Trading mit Hebelzertifikaten
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Hebelzertifikate fallen in die Kategorie komplexer Finanzprodukte. Sie stellen mächtige Finanzinstrumente dar, mit denen Trader dementsprechend vorsichtig umgehen sollten. Solche Zertifikate – oft auch als Turbos, KO-Scheine oder Warrants bezeichnet – erlauben es, an der Entwicklung eines bestimmten Kurses in verstärktem Maß teilzunehmen. Im Guten wie im Schlechten. In der Beschreibung dieser Finanzprodukte wird diese Verstärkung oft als „überproportionales Partizipieren“ bezeichnet. Der Begriff „Hebel“ verleiht dem verstärkenden Aspekt dieser Produkte eine positive Note, da ein Hebel mit einem hilfreichen Werkzeug in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich können Hebelzertifikate eine sehr nützliche Beimischung eines Depots darstellen, denn sie ermöglichen eine breite Risikostreuung. Darüber hinaus stellen sie eine komfortable Möglichkeit dar, auf sinkende Kurse zu setzen. Dass man aber mit diesen Produkten nicht nur an den Gewinnen sondern ebenso an den Verlusten „überproportional partizipiert“, sollte im Umgang mit diesen Hebelzertifikaten nie außer Acht gelassen werden.
Hebelzertifikate als Black Box
Die Funktionsweise dieser Finanzinstrumente kann auf verschiedenen Ebenen beschrieben werden, die je nach Betrachtungsweise unterschiedlich komplex sind. So ähnlich wie es für einen Autofahrer zwar vorteilhaft ist, über Grundkenntnisse zur Funktion eines Verbrennungsmotors zu verfügen, sind diese Kenntnisse nicht unbedingt nötig, um regelmäßig mit dem Auto z.B. zur Arbeit zu fahren. Man muss nur wissen, welche Pedale, Schalter und Lenkbewegungen benötigt werden – den Rest übernimmt die Maschine. Ebenso können Hebelzertifikate als „Black Box“ betrachtet werden, also als ein Instrument, das sich in verschiedenen Situationen auf vorhersehbare Weise verhält. Auf dieser Betrachtungsebene lassen sich die üblichen Hebelzerifikate durch verschiedene Merkmale unterscheiden, die im Folgenden aufgelistet sind.
1. Basiswert
2. Basispreis
3. Knockout-Barriere (Strike)
4. Optionsart (Call oder Put)
5. Spread (ask und bid)
Vielleicht wundern Sie sich, dass das bezeichnende Hauptmerkmal, der Hebel, in dieser Liste nicht erscheint. Das liegt daran, dass sich der Hebel aus den oben genannten Daten ergibt und meistens nicht konstant ist, sondern vom Kurs des Basiswerts abhängt.
Der Basiswert beschreibt den Wert, der gehandelt werden soll. Das kann im Prinzip jeder an der Börse notierte Wert sein. Ob Aktien, Indizes, Rohstoffe oder Währungspaare – zu allen Kategorien existieren Hebelzertifikate. Das bedeutet aber nicht umgekehrt, dass zu jedem Basiswert ein Zertifikat zur Verfügung steht. Die Zertifikate werden von Emittenten angeboten, die diese Pakete meist für beliebte und oft gehandelte Werte schnüren. Wenn Sie einen kleinen Nebenwert mit einem Hebelzertifikat traden möchten, dann kann es sein, dass Sie hierzu keines finden. Der zweite Punkt zur Beschreibung eines Hebelzertifikats ist der Basispreis. Sobald Sie sich für einen Basiswert entschieden haben, dient der Basispreis in Verbindung mit dem Kurs des Basiswerts als wichtigste Größe zur Bestimmung des Zertifikatpreises. Je grösser die Differenz dieser beiden Werte, umso höher der Wert des Zertifikats. Damit ergibt sich sofort das Prinzip der Hebelwirkung: Wenn der Basispreis sehr nahe am aktuellen Kurs liegt, dann ist der Wert des Zertifikats sehr niedrig. Eine geringfügige Änderung des Kurses genügt dann, um die Differenz und damit den Zertifikatwert deutlich zu erhöhen. Kleine Kursschwankungen im Basiswert können also ausreichen, um den Wert des Zertifikats z.B. zu verdoppeln. Als drittes wichtiges Merkmal ist die Knock-Out Barriere zu nennen, der sogenannte Strike. Wenn der Kurs des Basiswerts zu irgendeinem Zeitpunkt diese Knock-Out Barriere erreicht, dann ist das Zertifikat ausgeknockt und der Trade gescheitert. Danach spielt es keine Rolle mehr, wie sich der Kurs entwickelt; das Zertifikat ändert seinen Wert nicht mehr. Oft ist die KnockOut-Barriere identisch mit dem Basispreis. Dann verfällt das Zertifikat wertlos, sobald die KO-Barriere erreicht ist. Andere Zertifikate besitzen ein integriertes Stopploss. Bei diesen Zertifikaten tritt das Knock-Out Ereignis schon in einem bestimmten Abstand zum Basiswert ein. Das Zertifikat wird dann bei einem KO-Ereignis mit einem entsprechenden Restwert zurückgebucht. Es bleibt noch die Optionsart (Call oder Put) zu klären: Bei Call Hebelzertifikaten wird auf steigende Kurse gesetzt. Basispreis und KO-Schwelle liegen beim Kauf unterhalb des Kurses des Basiswerts und der Wert des Zertifikats steigt, wenn der Kurs des Basiswerts steigt. Bei Put-Zertifikaten ist es entsprechend umgekehrt. Der Spread schließlich beschreibt den Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufspreis eines Zertifikats bei gegebenem Kurs des Basiswerts. Je grösser der Spread und je kleiner der Hebel, umso weiter muss sich der Kurs in die erhoffte Richtung bewegen, bevor das Zertifikat zum Einkaufspreis verkauft werden kann. Hinzu kommt oft auch ein geringes Aufgeld, das beim Kauf der Zertifikate im Preis eingerechnet ist.
Wo werden Hebelzertifikate gehandelt?
Die Zertifikatebörsen in Deutschland befinden sich in Stuttgart (www.boerse-stuttgart.de) und in Frankfurt (www.scoach.de). Sämtliche verfügbaren Zertifikate werden an diesen beiden Börsen gehandelt. Über Ihren Broker haben Sie darüber hinaus auch meistens die Möglichkeit, die Zertifikate direkt bei dem jeweiligen Emittenten zu kaufen und zu verkaufen.
Wie finde ich ein passendes Hebelzertifikat?
Zahlreiche Internetseiten, u.a. die oben aufgeführten Links zu den Börsen in Stuttgart und Frankfurt, bieten komfortable Suchmasken an, bei denen Sie die Wertpapierkennummer (WKN) eines Zertifikats mit den gewünschten Eigenschaften ermitteln können. Wenn Ihnen eine Analyse vorliegt und Sie einen Trade tätigen möchten, dann sollten Sie sich bewusst sein (a) was Sie handeln wollen (Basiswert), ob Sie auf steigende oder fallende Kurse setzen wollen (Optionstyp) und (c) wie weit Sie den Kurs in die falsche Richtung laufen lassen möchten bevor Sie den Trade als gescheitert betrachten (Knockout-Barriere). Mit diesen Daten können Sie schnell ein passendes Zertifikat finden.
Open End Zertifikate
In manchen Fällen gibt es ein bestimmtes Datum, bis zu dem das Zertifikat gültig ist. Der Schlusskurs des Basiswerts an diesem Datum bestimmt den endgültigen Wert des Zertifikats – danach ändert sich der Wert nicht mehr. Andere „open end“ Zertifikate haben eine im Prinzip unbegrenzte Laufzeit. In diesen Fällen ändert sich der Basispreis des Zertifikats im Lauf der Zeit so, dass der Wert des Zertifikats bei konstantem Kurs des Basiswerts abnimmt (Zeitwertverlust).
Vorteile und Risiken der Hebelzertifikate
Hebelzertifikate ermöglichen den Aufbau zahlreicher Short- und Longpositionen unter jeweils relativ geringem Kapitaleinsatz. Damit stellen sie ein sehr nützliches Werkzeug für Anleger dar, mit dem Möglichkeiten zur Gewinnmaximierung genutzt werden können und dank einer breiten Diversifizierung das Gesamtrisiko des Depots gering gehalten wird. Das Risiko jeder einzelnen Position ist dabei allerdings meist sehr groß. Deswegen sollten die Positionen jeweils gering gewichtet werden. Eine Gefahr im Umgang mit diesen Zertifikaten besteht in der Verlockung, schnell Gewinne im dreistelligen Prozentbereich erzielen zu können, was dazu verleiten kann, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen. Rechnen Sie daher bei jeder Position nach, wie viel Sie maximal zu verlieren bereit sind. Ein wichtiger Vorteil von KO-Zertifikaten ist die Abwesenheit einer Nachschusspflicht. Sie können mit diesen Zertifikaten maximal so viel verlieren, wie sie eingesetzt haben. Wenn Sie die Verluste gering halten, ergeben sich im Lauf der Zeit die Gewinne automatisch.
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