Türkische Lira vor Comeback? - IWF-Darlehen hat Schlüsselfunktion
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Seit ihrem Jahrestief gegenüber dem Euro konnte die türkische Lira (TRY) bereits wieder über zehn Prozent an Wert gewinnen. Als Hochzinswährung profitierte die Lira von dem kräftigen Zwischenspurt an den internationalen Aktienmärkten, die die Risikoneigung der Investoren wieder erhöhten und neue Kapitalflüsse in Emerging-Markets-Währungen begünstigten. Zudem hat die Sorge um die Bonität der aufstrebenden europäischen Volkswirtschaften etwas abgenommen. Vor diesem Hintergrund ist das Währungspaar EUR/TRY von seinem Höchstkurs bei 2,3586 Ende März bis in die 2,05er-Kursregion zurückgekommen und notiert aktuell im Umfeld der 2,10er-Marke. Wie es mit der türkischen Lira weitergeht und ob sich ihr Aufschwung fortsetzt, hängt nun vor allem von dem Ausgang der Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um ein neues Darlehenspaket ab.
Bislang konnten sich die türkische Regierung und der IWF noch nicht mit Blick auf die haushaltspolitischen Konsequenzen einigen, die sich aus der Auflegung eines derartigen Darlehensprogramms ergeben würden. Der IWF fordert von der Türkei eine strenge Ausgabendisziplin, die diese so nicht mitmachen will. Der türkische Premierminister Tayyip Erdogan wies zuletzt die Forderungen des IWF recht deutlich zurück. Die Regierung werde die geforderten Ausgabenkürzungen so nicht hinnehmen, betonte er. Als wichtigster Streitpunkt erweisen sich dabei die vom IWF gewünschten Einschnitte bei den Investitionen der türkischen Städte und Gemeinden. Das Land befürchtet negative Auswirkungen auf die langfristigen Wachstumsaussichten, wenn es den Forderungen des IWF 1:1 nachkommt.
Werden die Verhandlungen also scheitern, oder wird sich die Türkei noch mit dem IWF einigen können? Die türkische Regierung befindet sich trotz ihrer aktuellen Verweigerungshaltung in keiner so schlechten Position, da dem IWF die relative Stabilität des Finanzsystems in den aufstrebenden Ländern Europas sehr wichtig ist und dieser deshalb keinen Zusammenbruch der türkischen Finanzmärkte riskieren will. Angesichts des Zwillingsdefizits in Leistungsbilanz und Haushalt benötigt die Türkei jedoch ausländische Hilfe, um angesichts der angespannten Kreditmärkte ihren Verpflichtungen nachzukommen. Ein Scheitern der Verhandlungen wäre damit ein schlechtes Zeichen für die Lira. Zudem sind die Forderungen des IWF nicht unbegründet und in ihrer Schärfe keineswegs früheren Auflagen vergleichbar, wie sie z.B. während der Asienkrise Ländern wie Südkorea auferlegt wurden.
Bislang hat die türkische Regierung die veränderten Erfordernisse aufgrund der internationalen Finanzkrise größtenteils ignoriert und ihre Ausgabenpolitik im ersten Quartal 2009 kaum geändert. Damit sind die Staatsausgaben derzeit so hoch, dass sie zusammen mit den sinkenden Steuereinnahmen zu einer Verdreifachung der türkischen Verschuldung im Jahresvergleich führen würden, wenn dieser Entwicklung nicht Einhalt geboten wird. In diesem Zusammenhang ist es naheliegend, dass die türkische Regierung finanzielle Hilfe benötigt. Die Auslandsverschuldung der Türkei liegt bereits jetzt bei hohen 51% des BIPs, während das Leistungsbilanzdefizit 2008 auf 5,7% des BIPs angestiegen ist. Das Leistungsbilanzminus reflektiert dabei auch den massiven Rückgang der Kapitalzuflüsse seit dem Beginn der Finanzkrise, eine Entwicklung, die sich so schnell nicht wieder umkehren wird. Länder mit einem hohen Doppeldefizit wie die Türkei werden von risikoaversen Anlegern weiter gemieden.
Sollten sich der IWF und die Türkei doch noch einigen können, so dürfte das daraus resultierende Kreditprogramm ein Volumen zwischen 20 und 40 Milliarden USD aufweisen. Ein Hilfspaket in dieser Größenordnung dürfte die Bedenken um die Solidität der türkischen Staatsfinanzen zerstreuen und damit auch der türkischen Lira weiteren Auftrieb geben. Ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen würde die Valuta hingegen empfindlich schwächen. Es ist jedoch gut vorstellbar, dass der IWF zu Kompromissen mit Blick auf seine Forderungen bereit ist, da sein oberstes Ziel die Gewährleistung stabiler finanzieller Verhältnisse in den Emerging-Markets-Ländern darstellt. Kommt es also doch zu einer Kreditvereinbarung zwischen dem IWF und der türkischen Regierung, dürfte die Lira profitieren. Bei diesem wahrscheinlichsten Szenario ist mit einem Ausbruch von EUR/TRY aus der seit Anfang April bestehenden Seitwärtsrange nach unten und einem schnellen Test der 2er-Marke zu rechnen. Bei deren Unterschreiten liegen die nächsten Kursziele auf der Unterseite bei 1,9500 sowie 1,8500. Eine wirklich nachhaltige Erholung der türkischen Lira sollte aber auf sich warten lassen, bis auch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten aus dem Land am Bosporus wieder deutliche Besserung signalisieren.
Volker Zenk
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