Kommentar
18:10 Uhr, 24.06.2005

Threadneedle Investment Insight - US-Aktien

Die Abschwächung des Weltwirtschaftswachstums, die wir bereits zu Anfang des Jahres erwartet hatten, beginnt sich nun auszuwirken. Diese Entwicklung hatte für US-Aktien einige schwierige Monate zur Folge. Trotzdem bleibt die USA der weltweit größte und wichtigste Aktienmarkt. Die Vereinigten Staaten sind der Sitz vieler marktführender Unternehmen aus einer breiten Palette von Branchen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass sich die USA in diesem Jahr besser als andere bedeutende Industriestaaten entwickeln wird. Der nachfolgende Artikel analysiert das Umfeld für den Kapitalmarkt und untersucht Themen, die unsere Portfolios unseren Erwartungen nach bestimmen werden.

Kleiner Ausflug in die Geschichte

Das Wirtschaftswachstum in den USA war im Jahr 2004 hoch. Gegen Ende des Jahres nahmen die Kursschwankungen am Markt jedoch zu. Es war nicht einfach, die USA allzu positiv zu beurteilen, da eine Reihe wirtschaftlicher Faktoren eine ausgewogene Entwicklung beeinträchtigte. Auch der Rückgang des USD blieb ein Problem. Darüber hinaus sprachen die, im Vergleich zu Papieren aus anderen Regionen, hohen Kosten für US-Anlagen sowie die erwarteten US-Gewinnmargen, die auch im historischen Vergleich nach wie vor einen angespannten Eindruck machten, nicht gerade für Investments in den USA.

Die Konjunktur begann sich Anfang 2005 abzuschwächen. Der Markt gab aufgrund zunehmender Besorgnisse um einen Rückgang des Verbrauchervertrauens und ein sinkendes Wirtschaftswachstum in einem Umfeld mit einem steigenden Inflationsdruck nach. Infolgedessen fanden Umschichtungen aus konjunktursensitiven Branchen in defensivere Marktsegmente statt. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass sich das Wirtschaftswachstum zwar abschwächt, die BIP-Wachstumszahlen für das I. Quartal mit 3,5 Prozent jedoch über den Erwartungen lagen. Threadneedle prognostiziert für das BIP im Jahr 2005 einen Anstieg um 3,25 Prozent und für 2006 ein Plus von 3,0 Prozent. Diese Einschätzung stimmt zumindest mit dem langfristigen Wachstumstrend überein und ist höher als für andere Industriestaaten.

Aktuelle Themen

Trotz des schwierigeren Umfelds, das wir in den letzten Monaten erlebt haben, gibt es unserer Meinung nach eine Vielzahl von Gründen, warum Anleger die USA zuversichtlicher beurteilen sollten: (1) Viele USAktien weisen ein sehr attraktives Bewertungsniveau auf; (2) es wird ein hoher freier Cashflow erwirtschaftet; (3) das Gewinnwachstum ist weiterhin stabil, und (4) der Rückgang des USD scheint ein Ende gefunden zu haben, denn die Währung steigt gegenüber anderen bedeutenden Devisen weiter an.

Attraktive Bewertungen

Das Bewertungsniveau von US-Aktien hat sich im Vergleich zu anderen Märkten verbessert. Darüber hinaus liegt die freie Cashflow-Rendite des S&P 500-Index derzeit über der durchschnittlichen Rendite von Unternehmensanleihen, was auf absoluter Basis ein positiver Indikator für attraktive Bewertungsniveaus ist. Ein weltweites Schlüsselthema ist zudem die steigende Bewertungskonvergenz. Viele Wachstumsaktien werden auf dem gleichen Niveau wie zyklische Titel bewertet und zum gleichen erwarteten KGV gehandelt. Zukünftig wird sich das Bewertungsniveau wahrscheinlich zunehmend voneinander abkoppeln. So wird für Firmen, die in der Lage sind, ihre Wachstumsraten beizubehalten, ein Aufgeld gezahlt werden, wohingegen Unternehmen, die das nicht schaffen, zurückgestuft werden. Die USA wird von dieser Entwicklung besonders profitieren, da dort im Vergleich zu anderen Industriestaaten mehr qualitative Wachstumsunternehmen zu finden sind.

Hoher freier Cashflow Viele amerikanische Unternehmen generieren derzeit einen außergewöhnlich hohen Cashflow – die freien Cashflowmargen befinden sich auf einem 50-Jahreshoch. Die Höhe des freien Cashflows untermauert die Bewertungen des Marktes und ist ein Zeichen für die gute Qualität der Gewinne.

Gewinne höher als erwartet

Die Unternehmensgewinne sind im I. Quartal wesentlich besser als erwartet ausgefallen. Sie sind im Jahresvergleich um 15 Prozent angestiegen. Obwohl wir eine Abschwächung der Gewinne im Jahr 2005 erwarten, gehen wir davon aus, dass das Wachstum bei etwa 9 Prozent liegen wird. Diese Entwicklung liegt historisch gesehen über dem Trend.

Der US-Dollar

Die Aussichten für den USD schätzen wir zunehmend optimistisch ein und sind der Auffassung, dass der Rückgang der Währung, der seit 2001 festzustellen war, sein Ende erreicht hat. Einige Faktoren haben unsere Einschätzung bestimmt. Die wichtigsten davon sind: (1) Die momentane Schwäche in Europa wird den Euro unter einen Abwärtsdruck setzen; (2) eine Neubewertung der südostasiatischen Währungen wird einen weiteren USD-Rückgang gegenüber den bedeutenden Währungen verringern, und (3) die Absicht der Bush-Administration, das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, wird den Erwartungen nach konkrete Ergebnisse zur Folge haben. Wir haben für 2005 unsere Wechselkursprognosen EUR/USD von 1,35 auf 1,20 und USD/GBP von 1,80 auf 1,75 gesenkt.

Aktuelle wirtschaftliche Trends

Der US-Verbraucher

Das US-Verbrauchervertrauen hat zuletzt einen Rückschlag erlitten, da die niedrigeren Einzelhandelsumsätze auf eine Zurückhaltung bei den Verbrauchern hindeuten. Darüber hinaus ist der US-Konsum auch durch eine höhere Verschuldung der Privathaushalte gefährdet. Wir sind jedoch der Auffassung, dass der Konsum in Zukunft durch einen starken Anstieg der persönlichen Einkommen und eine allmählich sinkende Arbeitslosigkeit gestützt werden sollte. Ein weiterer positiver Faktor ist der nach wie vor stabile Immobilienmarkt. Die Rendite für Anleihen mit langer Laufzeit, der Hauptfaktor bei den Hypothekenkonditionen, ist zurück gegangen. Diese Entwicklung unterstützt die Verbraucher sowie das Wirtschaftswachstum.

US-Notenbank und Leitzinsen

Eine der größten Besorgnisse des Marktes war der steigende Inflationsdruck, der wiederum Ängste vor höheren Leitzinsen ausgelöst hat. So hat die US-Notenbank die Leitzinsen seit Juni 2004 stetig angehoben. Im Mai 2005 hat sie den Leitzins erneut um 0,25 Prozent erhöht, das Leitzinsniveau liegt nun bei 3,0 Prozent. Wir gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen im Jahresverlauf und Anfang 2006 weiter anheben wird. Ermutigend für Aktienanleger ist jedoch, dass derzeit einiges dafür spricht, dass wir den Zinsanhebungszyklus zum größten Teil hinter uns haben und zukünftige Zinserhöhungen in den Kursen am Aktienmarkt bereits berücksichtigt sein sollten.

Schwankender Ölpreis

Der Ölpreis schwankt nach wie vor, obwohl er sich weiterhin im Korridor seiner Allzeithochs bewegt. Wir beurteilen Energieaktien nun zuversichtlicher, da wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass die Energiebranche günstig bewertet ist, wenn man die Preise für Rohstoffe an den Terminmärkten berücksichtigt.

Positionierung des Fonds und Anlagethemen

Erhöhte Ausrichtung auf qualitative Wachstumsunternehmen

2004 haben wir damit begonnen, die Anlagestrategie unserer US-Fonds zu ändern. Zu diesem Zweck haben wir die Gewichtung der Fonds in zyklischen Papieren reduziert. Wir haben unsere Portfolios neu ausgerichtet und sind nun auf jene qualitativen Unternehmen fokussiert, die in der Lage sind, stabile Gewinne und ein langfristig überdurchschnittliches Wachstum zu bieten. Obwohl sich das Gewinnwachstum als unerwartet hoch erwies, stellen wir eine erwartete Abschwächung nach den hohen Wachstumsraten der letzten beiden Jahre fest. Deshalb konzentrieren wir unsere Fonds stark auf Unternehmen, die ein nachhaltiges attraktives Gewinnwachstum bieten und die nicht nur von der derzeit günstigen Phase des Gewinnzyklus der Unternehmen profitieren. Viele dieser Firmen werden sowohl im Vergleich zum Markt als auch gegenüber ihrer jüngsten Geschichte auf einem attraktiven Bewertungsniveau gehandelt.

Marktbreite Titel gegenüber mittelgroßen und kleineren Unternehmen

Nach der überdurchschnittlichen Entwicklung kleinerer und mittelgroßer Firmen in den letzten fünf Jahren machen viele größere Unternehmen nun einen günstig bewerteten Eindruck. Diese Titel verfügen darüber hinaus über den zusätzlichen Vorteil, dass viele von ihnen ein nachhaltiges Gewinnwachstum erzielen können. Grundsätzlich schwanken die Gewinnmargen größerer Unternehmen nicht so stark wie die kleinerer Firmen, und die Gewinnentwicklung verläuft darüber hinaus robuster. Wir identifizieren vermehrt attraktive Anlagechancen im Bereich der Large Caps und sehen dies als positives Zeichen für den US-Aktienmarkt insgesamt. Aufgrund der Vielfalt der US-Wirtschaft finden wir jedoch auch noch günstige Investmentmöglichkeiten unter kleineren und mittelgroßen Unternehmen.

Technologiebranche positiv

Insbesondere marktbreite Technologietitel sind derzeit attraktiv bewertet und bieten unserer Meinung nach die effektivste zyklische Ausrichtung. Obwohl wir bei Hardware-Titeln etwas zurückhaltender sind, halten wir das Segment Software in den USA für zunehmend attraktiv. Diese Branche ist nicht nur günstig bewertet, sondern bietet auch eine Vielzahl von Unternehmen mit einem sehr guten Produktzyklus und Eintrittsbarrieren. Dies könnte durchaus zu einer hervorragenden Wertentwicklung führen.

Einsatz des Cashflows ist ausschlaggebend Bevor eine Investition in ein Unternehmen getätigt wird, sollte man sich immer darüber klar werden, wie die Unternehmen mit ihrem Cashflow umzugehen gedenken. In der aktuellen Phase des Konjunkturzyklus ist dies von besonders großer Bedeutung. Wir halten nach Unternehmen Ausschau, die mit ihrem Kapital vernünftig umgehen. So werden wir möglicherweise jene Unternehmen unterstützen, die die Chance nutzen, Kapital in neue Geschäftstätigkeiten zu investieren, was wiederum eine Erhöhung der Gewinne zu Folge hat. Außerdem gilt: Falls die Absicht besteht, Liquidität an die Aktionäre auszuschütten, halten wir dies auch für vorteilhaft. Wir werden jedoch kein Unternehmen unterstützen, das seine liquiden Mittel schlecht einsetzt, z.B. für Investmentprojekte mit niedrigen Erträgen oder für Übernahmen. Ferner sind wir der Auffassung, dass Unternehmen angesichts des aktuellen Umfelds eines sinkenden Wachstums und steigender Kreditkosten belohnt werden, wenn sie über eine gewisse Preismacht verfügen und in der Lage sind, ihr Wachstum intern zu finanzieren.

Zusammenfassung

Wir waren einige Zeit lang in US-Aktien untergewichtet, aber die Gründe für diese Ausrichtung sind für uns nun nicht mehr so stichhaltig, denn (1) obwohl sich die US-Wirtschaft abschwächt, liegt das Wachstum auf dem langfristigen Trend und über dem anderer etablierter Volkswirtschaften; (2) das Bewertungsniveau des US-Aktienmarktes ist im Vergleich zum britischen und den europäischen Märkten in den letzten Jahren gesunken; (3) die USA verfügt über einen höheren Anteil hochqualitativer Wachstumsunternehmen als andere etablierte Märkte, und (4) wir beurteilen den USD zunehmend positiver und sind der Auffassung, dass seine Abwärtsbewegung nun zu Ende ist.

Quelle: Threadneedle

Die im Jahre 1994 gegründete Investmentgesellschaft Threadneedle Investments ist heute die drittgrößte Publikumsfondsgesellschaft Großbritanniens und zählt mit einem verwalteten Anlagevolumen von 88,6 Milliarden Euro - davon 19,2 Milliarden Euro in Publikumsfonds - zu den namhaftesten Investmentgesellschaften in Europa (Stand: 31.12.2004). Threadneedle konzentriert sich ausschließlich auf die Verwaltung von Kundengeldern. Ziel ist es, effektive Investmentlösungen anzubieten, die überdurchschnittliche Erträge und einen hervorragenden Kundenservice kombinieren.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten