Kommentar
10:31 Uhr, 14.05.2024

Turbulenzen bei Lufthansa: Schuldenberg und unzufriedene Kunden

Carsten Spohr, Konzernchef der Lufthansa Gruppe, hat sich am vergangenen Samstag in einem Interview mit der NZZ zur Lage des Luftfahrtkonzerns geäußert. Die Kundenzufriedenheit ist aktuell desolat. Dennoch konnte der Konzern 2023 ein starkes Jahresergebnis erzielen.

Die Lufthansa Gruppe ist mit ihren Tochtergesellschaften – gemessen an der Anzahl der beförderten Passagiere – das größte Luftverkehrsunternehmen Europas. Durch mehrere Übernahmen, zuletzt eine 41-prozentige Beteiligung mit Optionen für die restlichen Anteile an der italienischen ITA Airways, ist das Unternehmen in der internationalen Luftfahrt immer bedeutender geworden.

Die Liste der Belastungsfaktoren für das Unternehmen ist jedoch lang. Neben Personalmangel sind auch die hohen Kosten an deutschen Flughäfen für Steuern, Flugsicherung und Infrastruktur nachteilig für das operative Geschäft des Unternehmens. Aktuell steht die Lufthansa Gruppe zudem in der Kritik, die Kunden massiv zu vernachlässigen. Spohr hat jüngst zwar betont, insbesondere bei Lufthansa wieder für mehr Zufriedenheit sorgen zu wollen, doch der Spielraum für Maßnahmen wie beispielsweise Preissenkungen ist begrenzt, da das Unternehmen finanziell aktuell schon genug Baustellen hat.

Die Aktie ist die letzten Jahrzehnte seitwärts gelaufen und ist aktuell sehr niedrig bewertet. Wie zukunftssicher ist die Lufthansa Gruppe aufgestellt? Bietet sich auf aktuellem Niveau ein Einstieg als Trade oder Investment an?

Übersicht der Fluggesellschaften des Konzerns

  • Lufthansa
  • SWISS
  • Austrian Airlines
  • Brussles Airlines
  • Eurowings
  • Discover Airlines
  • Lufthansa Cargo

Fundamentalanalyse

Stammdaten

Marktkapitalisierung 7,98 Mrd. EUR
Hauptsitz Köln
CEO Carsten Spohr

Leistungskennzahlen

Umsatzanteile der verschiedenen Geschäftsbereiche der Lufthansa Gruppe (in Mrd. EUR) | Quelle: IR Lufthansa
Leistungskennzahlen der Lufthansa Gruppe (in Mrd. EUR) | eigene Darstellung | Quelle: stock3

Auch wenn die Lufthansa Gruppe fast 75 % ihres Umsatzes mit Fluggesellschaften verdient, sind auch Wartung und Reparatur für immerhin knapp 13 % des Umsatzes verantwortlich.

Aufgrund der Coronapandemie 2020 brach der Umsatz um fast 63 % ein und das Unternehmen hat einen Verlust von mehr als 6,7 Milliarden EUR verzeichnet. Doch aufgrund des Reisebooms und des starken Nachholbedarfs der Kunden konnte sich sowohl Umsatz als auch Nettogewinn schnell wieder erholen und befindet sich wieder auf Vorkrisenniveau. Die Lufthansa Gruppe investiert aktuell außerdem viel Geld in neue Flugzeuge und verpasst ihrer Flotte ein umfangreiches Upgrade, um einen größeren Investitionsstau zu verhindern.

Mehr Informationen zu zwei Aktien aus dem Tourismussektor findest du hier.

Solvenzkennzahlen

Solvenzkennzahlen der Lufthansa Gruppe | eigene Darstellung | Quelle: TradingView

Die Lufthansa Gruppe musste während Corona massiv Schulden aufnehmen, um den operativen Verlust auszugleichen. Über 6 Milliarden EUR wurden vom Staat größtenteils in Form von Krediten gewährt, doch mit 300 Mio. EUR erwarb der deutsche Staat eine direkte Beteiligung und mit 1 Milliarde EUR finanzierte der Staat die Lufthansa Gruppe in Form einer in Aktien wandelbare Schuldverschreibung.

Diese Verbindlichkeiten werden seit 2022 nun langsam zurückgezahlt. Dennoch bleibt die hohe Verschuldung ein massives Problem der Lufthansa. 2023 beispielsweise musste das Unternehmen Zinszahlungen in Höhe von 627 Millionen EUR leisten. Der aktuelle Free Cashflow wird hauptsächlich dafür verwendet, ausstehende Verbindlichkeiten zurückzuzahlen und den Cashbestand zu stabilisieren.

Bewertungskennzahlen

KGV 4,94
KUV 0,22
KBV 0,84
Quelle: stock3

Die Lufthansa Gruppe ist mit einem KGV von unter 5 extrem niedrig bewertet. Auch die weiteren Multiples wie KUV und KBV zeigen eine sehr günstige Bewertung an. Doch betrachtet man die Bewertung im mehrjährigen Vergleich ist, die Aktie gar nicht mehr so günstig, wie es scheint.

Das durchschnittliche KGV der letzten 10 Jahre beträgt nämlich 4,63. Rechnet man die zwei Coronajahre mit Nettoverlust heraus, so bekommt man ein durchschnittliches KGV von 5,79. Aufgrund des geringen Umsatz- und Nettogewinnwachstum die letzten Jahre, bewertet der Markt das Unternehmen so günstig.

Der Chart

Langfristiger Chart der Lufthansa AG | Quelle: stock3
Mittelfristiger Chart der Lufthansa AG | Quelle: stock3

Die Lufthansa-Aktie läuft seit 1996 in einer eher unsauberen Seitwärtsphase und befindet sich aktuell knapp 70 % unter dem Allzeithoch bei fast 22,30 EUR. Aktuell steuert die Aktie erneut das Unterstützungsniveau zwischen 5 EUR und 5,50 EUR an. Doch eine Stabilisierung auf aktuellem Niveau bei ca. 6,50 EUR wäre auch denkbar.

Ein Einstieg würde sich bei einem Schlusskurs über dem letzten Verlaufshoch bei ca 7,08 EUR ergeben. Danach sollte unter erhöhtem Handelsvolumen ein Ausbruch aus dem Regressionstrend erfolgen, der die Aktie zunächst an das Hoch bei 8,50 EUR befördern sollte. Wenn diese Marke geknackt wird, ist das nächste mittelfristige Ziel der Widerstand bei 11 EUR. Nach einem erfolgreichen Einstieg sollte der Stop-Loss knapp unter dem letzten Verlaufstief bei 6,30 EUR gesetzt werden und möglichst schnell auf Einstand nachgezogen werden.

Wenn du dieses Szenario umsetzen möchtest, bietet sich ein Best Turbo K.o.-Zertifikat der Société Générale mit der WKN: CL9N57 an. Die Knock-Out-Schwelle des Zertifikats liegt bei 4,15 EUR und hat damit einen Hebel von 2,58x.

Fazit

Die Lufthansa Gruppe hat 2023 trotz erheblicher Kundenzufriedenheitsprobleme ein starkes Jahresergebnis erzielt. Das Unternehmen konnte sich nach den massiven Verlusten während der Coronapandemie dank des Reisebooms und des starken Nachholbedarfs erholen. Lufthansa bleibt jedoch durch die hohe Verschuldung belastet, die durch staatliche Hilfen während der Pandemie entstanden ist.

2023 haben wir in der Tat das drittbeste Finanzergebnis unserer Geschichte erreicht – und das kurz nach der Corona-Pandemie.

Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Gruppe | Quelle: NZZ

Trotz der Erholung sind die finanziellen Herausforderungen nicht vollständig überwunden, da ein Großteil des Free Cashflows für die Rückzahlung von Verbindlichkeiten und die Stabilisierung des Cashbestands verwendet wird. Die langfristige Stabilität des Unternehmens hängt jedoch von der weiteren Reduktion der Schulden und der Verbesserung der Kundenzufriedenheit ab.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.

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