Kommentar
17:40 Uhr, 14.06.2013

Trends zuverlässig finden und handeln

The trend is your friend – so einfach ist das. Jeder weiß es. Das Problem dabei: leichter gesagt als getan. Es beginnt damit, Trends überhaupt erst zu identifizieren. Ein Blick auf den Chart genügt meistens, um einen Trend zu entdecken. Vor lauter Aktien weiß man aber gar nicht, wo man beginnen soll. Weltweit notieren über 50.000 Unternehmen an den Börsen. Das Vorhaben, die besten Trends zu finden, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die meisten Anleger reduzieren daher ihr Anlageuniversum auf wenige Aktien und verpassen dabei viele lukrative Bewegungen. Das muss nicht sein.

Eine Kennzahl, viel Erfolg

Eine einzige Kennzahl für die Identifikation von Trends heranzuziehen ist ambitioniert, denn was auf einem Chart sofort erkennbar ist, lässt sich nicht notwendigerweise auch komfortabel durch eine Zahl beschreiben. Die Kennzahl muss letztlich beschreiben, was einen Trend ausmacht. Aber was ist das? Visuell ist das vollkommen klar: über eine bestimmte Periode hinweg bewegt sich eine Aktie vor allem in eine Richtung. Es liegt also nahe, die Kurssteigerung als Maßstab zu verwenden. Denkbar wäre ein prozentualer Kursgewinn von z.B. 5% in einem Monat. Das wirft aber viele Probleme auf. Eine Aktie könnte auf Jahressicht eine monatliche Performance von 5% aufweisen, sich aber seit zwei Monaten in einer Seitwärtsphase befinden oder ein Top ausbilden. Kurssteigerung alleine ist alles andere als ein zuverlässiger Indikator.

Zum Glück gibt es noch andere Merkmale, die einen Trend ausmachen. Starke Trends sind von geringer Volatilität geprägt. Aktien, die sich nach der Trenddefinition über einen Zeitraum hinweg vor allem in eine Richtung bewegen, müssen eine geringe Volatilität ausweisen. Per Definition überwiegt ja eine bestimmte Kursrichtung. Ein wildes Hin- und Herspringen widerspräche dem. Zuletzt sollte die Kursbewegung nicht zu klein sein, schließlich wollen wir mit dem Trend Geld verdienen. Das klingt banal, ist es aber nicht. Um ein extremes Beispiel zu verwenden: ein Sparbuch, dessen Zinsen wieder veranlagt werden, weist eine konstante Bewegung in eine Richtung auf, ohne Volatilität. Obwohl das ein grandioser Trend ist, dürfte die Performance eines Sparbuchs die wenigsten begeistern. Daher ist es wichtig, eine gewisse Untergrenze für die Rendite zu definieren. Diese Untergrenze kann eine vollkommen beliebige sein, wobei ein gewisser Realismus nicht schadet. Als Benchmark für Überrendite wird klassischerweise der risikolose Zinssatz genommen. In Deutschland entspricht das einer langläufigen Staatsanleihe. Die Rendite liegt hier momentan bei 1,7%. Europaweit liegt dieser Satz bei ungefähr 3,5%. Das klingt nicht üppig, ist aber kein schlechtes Maß. Ein Sparbuch kann so nicht mehr als gutes Investment durchgehen. Eine viel höhere Referenzperformance wäre natürlich wünschenswert, allerdings steht einer höheren Rendite auch ein höheres Risiko gegenüber. Wäre die Benchmark z.B. der Dax, dann müsste das Investment eine höhere Rendite als der Dax erwirtschaften – bei geringer Volatilität (geringerem Risiko). Das gelingt nicht vielen.

Alle oben genannten Faktoren (Volatilität, Kursrichtung, Überrendite) lassen sich in eine Zahl packen. Sie beträgt mindestens 1,8 für langfristige Trends. Es handelt sich dabei um die Sharpe Ratio. Die Sharpe Ratio misst die Überrendite in Bezug zum Risiko. Die Überrendite berechnet sich durch die historische Performance minus Benchmarkrendite (z.B. risikoloser Zinssatz oder Dax). Dieser Wert wird durch das Risiko (Volatilität) des Investments dividiert. Damit ergibt sich eine Zahl, welche die risikoadjustierte Rendite beschreibt. Grundsätzlich gilt: je höher die Ratio, desto besser. Vergleicht man Aktien mit derselben Benchmark, ist die Aktie mit der höheren Sharpe Ratio zu bevorzugen. Sie bietet bei gleichem Risiko einen höheren Ertrag.

Der Praxistest

Die Sharpe Ratio ist sicherlich nicht der heilige Gral. Es finden sich viele Schwachstellen. Nichtsdestotrotz soll die Kennzahl ja nicht absolute Wahrheit darstellen, sondern lediglich bei der Identifizierung von Trends helfen. Dafür ist die Sharpe Ratio ein exzellentes Instrument und kaum zu schlagen. Für Anleger ist das sehr bequem. Über Aktien-Screener können nämlich hunderte von Aktien in Sekundenschnelle analysiert werden. Die BörseGo AG bieten über den Börsenfuxx einen solchen Service (Dieser wird aber bald auf die neue Plattform Guidants umziehen: [Link "www.guidants.com)" auf www.guidants.com%29/... nicht mehr verfügbar] Aktien aus über 40 Indizes können analysiert werden. Die Sharpe Ratio wird für mindestens 12 Monate in Bezug auf den Dax angezeigt. Wählt man zur Analyse die deutschen Indizes Dax, MDax und SDax aus und sortiert das Ergebnis nach der Höhe der Sharpe Ratio, kommen ganz oben auf der Liste die Aktien von KUKA, Kabel Deutschland, Dürr, Bayer, Hannover Rück und Symrise. Der Jahreschart (passend zur 12 Monats-Sharpe Ratio) zeigt wunderschöne Trends.

Wer jetzt einwendet, dass das alles Zufall ist bzw. keine Überraschung im Bullenmarkt, kann die Charts von Aktien mit anderen Kennzahlen dagegenhalten. Der Jahreschart mit Aktien, deren Sharpe Ratio unter 1,5 liegt, zeigt ein ganz anderes Bild. Die höchste Performance ist so hoch wie die niedrigste der ersten Auswahl. Die meisten Kurse sind zudem von einem konstanten Trend weit entfernt bzw. springen die Kurse recht dramatisch in beide Richtungen.

Obwohl eine hohe Sharpe Ratio auf intakte Trends hinweist, darf nicht blind der Umkehrschluss gezogen werden. Eine niedrige Sharpe Ratio bedeutet nicht automatisch, dass eine Aktie trendlos ist bzw. ein klarer Short-Kandidat. Einschränkend ist natürlich ebenfalls, dass die vergangene Performance kein Garant für die Zukunft ist. Eine Aktie mit hoher Sharpe Ratio darf daher nicht ohne weitergehende Analyse gekauft werden. Die Sharpe Ratio allein ist nicht das Kaufargument. Sie dient lediglich als Filter, um aus hunderten oder tausenden Aktien jene zu identifizieren, die sich in einem intakten Trend befinden. Sind Werte mit starken Trends gefunden, sollte die eigentliche Kaufentscheidung aufgrund weiterer Analyse getroffen werden.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit nicht investiert.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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