Übernahmewelle auf dem Höhepunkt?
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Es vergeht kaum ein Tag ohne die Ankündigung einer neuen Übernahme. Die Summe der Transaktionen hat mittlerweile das Rekordhoch während des Börsenhypes 2000 überschritten. Ist der Zenit erreicht und wird den Märkten eine wichtige Liquiditätsspritze genommen, oder bleiben Übernahmen weiterhin das Doping für die Aktienbörsen weltweit?
Werfen wir einen kurzen Blick auf die wichtigsten Daten im Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A):
Übernahmewelle auf Rekordniveau
Nachdem das Transaktionsvolumen am weltweiten M&A-Markt im Zuge der Aktienmarktkorrektur in den Jahren 2001 bis 2003 gesunken war, markierte das Volumen im Mai 2007 mit 636 Mrd. US-Dollar vorerst einen historischen Höhepunkt. Es lag damit sogar über der alten Rekordmarke vom Januar 2000, als AOL und Time Warner fusionierten. Gründe für diese Entwicklung liegen auf der Hand:
· hohe Mobilität von (Human- und) Finanzkapital im Zuge einer zunehmenden Globalisierung;
· günstige fundamentale Rahmenbedingungen dank weltweit hohem Wirtschaftswachstum;
· schlankere und damit effizientere Unternehmen im Zuge umfangreicher Restrukturierungen nach 2001;
· hohe Liquiditätsausstattung der Konzerne und Finanzinvestoren;
· zum Teil limitierte organische Wachstumsperspektiven;
· niedrige Refinanzierungskosten und hohe Finanzierungsbereitschaft;
· zunehmende Bedeutung von Finanzinvestoren, z. B. Private Equity-Firmen oder Hedge Fonds.
Was kennzeichnet also die heutige M&ALandschaft?
Strategische Investoren dominieren noch ... Die größte Gruppe am Markt für Fusionen und Übernahmen bilden nach wie vor wachstumshungrige Konzerne, die mit dem Zukauf vor allem strategische Ziele verfolgen. Insbesondere Wachstumsstrategien wie die Erweiterung der Wertschöpfungskette, die Expansion in neue Geschäftsfelder oder der Aufkauf von Mitbewerbern stehen dabei im Fokus der Käufer. Die Unternehmen wollen überschüssigen Cashflow investieren, profitieren von niedrigen Finanzierungskosten und können durch Firmenzusammenschlüsse die Vorteile der Globalisierung besser nutzen.
... aber Finanzinvestoren holen auf
Während Ende der Neunzigerjahre vornehmend strategische Investoren das Zepter im M&A-Markt geschwungen haben, sind es in den letzten Jahren vermehrt Private Equity-Fonds, die an Bedeutung gewinnen. Ihr Marktanteil am M&A-Markt beträgt mittlerweile knapp 30 % – Tendenz steigend. Von den zwanzig weltweit größten Übernahmen 2006/2007 wurden allein zehn von Private Equity-Firmen gestemmt. Diese sogenannten Finanzinvestoren verfolgen ganz andere Ziele: Für sie steht die Rendite auf das eingesetzte Kapital („Return on Investment“) im Vordergrund und weniger das Geschäftsfeld des übernommenen Unternehmens. Durch den hohen Anteil an Fremdkapital – im Schnitt werden nur rund 20 % des Kaufpreises mit Eigenmitteln finanziert – gelingt es ihnen, die Eigenkapitalrendite hochzuschrauben (sog. „Leverage-Effekt“). Voraussetzung ist allerdings, dass die Eigenkapitalrendite des übernommenen Unternehmens höher ist als der Zins für das Fremdkapital. Das bisherige Umfeld von robuster Weltkonjunktur bei gleichzeitig günstigen Refinanzierungskosten und hoher Finanzierungsbereitschaft der Banken war daher ganz nach dem Geschmack der Finanzinvestoren.
Kooperationen eröffnen neue Möglichkeiten
Innovationen machen auch vor dem M&A-Markt nicht halt. Während früher klassischerweise nur zwei Vertragsparteien (Käufer und das übernommene Unternehmen) an einem Verhandlungstisch saßen, sind in letzter Zeit auch häufiger konzertierte Aktionen von mehreren Beteiligten zu beobachten. Der Vorteil: Die Finanzierung, die der Einzelne nicht leisten kann, kann gemeinsam gestemmt werden. Allein zehn der zwanzig größten Übernahmen in den letzten beiden Jahren stammen von einem Bieter- Konsortium. Größere Brocken, wie z. B. DAX-Konzerne, sind daher vor Übernahmen nicht mehr gefeit. Kooperationen tauchen dabei in 3 Varianten auf: Bei größeren Übernahmeprojekten verbinden sich mehrere Finanzinvestoren zu einem Konsortium und teilen sich nicht nur die Schuldenlast, sondern auch das Risiko. Auch Unternehmen (strategische Investoren) suchen sich mitunter einen Finanzinvestor zur Mitfinanzierung des Kaufs, wie z. B. jüngst bei der Offerte für Iberia durch ein Konsortium bestehend aus British Airways und dem Finanzinvestor Texas Pacific Group geschehen. Der Vorteil für beide Käufer: Für den strategischen Investor verringert sich die Kostenlast und der Finanzinvestor profitiert von dem Branchen-Know-how des Partners. Oder, und dies ist bisher einzigartig, es tun sich mehrere strategische Investoren zusammen, wie bei der geplanten Übernahme von ABN-Amro durch ein Konsortium dreier Banken (Royal Bank of Scotland, Fortis, Banco Santander). Hier besteht der Erfolg nicht nur darin, dass sich Finanzierung und Risiko auf mehrere Schultern verteilen, sondern dass durch die Filetierung des Übernahmekandidaten größere Synergien möglich sind und sich daher höhere Kaufpreise eher rechtfertigen lassen.
„Cash is King“
Infolge der starken Zunahme der Kaufofferten aus der Private Equity-Branche und zunehmender Kooperationen von Kaufinteressenten haben sich nicht nur die Transaktionsvolumina erhöht, sondern sind auch die Preise in der Tendenz gestiegen. Gleichwohl – und das ist der große Unterschied zur Übernahmewelle 1999/2000 – werden getreu dem Motto „Cash is King!“ Käufe heute bar bezahlt und weniger über die Emission eigener Aktien finanziert. Während in den letzten beiden Jahren lediglich 20 % der weltweiten Übernahmen mit eigenen Aktien beglichen und der überwiegende Teil (75 %) mit Barmitteln finanziert wurden, waren es zur Jahrtausendwende noch über 50 %. Damals ergab sich eine gefährliche Spirale: Überbewertete Unternehmen haben ihre (teuren) Aktien als Akquisitionswährung genutzt. Das Ende vom Lied, das den Anlegern noch schmerzhaft in Erinnerung ist, war das Zerplatzen der Spekulationsblase. Strategische Investoren haben ein Stück weit aus der Vergangenheit gelernt und gehen heutzutage umsichtiger vor. Die Bewertungen stehen aktuell auf gesünderen Füßen, wenngleich im Zuge des starken Bieterwettbewerbs die Preise angezogen haben. So wurde bei Zukäufen im ersten Halbjahr 2007 im Schnitt das 8-Fache des operativen Ergebnisses (EBITDA) des Zielunternehmens gezahlt. In den Jahren 2002 bis 2005 waren es im Mittel noch 20 % weniger.
M&A-Markt wohl am Zenit
Mit zunehmender Dauer der Fusionsund Übernahmewelle wird die Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten immer schwieriger. Auf der Jagd nach Rendite könnte das Risiko von Fehlbewertungen steigen. Die Phase, in der Finanzinvestoren durch reine Finanzakrobatik Erträge erzielen konnten, scheint langsam vorbei zu sein. Vielmehr bedarf es zusätzlich operativer Verbesserungen und/oder Ertragssynergien, um einen Mehrwert aus einer Akquisition erzielen zu können. Auch wenn viele Unternehmen bereits ihren Hausputz erledigt haben, scheinen weitere Effizienzsteigerungen möglich. Gesellschaften, deren Umsatzrendite im Branchenvergleich niedrig ist und deren Ertragspotenzial noch nicht ausgeschöpft scheint, werden daher wohl unverändert Zielscheibe von Käufern sein. Gleichzeitig sind die Refinanzierungsmöglichkeiten günstig, wenngleich die aktuell steigenden Zinsen und die möglicherweise restriktivere Kreditvergabe der Banken die Liquiditätsspritze etwas austrocknen könnten. Der Zenit der Übernahmewelle scheint erreicht, zumal Schnäppchen am Markt rar gesät sind. Doch das günstige Wirtschaftsumfeld und die hohe Liquiditätsausstattung der Unternehmen dürften dazu führen, dass das Flussbett des M&A-Marktes nicht gänzlich austrocknen wird. Auch wenn die Dynamik vermutlich nachlassen wird, dürften Fusionen und Übernahmen auch künftig die Börsen aufmischen und weiterhin ein „Dopingmittel“ für die Märkte bleiben.
Quelle: Allianz Global Investors
Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 900 Milliarden Euro ist Allianz Global Investors einer der größten Fondsmanager der Welt. Seit 2007 ist das gesamte Vermögensverwaltungsgeschäft der Allianz-Gruppe in Deutschland unter dem Dach von Allianz Global Investors vereint. Dazu gehört auch der im Jahr 1955 gegründete "Deutsche Investment Trust" (dit). Weltweit unterhält Allianz Global Investors mehr als 25 Standorte in allen wichtigen Wirtschafts- und Wachstumszentren.
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