Kommentar
07:34 Uhr, 13.12.2022

Schwindende Hoffnung auf eine Jahresendrally, Investoren warten auf Fed- und EZB-Sitzung

Obwohl Fed-Chef Jay Powell bei seiner Rede am 30. November eigentlich grünes Licht für eine Jahresendrally gegeben hatte, haben die Aktienmärkte zuletzt geschwächelt. Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten am Dienstag, gefolgt von der Fed-Sitzung am Mittwochabend und der EZB-Sitzung am Donnerstag.

Vor der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten und der Fed-Sitzung trauen sich Investoren nicht richtig aus der Deckung: So war der DAX am Montag, 12. Dezember auf einer kleinen Berg- und Talfahrt. Dabei gab es nur wenige Gewinner, angeführt von Zalando und Siemens Healthineers. Hingegen gehörten Fresenius, Fresenius Medical Care und Vonovia zu den größten Verlierern.

Hingegen hat sich der S&P500 angeführt von den Sektoren Energie, also den Öl- und Gasmultis und deren Zulieferern, und Versorger etwas erholt.

Hingegen ist die Aktie von Teslaeinmal mehr eingebrochen und notiert nur noch wenige Prozent über den 25-Monats-Tiefs. Offensichtlich bekommen Investoren zusehends Sorgen, dass eine mögliche weltweite Rezession im Jahr 2023 das Geschäft des Herstellers von Elektroautos erheblich belasten dürfte. Dass schlechte Nachrichten zu Tesla aus China auch die Aktie von Volkswagen mit dem großen China-Geschäft mit nach unten ziehen, sollte niemanden überraschen.

Zudem gibt die Aktie von Amgen etwas nach, nachdem der US-Biotechriese angekündigt hat, Horizon Therapeutics für rund 26 Mrd. Dollar zu kaufen.

Warten auf US-Inflationsdaten

Umso gespannter warten Investoren auf die US-Inflationsdaten, die am Dienstag um 14.30 Uhr veröffentlicht werden. Sollten die Daten – ebenso wie Mitte November - erneut besser ausfallen als erwartet, dürften die Zinsen für 10jährige US-Anleihen einbrechen, woraufhin S&P500, Nasdaq und DAX erneut nach oben schießen sollten – und umgekehrt.

Laut den Schätzungen der Volkswirte sollen die Verbraucherpreise im November um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Zudem soll die Inflationsrate im Jahresvergleich auf 7,3 Prozent zurückgehen, gegenüber 7,7 Prozent für Oktober.

Investoren werden zudem gerade auch auf die Kernrate der Inflation schauen, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate. Die Kernrate soll im Monatsvergleich bei 0,4 Prozent liegen, gegenüber dem Vorjahr soll sie auf 6,1 Prozent zurückgehen, gegenüber 6,3 Prozent für Oktober. Damals war die Rate durch einen Sondereffekt bei den Gesundheitskosten, sprich den Krankenkassenbeiträgen, künstlich nach unten verzerrt worden. Im November gibt es diesen Effekt nicht, demnach sollten die Krankenkassenbeiträge für Aufwärtsdruck auf die Inflationsrate sorgen.


Fed-Sitzung ganz oben auf der Agenda

Am Mittwochabend um 20 Uhr veröffentlicht die Fed die Ergebnisse ihrer Sitzung, um 20.30 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Fed-Chef Jay Powell. Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die Fed diesmal die Leitzinsen um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) auf 4,25 bis 4,5 Prozent anheben wird.

Von großer Bedeutung wird sein, wo die Zinsprognose der Fed für Ende 2023 liegen wird, was viele Investoren quasi als Signal für die Terminal Rate interpretieren. Aktuell liegt die Terminal Rate, also der Höhepunkt bei den Leitzinsen in diesem Zyklus, für Mitte 2023 bei knapp 5,0 Prozent. Sollte die Prognose der Fed für Ende 2023 bei 4,9 Prozent liegen, könnte das für Erleichterung bei Investoren sorgen und die Zinsen für 10jährige US-Anleihen nach unten drücken. Im Gegenzug dürften die Aktienmärkte Auftrieb bekommen.

Komischerweise wetten Spekulanten noch kräftiger als zuletzt auf einen Zinsanstieg bei 10jährigen US-Anleihen. Das kann ich absolut nicht nachvollziehen! Die Zahlen hierfür werde ich in der Sendung zeigen.

EZB-Sitzung im Fokus

Am Donnerstag gibt die EZB um 14.15 Uhr die Ergebnisse ihrer Sitzung bekannt, um 14.45 Uhr startet die Pressekonferenz mit EZB-Chefin Christine Lagarde. Viele Investoren gehen davon aus, dass die EZB – trotz der herben Inflation von zuletzt 10,0 Prozent für die Euro-Zone – den Leitzins um lediglich 50 Basispunkte auf mickrige 2,5 Prozent anheben wird. Damit würde die EZB weiterhin kaum etwas unternehmen, um die horrende Inflation zu bekämpfen.

Investoren wollen zudem wissen, ob und wann die EZB eventuell mit dem Abbau der Bilanzsumme beginnen könnte und was die EZB dazu verlautbaren lässt. Zur Erinnerung: Ende Oktober hatte die EZB Anleihen im Volumen von herben 3,26 Billionen Dollar im Bestand aus dem „alten“ APP-Programm. Mich würde es nicht wundern, wenn die EZB maximal Anleihen von 15 Mrd. Euro pro Monat auslaufen lassen würde, also nur eine so mickrig kleine Summe nicht wieder reinvestieren würde.

Die EZB tut nämlich immer das Gleiche: wenn sie in den Markt einsteigt, um die Zinsen künstlich massiv nach unten zu drücken, kauft sie massiv Anleihen – auf dem Höhepunkt zwischen April 2016 und März 2017 waren das Nettokäufe von herben 80 Mrd. Euro pro Monat im APP-Programm. Wenn die EZB hingegen versucht aus dem Markt auszusteigen, macht sie das äußert zaghaft, sollen doch die Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Portugal nicht nach oben schießen. Vor dem Hintergrund dürfte meiner Meinung nach ein Abbau der Bilanzsumme um mickrige 15 Mrd. Euro pro Monat ganz im Sinne der EZB sein.

Dass die EZB zudem noch Anleihen von herben 1,7 Billionen Euro aus dem Pandemie-Notfallkaufprogramm PEPP besitzt, sein nur am Rande erwähnt. Dessen möglicher Abbau ist weiterhin absolut kein Thema!

US-Inflationsdaten auf der Agenda

Zudem warten Investoren auf eine Reihe anderer Konjunkturdaten.

Am Dienstag werden um 8 Uhr die endgültigen Inflationsdaten für Deutschland bekanntgegeben. Sie sollen die vorläufigen Zahlen bestätigen, demnach die Inflationsrate im November auf 10,0 Prozent zurückgegangen ist.

Um 11 Uhr folgt der ZEW Index für Deutschland. Jener für die Konjunkturlage soll sich im Dezember deutlich erholt haben von minus 64,5 auf minus 57,5 Punkte. Zudem sollen die Konjunkturerwartungen von minus 36,7 auf minus 26,4 Punkte nach oben geschossen sein.

Um 14.30 Uhr werden die US-Inflationsdaten bekanntgegeben.

Fed-Sitzung ganz oben auf Agenda

Am Mittwoch werden um 11 Uhr die Zahlen für die Industrieproduktion der Euro-Zone veröffentlicht. Sie soll im Oktober um 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein. Dabei dürften gerade die hohen Energiepreise kräftig auf die Produktion durchschlagen.

Um 16.30 Uhr werden die Daten zu den US-Öllagervorräten veröffentlicht. Der Einbruch der vergangenen Monate bei WTI und Brent dürfte sich nur mit den stark zunehmenden Sorgen der Investoren vor einer Rezession in den USA und der Weltwirtschaft erklären lassen.

Um 20 Uhr gibt die Fed die Ergebnisse ihrer Sitzung bekannt.


EZB-Sitzung im Blick

Am Donnerstagfrüh kommen aus China die Daten zu Einzelhandelsumsätzen, Industrieproduktion, Investitionen und Häuserpreisen.

Ab 14.15 bzw. 14.45 Uhr steht die EZB ganz oben auf der Agenda der Investoren. Je taubenhafter sich Lagarde geben sollte, umso mehr sollte der Euro unter Druck kommen. Ein steigender Dollar hat in den vergangenen Wochen Gegenwind für den S&P500 bedeutet. Sollte Euro-Dollar diesmal einbrechen, sprich der Dollar nach oben schießen, dürfte der S&P500 einknicken, was auch den DAX belasten sollte.

Um 14.30 Uhr werden die US-Einzelhandelsumsätze bekanntgegeben. Sie sollen im November um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein. Investoren werden zudem auf die sogenannte Kontrollgruppe schauen, die in die Berechnung des BIPs einfließt. Mich würde es nicht überraschen, wenn die Einzelhandelsumsätze schwächer ausfallen sollten als erwartet, belastet doch die hohe Inflation viele Verbraucher enorm. Sie machen daher weiter kräftig Schulden, zum Beispiel Kreditkartenschulden, um ihren Lebensstandard zu halten. Dabei liegen die Zinsen für Kreditkartenkredite in der Größenordnung von 20 Prozent und mehr!

Ebenfalls um 14.30 Uhr wird der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia für die dortige Industrie veröffentlicht, er ist üblicherweise einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft insgesamt. Der Index soll im Dezember von minus 19,4 auf minus 9,9 Punkte nach oben geschossen sein, würde damit allerdings auch weiterhin eine sehr schwache Entwicklung der Industrie im Bereich der Philly Fed widerspiegeln. Könnte das Barometer einmal mehr schlechter ausfallen als erwartet?

Um 15.15 Uhr werden die Daten zur US-Industrieproduktion bekanntgegeben. Sie soll im November um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Investoren werden zudem schauen, wie es bei der „reinen“ Industrieproduktion aussieht, also bereinigt um Bergbau und Versorger.

Nach Börsenschluss in den USA präsentiert Adobe Inc. (338,17 $ 2,28 %)die Quartalszahlen.

Einkaufsmanagerindizes auf der Agenda

Am Freitag wird um 9.30 Uhr der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für Deutschland veröffentlicht. Jener für die Industrie soll im Dezember stagniert haben bei 46,2 Prozent, jener für den Dienstleistungssektor soll sich leicht erholt haben auf 46,4 Punkte. Werte unterhalb der 50er-Marke zeigen jeweils ein Schrumpfen des Sektors an. Dieser Indikator signalisiert also klar eine Rezession der deutschen Wirtschaft.

Um 10 Uhr folgt der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die Euro-Zone. Jener für die Industrie soll bei 47,1 Punkten ebenso stagniert haben, wie jener für den Dienstleistungssektor bei 48,6 Punkten.

Um 11 Uhr werden die endgültigen Inflationsdaten für die Euro-zone bekanntgegeben. Sie sollen die vorläufigen Daten bestätigen, demnach die Inflation im November von 10,6 auf 10,0 Prozent zurückgegangen ist. Die Kernrate stagnierte immer noch bei herben 5,0 Prozent.

Um 15.45 Uhr folgt der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die USA. Jener für die Industrie soll sich im Dezember leicht erholt haben auf 46,5 Punkte. Jener für den Dienstleistungssektor soll stabil geblieben sein bei 47,8 Punkten. Das Bemerkenswerte dabei: Die Zahlen für US-Industrie und US-Dienstleistungssektor lägen damit jeweils etwas unterhalb jener für die Euro-Zone. Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass die US-Wirtschaft vielleicht doch gar nicht so stark ist, wie Powell und viele andere „Experten“ andauernd behaupten, oder?

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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Egmond Haidt
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