Kommentar
11:44 Uhr, 16.05.2023

Trotz Risikos eines US-Zahlungsausfalls herrscht bemerkenswerte Ruhe bei S&P500, Nasdaq und DAX – Investoren warten auf wichtige US-Daten und Powell-Diskussion

Bei der Erhöhung der US-Schuldenobergrenze ist weiterhin keine Lösung in Sicht. Umso mehr wird der US-Markt von einem Sektor gestützt.

Viele Anleger dürften sich vor allem eine Frage stellen: Brechen S&P 500 (4.135,688  -0,06 %), Nasdaq Composite (12.365,21  0,66 %) und L&S DAX (15.925,55  0,05 %)nach oben oder nach unten aus? Am gestrigen Montag haben die Indizes jedenfalls leicht zugelegt.

Für Rückenwind an den Märkten hat die deutliche Erholung beim KBW Regional Banking Index (79,6098 € 3,03 %) gesorgt. Nachdem er noch am Freitag, 12. Mai am 28-Monats-Tief gekratzt hatte, hat sich der Index der kleinen und mittleren US-Banken um gestrigen Montag deutlich erholt und damit die Märkte gestützt. Ob das vor dem Hintergrund der am Freitagabend veröffentlichten Zahlen zu den US-Bankeinlagen Sinn macht, werde ich heute Abend ab 18 Uhr in der Sendung „Euer Egmond“ präsentiert von BNP Paribas Zertifikate aufzeigen.

US-Zinsen reagieren nur kurz auf miserablen US-Konjunkturindex

Wie gut sich der S&P500 gestern gehalten ist vor dem Hintergrund der gestern um 14.30 Uhr veröffentlichten Zahlen zum Empire State Index, also dem Einkaufsmanagerindex der Fed von New York für die dortige Industrie, mehr als bemerkenswert. So war der Index im Mai von 10,8 Punkte auf minus 31,8 Punkte kollabiert und lag damit meilenweit unter den Schätzungen der Volkswirte von minus 2,0 Punkte. Offensichtlich belastet die US-Bankenkrise die Industrie im Bezirk der Fed von New York enorm.

Und was haben aber die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen gemacht? Sie waren nach der Vorlage des katastrophalen Empire State Index um lediglich 2 Basispunkte gesunken und sind anschließend schnell wieder nach oben gedreht.

Das kann meiner Meinung nach an 2 Gründen liegen: Erstens, weil andauernd irgendwelche Fed-Mitglieder behaupten, dass für sie Zinssenkungen für das zweite Halbjahr absolut kein Thema sind, und die Mitglieder den Leitzins wegen der hartnäckig hohen Inflation auf dem aktuellen Niveau belassen wollen.

Oder andererseits, dass Investoren darauf spekulieren, dass je schlechter die US-Konjunkturdaten sind, dass die Fed umso schneller eine neue QE-Gelddruckrunde starten dürfte, worauf die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen steigen würden. Der Gedanke dabei: die neue Liquiditätsschwemme würde die Konjunktur ankurbeln.

Dabei wird der US-Aktienmarkt weiterhin gerade von den Technologiewerten gestützt, wobei letztere gerade vom KI-Hype profitieren. Dass gestern einmal mehr NVIDIA Corp. (265,25 € 0,47 %), Advanced Micro Devices Inc. (89,45 € 1,86 %) und Meta Platforms Inc (219,15 € -0,07 %) zu den größten Gewinnern unter den Schwergewichten gehörten, sollte niemanden überraschen.

Gleichzeitig zeigen sich die US-Märkte weiterhin völlig unbeeindruckt von den Nachrichten, dass bei der Erhöhung der Schuldenobergrenze weiterhin keine Einigung in Sicht ist. Dabei betonen US-Finanzministerin Janet Yellen und etliche Experten, dass dem Finanzministerium möglicherweise schon am 1. Juni oder in den Folgetagen das Geld ausgeht, und das Ministerium damit nicht mehr alle Rechnungen oder die Sozialausgaben nicht bezahlen kann.

In dem Zusammenhang weisen etliche renommierte Charttechniker darauf hin, dass die derzeitige Kursentwicklung beim S&P500 stark jener des Jahres 2011 ähnelt, als ein US-Zahlungsausfall nur haarscharf vermieden worden war. Damals hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s das Rating für die USA am 5. August 2011 von AAA um eine Stufe auf AA+ abgestuft.

Wie entspannt der Markt dennoch ist zeigt, dass der VIX weiterhin in der Nähe des niedrigsten Niveaus seit November 2021 liegt – Wahnsinn!

Nach dem Höhenflug an den Aktienmärkten warten Investoren entspannt auf eine Reihe von Konjunkturdaten, gerade aus den USA, sowie eine Diskussion mit Fed-Chef Jay Powell.

US-Einzelhandelsumsätze ganz oben auf der Agenda

Um heutigen Dienstag werden um 14.30 Uhr die US-Einzelhandelsumsätze veröffentlicht. Laut dem Konsens der Volkswirte sollen die Umsätze im April um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Mich würde es nicht überraschen, wenn die Zahlen deutlich schwächer wären als erwartet.

Zudem veröffentlicht die US-Baumarktkette The Home Depot Inc. (263,60 € -0,98 %) heute Quartalszahlen. Die Analystenkonferenz beginnt um 15 Uhr. Die Talfahrt der Aktie in Richtung des Sechs-Monats-Tiefs ist kein gutes Zeichen für die Konjunkturentwicklung in den USA und gerade den Häusermarkt, verdient doch die größte US-Baumarktkette ein Menge Geld mit dem Holzverkauf.

Um 15. 15 Uhr folgen die Zahlen zur US-Industrieproduktion. Sie soll im April auf dem Niveau des Vormonats stagniert haben.

Um 16 Uhr wird der NAHB-Index der Hausbaufirmen bekanntgegeben. Er soll im Mai bei 45 Punkten stagniert haben und damit weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau liegen. Der Hintergrund hierfür ist klar: die stark gestiegenen Hypothekenzinsen belasten den Hausbausektor erheblich.


US-Neubaubeginne und Cisco-Zahlen im Fokus

Am Mittwoch werden um 14.30 Uhr die Zahlen zu den US-Neubaubeginnen veröffentlicht. Sie sollen im April leicht gesunken sein auf eine Jahresrate von 1,405 Mio. Einheiten, nach 1,42 Mio. für März. Hingegen soll die Zahl der Baugenehmigungen stabil sein bei 1,43 Mio. Einheiten.

Vor Börseneröffnung in den USA legt der US-Einzelhändler Target Corp. (145,45 € -1,46 %)die Ergebnisse vor, um 15 Uhr beginnt die Analystenkonferenz.

Um 16.30 Uhr folgen die Daten zu den US-Öllagervorräten.

Nach Börsenschluss in den USA legt Cisco Systems Inc. (43,170 € -0,17 %)die Zahlen vor.

Philly-Fed und Walmart im Blick

Am Donnerstag legt um 13 Uhr Walmart Inc. (139,28 € -0,91 %)die Ergebnisse vor. Irgendwelche positive Meldungen, wie dass die US-Verbraucher verstärkt shoppen, dürften nicht nur die Aktie in Richtung des Rekordhochs treiben, sondern auch den Gesamtmarkt beflügeln.

Um 14.30 Uhr wird der Einkaufsmanagerindex der Fed von Philadelphia für die dortige Industrie veröffentlicht. Er soll sich im März deutlich erholt haben von minus 31,3 auf minus 20,0 Punkte. Nach dem Einbruch des Empire State Index würde es mich allerdings nicht überraschen, wenn der Philly-Fed-Index viel schwächer wäre als erwartet und möglicherweise eingebrochen wäre. Dann wird es umso spannender sein zu sehen, wie sich die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen entwickeln – sprich, ob die Zinsen überraschend steigen.

Um 16 Uhr kommen die Zahlen zu den US-Verkäufen bestehender Häuser. Sie sollen im April leicht zurückgegangen sein auf eine Jahresrate von 4,295 Mio. Einheiten nach 4,44 Mio. für März.

Ebenfalls um 16 Uhr werden die Daten zu den Frühindikatoren des Conference Boards bekanntgegeben. Deren Einbruch in den vergangenen Monaten signalisiert meiner Meinung nach schon lange, dass eine US-Rezession mit großen Schritten heraufzieht, oder dass ein Rückgang der Wirtschaftsleistung bereits begonnen haben könnte.

Nach Börsenschluss in den USA präsentiert der US-Halbleiterausrüster Applied Materials Inc. (110,72 € 1,48 %) die Ergebnisse.


Erzeugerpreise für Deutschland und Deere-Zahlen auf Agenda

Am Freitag werden um 8 Uhr die Erzeugerpreise für Deutschland bekanntgegeben. Sie solle im April um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein. Damit würden die Preise um nur noch 1,5 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen, nach 7,5 Prozent für März.

Am Freitag legt der Traktorenhersteller Deere & Co. (338,70 € -1,17 %)die Quartalszahlen vor. Die Analystenkonferenz beginnt um 16 Uhr.

Um 17 Uhr beginnt eine Diskussionsrunde mit Fed-Chef Jay Powell und dem ehemaligen Fed-Chef Ben Bernanke auf einer Konferenz in Washington. Sollte Powell etwas Überraschendes sagen, könnte das zum Wochenausklang für Kursausschläge an den Märkten sorgen.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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Egmond Haidt
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