Theorie und Praxis! Wenn es denn auch so einfach wäre!
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In der Theorie ist alles einfach, auch die Entscheidungsfindung. Gestern habe ich Ihnen an dieser Stelle den Erwartungswert vorgestellt. Mit diesem wollte ich Sie vor allem darauf aufmerksam machen, dass es mehr als nur die Trefferquote gibt. Diese ist lediglich ein Bestandteil der Erfolgsformel, wenn Sie so wollen.
Aufmerksame Leser könnten nun versuchen, das Wissen um die rational beste Entscheidung bei ihren Trades zu nutzen. Wahrscheinlich schon beim ersten Versuch werden Sie jedoch den großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis zu spüren bekommen. An den gestrigen Ausführungen ist absolut nichts verkehrt, nur zeigt sich die praktische Umsetzung um einiges schwieriger, als die simple Formel vermuten lässt.
Der Grund dafür liegt auf der Hand. Zu jeder Zeit und für jede Kombination von Kursziel und Stoploss (CRV) müssten die Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden! Ja, Sie haben richtig gelesen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Trendlinie hält, hängt direkt davon ab, was Sie unter „halten“ verstehen. Wie weit darf die Trendlinie temporär verletzt werden? Wie weit muss sich der Kurs anschließend von dieser in die erwartete Richtung absetzen? Diese beiden Fragen bestimmen die Wahrscheinlichkeit. Dies lässt sich leicht erklären: kleinere Kursziele werden logischerweise leichter erreicht, als weit entfernte. Analog dürfte klar sein, dass ein Stopp 1 Cent unterhalb der Trendlinie eine wesentlich kleinere Chance hat zu halten, als ein Stopp 10 Euro unterhalb dieser.
Die folgende Abbildung veranschaulicht den grundlegenden Zusammenhang noch einmal systematisch und der Verlauf der Wahrscheinlichkeitskurve gilt im Groß für jedes Signal. Die unterschiedlichen Methodiken/Signale unterscheiden sich lediglich in einer Verschiebung der Kurve nach rechts (Taktik ist besser) oder links (Taktik ist schlechter). Im Beispielsystem wurde ein Einstieg mit einem festen Stoploss von 5% versehen und das Kursziel zwischen 1 und 50% variiert. Es ist sehr schön zu erkennen, wie die Wahrscheinlichkeit mit jedem weiter entfernteren Ziel tendenziell abnimmt.
Die entgegengesetzte Entwicklung sehen wir, wenn wir ein fixes Ziel von bspw. 10% anstreben, gleichzeitig aber den Stoploss sukzessive vergrößern. Die Wahrscheinlichkeit, dass unser Signal das Ziel erreichen kann, nimmt mit größer werdendem Stoploss zu.
In diesem Beispielfall besitzt ein einziges Signal also 500 unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten, je nachdem, welches Stoploss und welches Ziel ich miteinander kombiniere. Herzlichen Glückwunsch, wenn Sie nun versuchen, bei jedem Trade den richtigen Erwartungswert auszurechnen. Das dauert eventuell nicht nur relativ lange, sondern ist oftmals gar nicht realisierbar. Die meisten Strategien arbeiten im diskretionären Bereich, d.h., sie lassen Interpretationsspielräume zu und können damit nicht vom Computer getestet werden. Lediglich über die Erfahrung des Traders können grobe Aussagen über die Wahrscheinlichkeiten getroffen werden, was natürlich auch die Ermittlung des Erwartungswertes zu einer Schätzung macht.
Das Beispiel zeigt aber, wenn Sie diese Gedanken weiterführen, noch mehr auf. Jeder Trader ist bemüht, die rational „beste“ Entscheidung zu treffen, aber wenn es die bereits angesprochenen Probleme mit der Ermittlung des Erwartungswertes gibt, bekommt die grundlegende Forderung nach einer Strategie oder Geduld einen ganz anderen Touch. Warum nutzen Profis eine Strategie? Ganz einfach, weil Sie nicht für jede x-beliebige Situation Erfahrungen & Wahrscheinlichkeiten sammeln können. Schauen Sie nur einmal auf unser simples Beispiel oben. Wir sprechen bei diesem einen Signal von 500! unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten und damit Erwartungswerten! Ich selbst handele fünf und mehr Taktiken und in der großen weiten Welt der Börse gibt es tausende davon. Und selbst das ist noch gar nichts im Vergleich zu den Vorstellungen vieler Börsenneulinge, dass die Profis zu jeder Zeit und Stunde sagen können, wie die Wahrscheinlichkeiten verteilt sind. Schließlich erstellen diese eine Analyse und können dann direkt auch einen Trade platzieren, so eine beliebte Vorstellung. Das Gegenteil ist der Fall. Genau weil es Milliarden von Wahrscheinlichkeiten gibt, kann sich jeder Profi nur auf gewisse Situationen spezialisieren, seine Strategie eben.
Was also ist zu tun? In vier Worten formuliert: Übertreiben Sie es nicht! Sofern Sie wie die Masse der Trader agieren und gewisse Interpretationsspielräume nutzen, konzentrieren Sie sich auf einige, für sie spannende Muster. Sammeln Sie mit diesen Erfahrungen zu den Wahrscheinlichkeiten, Stopps und Kurszielen, um für sich in diesen besonderen Situationen eine „rationale“ Entscheidung treffen zu können. Das dies nicht immer bedeuten muss, sich in Richtung der größten Wahrscheinlichkeit zu positionieren, dürfte ausführlich beschrieben worden sein. In diesem Sinne
Viel Erfolg
Rene Berteit
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Moin,
soso, "Strategien" also. Mit Strategien die Wahrscheinlichkeiten im Sinne des hm... - Spielers (!?!) - positiv beeinflussen. Das kennen wir doch tief im Unbewußten. Ist es nicht genau das, was einen Spieler in die Spielbank treibt, der mit einer Strategie den zufälligen Lauf der Kugel vorhersagen möchte? Na klar, natürlich nicht jeder Kugel, nein, es reicht ja nur ein prozentualer Anteil, der eben die Anzahl der Gewinnspiele bzw. -summen höher ausfallen läßt als der Verlustspiele. Dummerweise sorgt hier die Gaußsche Normalverteilung für die Wahrscheinlichkeiten und Erwartungswerte nach dem unerbittlichen Muster: Je länger der Spieler spielt, desto mehr nähert sich sein Verlust dem Wert der Kasinogebühren an. Im Idealfall - und wenn ihm nicht vorher das Geld ausgeht. Hört er (a) nach einer Gewinnserie auf zu spielen (und spiel dann nie mehr in seinem Leben), dann hat er etwas Gut gemacht. Hört er (b) nach einer Verlustserie auf, dann hat er Pech gehabt.
Offensichtlich verhält es sich an der Börse für den Kleinanleger (und NUR für den Kleinanleger) genau so! Der Kleinanleger ist Brownsche Molekularbewegung, kann keinen Kurs bewegen. Er ist Spielball der Zufälligkeiten (auf jeder Zeitebene gibt es die - da treffen wir rein zufällig auf die statistischen Ausführungen von Meister Berteit). Wenn er Glück hat - siehe (a) - und wenn er Pech hat - siehe (b).
Leider gibt es eine sehr große Menge von B-Kandidaten, und der menschlichen Natur ist es geschuldet, dass diese ihr Schicksal zumeist mit sich selber ausmachen. Daher kommt es auch, dass man eigentlich nur von A-Kandidaten hört, weil - wer kann sein Glück schon für sich selber behalten?
Ach ja, da ist es doch auf Dauer viel einfacher, einen breit gefächterten Index zu kaufen und sich einfach an die Entwicklung der Märkte dranzuhängen. Da muss man nur eine Regel beherzigen: Kaufe, wenn der Index niedrig steht und verkaufe, wenn er viel höher steht. ;) Wenn man kein hoffnungsloser Pessimist ist, der an den Untergang der Weltordnung glaubt, ist das nach wie vor der probate Weg, zu Geld zu kommen, ohne ständig dafür arbeiten zu müssen :). Man hat ja auch noch ein Leben, oder?
Ich halte die Angabe von Wahrscheinlichkeiten und Chance/Risiko-Verhältnissen für Unsinn. Es gibt im Prinzip an jedem beliebigen Punkt im Chart 4 Möglichkeiten: Runter, Rauf, Erst rauf und dann runter; Erst runter und dann rauf. Seitwärtsbewegungen sind irrelevant. Mit welcher Wahrscheinlichkeit es wie weit rauf oder runter gehen kann, das kann niemand vorhersagen. Auch mit Fibonacci und allen sonstigen Finessen nicht. Niemand weiß, welche KO`s diese oder jede Bank heute bis Feierabend noch weg haben möchte usw. Dazu kommen die Pläne der Großspekulanten und alle möglichen Einflüsse und Irrationalitäten. Da macht man sich etwas vor. Das ist schlichtweg Augenwischerei. Das einzige, was man sagen darf: Es ist jetzt eine Weile runter gegangen, also hat sich die Wahrscheinlicheit für eine Gegenbewegung erhöht (und umgekehrt). Noch ein Stück tiefer ist sie noch höher. Aber 100% ist sie erst, wenn alle potentiellen Verkäufer mit Gewinn oder Verlust verkauft haben.