Kommentar
16:27 Uhr, 28.11.2018

Überraschung: Deutschland ist eigentlich ganz arm

Der deutsche Staat ist sogar ärmer als Uganda und Kenia, wie eine IWF-Studie ergeben hat. Die Studie stellt Vermögenswerte von Staaten ihren Verbindlichkeiten gegenüber. Deutschland schneidet mit einem negativen Nettovermögen ab, ist also eigentlich überschuldet.

Keine Frage: Deutschland ist eines der wirtschaftlich leistungsfähigsten und erfolgreichsten Länder weltweit, wie man zum Beispiel am Bruttoinlandsprodukt (BIP), also der Summe aller in einem Jahr hergestellten Waren und Dienstleistungen, ablesen kann. Aber der wirtschaftliche Erfolg schlägt sich weder in einem besonderen Reichtum bei den Privatpersonen noch beim deutschen Staat nieder. Ganz im Gegenteil: Der deutsche Staat gehört weltweit sogar zu den eher ärmeren Staaten, wie eine neue IWF-Studie ergeben hat.

Die IWF-Studie liefert erstmals ein umfassendes Bild der Vermögenslage vieler Länder weltweit. Bei der Ermittlung des Vermögens ging der IWF so vor, wie auch Unternehmen vorgehen, wenn sie eine Bilanz aufstellen: Erstmals wurden sowohl sämtliche Vermögenswerte als auch Verbindlichkeiten der Staaten ermittelt und einander gegenübergestellt. Die IWF-Studie folgt also dem Prinzip der "doppelten Buchführung", wonach sich das Reinvermögen aus der Differenz zwischen den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten (Schulden) ergibt.

Staaten hingegen wirtschaften oft anders und wissen meist nicht einmal, welche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sie tatsächlich besitzen, wie die IWF-Studie ergeben hat. Stattdessen liegt der Fokus bei den Staatsfinanzen meist darauf, Einnahmen und Ausgaben auszugleichen, was oft nur durch die Aufnahme neuer Schulden möglich ist.

Die IWF-Studie bezieht auch Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in ihre Betrachtung mit ein, die sonst oft unter den Tisch fallen, etwa die in einem Land vorhandenen Bodenschätze, die Pensionsverpflichtungen der Staaten für ihre Beamten sowie die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Unternehmen in staatlichem Besitz und staatlichen Zentralbanken.

Die westlichen Staaten schneiden in der IWF-Analyse sehr schlecht ab. So ist etwa in Ländern wie den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien das Nettovermögen der Staaten negativ. Die Staaten haben jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt und sitzen auf riesigen Schuldenbergen und gigantischen, oft unfinanzierten Pensionsverpflichtungen.

Im Falle Deutschlands sind die öffentlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen (anders als etwa die Pensionsverpflichtungen für Beamte) gar nicht in der Analyse enthalten, weil sie nach IWF-Lesart nicht dem Zentralstaat, also der Bundesrepublik, sondern den Beitragszahlern gehören. Wären auch die öffentlichen Versicherungen in der Analyse enthalten, würde die Bilanz für Deutschland wohl noch deutlich schlechter ausfallen.

Zu den weltweit wohlhabendsten Staaten im Verhältnis zum jeweiligen BIP gehören Norwegen, Russland, Kasachstan und Australien, was vor allem an den in diesen Ländern reichlich vorhandenen Bodenschätzen sowie im Falle Norwegens auch an dem aus Öleinnahmen gespeisten norwegischen Staatsfonds liegt. Die nach dem Nettovermögen im Verhältnis zum jeweiligen BIP ärmsten Staaten laut IWF-Analyse sind Portugal, Großbritannien und Gambia.

Die Grafik zeigt als schwarzen Strich das Nettovermögen der jeweiligen Staaten im Verhältnis zum BIP. Vermögenswerte sind als blaue Balken, Verbindlichkeiten als rote Balken dargestellt. Die gelben Rauten entsprechen den Finanzschulden der jeweiligen Zentralregierung.

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Im Falle der Schwellenländer (in der Grafik nicht aufgeführt) liegt China laut IWF-Analyse beim Nettovermögen des Staates in Bezug zum BIP ganz vorne.

Als Resultat aus der Studie fordert der IWF die Staaten dazu auf, besser über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten Buch zu führen. Nur so sei ein solides wirtschaften im Sinne der Bürger des jeweiligen Landes möglich.

Hier geht es zur IWF-Studie: The Wealth of Nations: Governments Can Better Manage What They Own and Owe


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29 Kommentare

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  • shark
    shark

    GW Hr.Baron -sehr guter Beitrag!

    19:18 Uhr, 29.11.2018
  • Jason
    Jason

    Also das Russland quasi keine Pensionsverpflichtungen hat, kann ich nicht glauben. Dort hängt doch praktisch alles am Tropf des Staatshaushaltes.

    Desweiteren halte ich auch das Thema Bodenschätze in dieser Statistik für überbewertet. Nur das ein Land Bodenschätze hat, macht es nicht reich. Sondern diese müssten erstmal gefördert und veräußerbar gemacht werden.

    Aber sei es wie es sei. Schön zu sehen, das Länder wie Georgien und Türkei offensichtlich ganz gut für sich selbst sorgen können.

    11:30 Uhr, 29.11.2018
  • petervonbremen
    petervonbremen

    Klaro, nur wenigen ist bewusst welche "Aufgabe" dem "Bürger" zusteht. Mit der Geburt bzw. Ein"bürger"ung sitzt man dann mit in dem Boot, mit ordentlich unerwünschtem Wasser in der Bilge und zu schwacher Lenzpumpe. - Die Hoffnung stirbt zuletzt........... aber sie wird sterben

    06:56 Uhr, 29.11.2018
  • RoadyO
    RoadyO

    Einfach mal drüber nachdenken woher der Begriff: "Bürger" kommt"... 😉

    22:17 Uhr, 28.11.2018
  • G3ckOoo
    G3ckOoo

    Interessant ist, dass Deutschland nich teinmal die Goldreserven in den USA inzpizieren darf. Vermutlich wurden die US Goldreserven ebenfalls bereits auf den Marktgeworfen um Gold zu drücken.

    21:53 Uhr, 28.11.2018
  • wolp
    wolp

    Ja man hat fast das Gefühl eine Hungersnot steht bevor... Aufwachen!

    21:12 Uhr, 28.11.2018
    1 Antwort anzeigen
  • connection
    connection

    Nun, mich wundert das auch nicht. Doch es wird von Politikern und Bürgern bis dato konsequent verdrängt. Ohne die Niedrigzinspolitik wäre die Misere offensichtlicher. Spätestens, wenn die Babybommer ins mehrheitlich in Rente sind, wird es spannend...Aber welches Parlament stellt sich heute ernsthaft der Tatsache, ungedeckte Schecks ohne Ende ausgestellt wurden und noch werden?

    21:00 Uhr, 28.11.2018
  • Helmut56
    Helmut56

    Deutschland ist ganz arm... Wen überrascht dise Aussage? Fragt doch den normalen 0815-Bürger. Der weiss es!

    20:23 Uhr, 28.11.2018
  • franca
    franca

    Das Buch von Dr. Daniel Stelter Das Märchen vom reichen Land klärt diesbez. noch ausführlicher auf:

    19:58 Uhr, 28.11.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    im Dax würde ich übrigens spätestens bei der 475,5 schauen ob die Luft nicht etwas dünn wird -

    nice evening

    19:54 Uhr, 28.11.2018

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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