genannte „Pace Maker“ - also Schrittgeber, die das Geschehen prägen, und alle anderen Märkte, die von diesen Schrittgebern angeführt werden. Der Pace Maker unter den Getreidesorten ist derzeit klar Mais, gefolgt von Weizen und danach Soja. Da wir anhaltend hohe Preise bei Mais erwarten, sehen wir eine deutliche Abwertung bei Soja und Weizen als nicht wahrscheinlich an, obwohl die Fundamentaldaten bei Sojabohnen dafür sprechen mögen. Auch wenn sich die Weizenernte in diesem Jahr erhöhen könnte, liegt es im Bereich des möglichen, dass die Weizenpreise weiter fest notieren, wenn die Maispreise angesichts der hohen Ethanolnachfrage und knapperen Lagerbeständen weiter steigen. Eine Erklärung für diese Verwandschaft ist, dass große Fonds, die in Getreide investieren möchten, ihr Kapital auf alle drei Getreide streuen müssen. Damit wächst auch die Verwandschaft der Preisentwicklung an.

Zusammenfassung

Weizen wird immer ein Thema bleiben. Wenngleich Mais von uns wegen der Ethanolphantasie mittlerweile bevorzug wird, dürfte Weizen immer wieder für Gewinne gut sein. Wir würden uns zunächst aber zurückhalten, bis genauere Details über die Anbauflächen in diesem Jahr bekannt sind. Ebenfalls sollten El Nino und die Klimaprognosen der großen Wetterinstitute im Auge behalten werden, da diese auch bei höheren Anbauflächen erneut Missernten auslösen könnten, was sicherlich zu weiter steigenden Preisen führen würde. Weizen dürfte also auch im Jahr 2007 spannend bleiben

Viele Grüße,

Ihr Harald Weygand - Head of Trading bei GodmodeTrader.de

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