Kommentar
13:13 Uhr, 14.06.2024

Trumps neue verrückte Idee für die Wirtschaftspolitik

Bei einem Treffen mit führenden Republikanern hat Donald Trump eine radikale Idee vorgestellt: Die Einkommensteuer könnte komplett gestrichen werden.

Zum ersten Mal seit der Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger Anfang 2021 hat der ehemalige und möglicherweise auch künftige US-Präsident Donald Trump den Kongress besucht und sich mit führenden Abgeordneten der Republikaner getroffen. Medienberichten zufolge hat Trump dabei auch eine radikale Idee für die Wirtschaftspolitik vorgestellt, die in seiner nächsten Amtszeit umgesetzt werden könnte.

Importzölle sollen die Einkommensteuer komplett ersetzen

Trump schlägt offenbar vor, die Einkommensteuer auf Privateinkommen komplett zu streichen, obwohl die Einkommensteuer (wie eigentlich in allen Industriestaaten) die Haupteinnahmequelle des Staates ist.

Ersetzt werden sollen die rund 3 Bio. USD, die jedes Jahr durch die Einkommensteuer hereinkommen, durch deutlich höhere Importzölle.

Bevor substanzielle Einkommensteuern üblich wurden, waren Importzölle tatsächlich bereits einmal die Haupteinnahmequelle der US-Regierung und auch anderer Staaten. Die heute gültige Einkommensteuer in den USA wurde erst im Jahr 1913 durch einen Verfassungszusatz eingeführt. Zuvor hatte es allerdings bereits während des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861 bis 1865) und in den 1890er Jahren eine vorübergehende Besteuerung der Einkommen von Privatpersonen gegeben.

Die Vorteile von Trumps Idee liegen auf der Hand: US-Amerikaner hätten deutlich höhere Einkommen zur Verfügung, wodurch die Binnennachfrage angekurbelt würde. Importe würden deutlich höher besteuert, sodass auch mehr in den USA produziert werden würde, was die Wirtschaft ebenfalls stark ankurbeln würde. Außerdem kann man die Einkommensteuer als fundamental ungerecht betrachten, weil sie Arbeit bestraft, statt Arbeit zu fördern, obwohl es auf gesellschaftlicher Ebene ohne Zweifel vorteilhaft ist, wenn mehr gearbeitet und mehr produziert wird.

Ist die Idee realistisch?

Ökonomen haben Trumps Konzept als völlig unrealistische Idee zurückgewiesen. Das Volumen aller Importe in den USA beträgt nämlich rund 3,5 Bio. USD pro Jahr und liegt damit in einer ähnlichen Größenordnung wie das Steueraufkommen aus der Einkommensteuer. Importe müssten also ungefähr mit 100 % besteuert werden, um ähnliche Einnahmen zu generieren. Allerdings würden die Importe bei einer so hohen Besteuerung natürlich zurückgehen, so dass es fraglich wäre, ob überhaupt vergleichbare Einnahmen generiert werden könnten.

Außerdem würden andere Staaten als Vergeltungsmaßnahme ihrerseits Strafzölle auf Importe aus den USA erheben und der Welthandel könnte einbrechen. Die Beziehung der USA auch zu Partnern wie der EU würde leiden. Nicht zuletzt würden die USA auch gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen. Trumps Steueridee wäre ein weiterer harter Schlag für die Globalisierung.

Warum man Trumps Idee trotzdem ernst nehmen sollte

Auch wenn es sehr unrealistisch ist, dass Trump die Einkommensteuer komplett durch Importzölle ersetzen kann, wäre es nicht ausgeschlossen, dass Trump im Zuge seiner America-First-Politik höhere Importzölle verhängt und gleichzeitig die Einkommensteuer senkt.

Bei den US-Amerikanern würde eine solche Maßnahme vermutlich gut ankommen und die US-Wirtschaft könnte einen beispiellosen Boom erleben, wenn einerseits die zur Verfügung stehenden Einkommen stark steigen und gleichzeitig die Produktion vieler Waren im großen Stil in die USA zurückverlagert würde.

Auch für den US-Aktienmarkt könnte eine solche Politik vorteilhaft sein. Mehr Geld der US-Amerikaner würde auf dem Aktienmarkt angelegt und der Boom der US-Wirtschaft würde höhere Notierungen vieler Unternehmen rechtfertigen. Das Big-Tech-Geschäftsmodell, das darauf basiert, billig in Asien produzieren zu lassen, würde aber wohl endgültig vor dem Aus stehen.

Fazit: Trumps Idee ist nicht realistisch. Gleichwohl könnte bei einer zweiten Amtszeit von Trump eine noch stärkere Ausrichtung der US-Wirtschaftspolitik am America-First-Prinzip dazu führen, dass Handelspartner der USA wenig zu lachen haben. Auch Importzölle auf europäische Waren könnten deutlich steigen. Für das exportlastige deutsche Wirtschaftsmodell wäre das ein weiterer schwerer Schlag, nachdem in den vergangenen Jahren bereits die starke China-Abhängigkeit zu großen Problemen geführt hat. Allerdings hat die erste Amtszeit auch gezeigt, dass Trumps Politik wenig berechenbar ist. Wie Trumps Wirtschaftspolitik in einer zweiten Amtszeit tatsächlich aussehen würde, weiß aktuell niemand, nicht einmal er selbst. Für Politik und Wirtschaft in Deutschland und Europa ist es trotzdem sinnvoll, sich auf mögliche Verwerfungen vorzubereiten.

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3 Kommentare

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  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Man muss auch verrückte Idee diskutieren (können). Ob es am Ende kommt, werden wir dann sehen...

    19:51 Uhr, 14.06.
    1 Antwort anzeigen
  • Sadiqator
    Sadiqator

    "Die Beziehung der USA auch zu Partnern wie der EU würde leiden" - Und mit wem will die EU dann Handel treiben? mit Russland? Wer weiss, Trump hat schon einige Sachen umgesetzt und vor allem KEINE KRIEGE geführt.

    14:50 Uhr, 14.06.

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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