Kommentar
14:43 Uhr, 09.02.2017

Teure Scheidung vom Kontinent

Das hatten die populistischen Befürworter des Brexits vor dem Referendum der Briten über den EU-Austritt am 23. Juni vergangenen Jahres wohl übersehen – oder ganz bewusst verschwiegen: Bis zu 60 Mrd. € könnte die EU-Kommission von London aus gemeinsam eingegangenen Verpflichtungen fordern. Der Brexit könnte Großbritannien also teuer zu stehen kommen. Bei den Forderungen zwischen 40 und 60 Mrd. € geht es insbesondere um Haushaltsverpflichtungen aus dem siebenjährigen, mittelfristigen Finanzrahmen der EU, welcher bis 2020 läuft und den Großbritannien mitgetragen hat. Hierbei handelt es sich unter anderem um Pensionslasten für britische EU-Mitarbeiter sowie um Kosten, die im Zusammenhang mit Strukturprojekten oder z. B. dem Rettungsprogramm für Irland stehen und die auch nach dem EU-Austritt noch fällig wären.

Für Brüssel ist das ein zentrales Thema für die anstehenden Brexit-Verhandlungen. Denn, wenn London nicht zahlen würde, wären die 27 bleibenden Länder gezwungen, die Rechnung zu übernehmen.

Das Brexit-Gesetz ist am Mittwoch in die entscheidende Abstimmung im britischen Unterhaus gegangen. Dabei hat sich Premierministerin Theresa May die Zustimmung für den Austrittsantrag von der EU geben lassen. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, hatte die Abgeordneten seiner Partei unter Fraktionszwang zugunsten des EU-Austritts gesetzt. Labour wolle aber versuchen, Änderungen am Gesetzestext vorzunehmen, um sich Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen mit der EU zu sichern. Brexit-Staatssekretär David Jones versprach zwar, dass das britische Parlament über ein Abkommen mit der EU am Ende der zweijährigen Austrittsverhandlungen abstimmen dürfe, eine Ablehnung werde dann aber nicht zu Nachverhandlungen führen.

Premierministerin May kündigte an, sie werde gleich zu Verhandlungsbeginn mit der EU versuchen, eine Regelung für die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und für Briten in der EU zu finden. In Schottland stößt die Entscheidung für den Brexit indessen weiter auf Ablehnung. Das Regionalparlament in Edinburgh votierte in einer Protestabstimmung mit 90 zu 34 Stimmen gegen das Brexit-Gesetz der britischen Regierung. Die schottische Regierung hatte zu der Abstimmung aufgerufen, obwohl diese keine rechtliche Relevanz hat.

Zitterpartie in Athen um Beteiligung des IWF

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die europäischen Geldgeber bewegen sich im Streit um das dritte Rettungspaket für das krisengeschüttelte Griechenland aufeinander zu. Die Lücke zwischen den Ansichten werde kleiner, sagte IWF-Europadirektor Poul Thomsen. Eine Übereinstimmung in allen Punkten ist aber noch nicht in Sicht.

Der IWF ist zwar nach wie vor der Ansicht, dass Griechenland ohne eine größere Schuldenentlastung nicht in der Lage sein wird, sich aus eigener Kraft wieder zu berappeln. Aber offenbar trägt hier die Sturheit von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Früchte, der erklärt hatte, ohne IWF-Beteiligung könnte die europäische Griechenland-Hilfe sogar komplett beendet werden. So kann sich der Fonds offenbar inzwischen vorstellen, unter bestimmten Voraussetzungen einen Überschuss von 3,5 % für eine begrenzte Zeit als nachhaltig zu betrachten. Bisher hatte der IWF einen Überschuss von 1,5 % propagiert, sonst würde man die Konjunktur in Hellas abwürgen. Die jetzige Annäherung kann als Signal gewertet werden, dass der IWF eventuell beim dritten Rettungspaket doch mit dabei sein wird. Man muss es nur noch gesichtswahrend formulieren. Besonders Deutschland hat immer wieder betont, dass eine Zustimmung für das dritte Rettungspaket von der Beteiligung des IWF abhänge. Der IWF dagegen fordert seit Langem einen Schuldenschnitt, den die Eurogruppe ablehnt. Denn damit wären Steuergelder für Athen unwiderruflich verloren.

Helfen könnte auch, wenn es der Regierung in Athen endlich gelingen würde, ihre Steuereinnahmen zu erhöhen und auf eine breitere Basis zu stellen, wie der IWF nun fordert. Noch immer zahlen 60 % der griechischen Haushalte keine Einkommensteuer. Außerdem gehe es darum, faule Kredite bei den Banken massiv zu reduzieren, um wieder mehr Geld an Unternehmen verleihen zu können. Derzeit tut sich Griechenland schwer damit, eine funktionierende Steuerfahndung zu etablieren und das Eintreiben bereits festgestellter Steuerschulden zu optimieren. Hier sehen einige der IWF-Direktoren die Möglichkeit, den höheren Haushaltsüberschuss zu erzielen. Griechenlands Schulden hatten 2016 laut IWF 183 % des Bruttoinlandsproduktes erreicht. Die Maastricht-Verträge der EU erlauben 60 %.

Fed muss abspecken

Vor vielen Jahren, als die Finanzwelt noch in Ordnung war, interessierten sich nur wenige Analysten für die Bilanzsummen der einzelnen Notenbanken. Aber zur Stabilisierung der Finanzmärkte haben die Währungshüter während der Weltfinanzkrise und teilweise bis zum heutigen Tag massiv interveniert. Infolge der selbst auferlegten Ankaufprogramme sind die Bilanzen der Zentralbanken angeschwollen und es ist nun an der Zeit, diesem Trend ein Ende zu setzen.

In den USA spricht man in diesem Zusammenhang von einer Mammutaufgabe, die es zu stemmen gilt. Obwohl von offizieller Seite immer wieder das Ende der Ankäufe durch die amerikanische Notenbank (Fed) betont wird, so wird dabei stets verschwiegen, dass Fälligkeiten und Zinszahlungen unmittelbar re-investiert werden. Doch auf diesem Wege wird das Investitionsvolumen nicht reduziert und somit schrumpft auch die Bilanzsumme von aktuell ca. 4,5 Bill. USD nicht auf ein vertretbares Niveau. Würde man auf eine Re-Investition verzichten, so könnten nach Commerzbank-Berechnungen in den kommenden fünf Jahren mittels Fälligkeiten Bestände in Höhe von ca. 1,5 Bill. USD abgebaut werden. Dadurch wäre ein Niveau erreicht, das von vielen Kapitalmarktexperten als sinnvoll und vertretbar angesehen wird. Doch noch vor Ausbruch der weltweiten Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 addierten sich die Positionen der Fed auf lediglich 800 Mrd. USD, was allerdings angesichts der wachsenden Wirtschaft nicht mehr als Gradmesser herangezogen werden kann. Sollte der Abbau der eigenen Positionen allerdings nicht so abrupt vonstattengehen, so wird der Bilanzabbau noch etliche Jahre dauern.

Die Frage ist also inzwischen nicht mehr ob, sondern wann damit begonnen wird. Hierbei erwarten viele Marktteilnehmer - trotz anstehender Zinserhöhungen - einen Start Anfang des kommenden Jahres. Zu diesem Zeitpunkt wird auch geklärt sein, wer für die nächsten Jahre der Fed vorstehen und die amerikanische Geldpolitik prägen wird. Denn der Vertrag von Janet Yellen wird im Januar 2018 auslaufen, und momentan gilt es als unwahrscheinlich, dass eine weitere Amtszeit vom neuen US-Präsidenten gewünscht wird.

In den noch verbleibenden Monaten wird das Augenmerk der Fed-Präsidentin sicherlich auf die konjunkturelle Entwicklung der USA gerichtet sein, um gegebenenfalls zur Jahresmitte mit Zinserhöhungen einzugreifen. Dies würde allerdings fallende Kurse der angekauften US-Staatsanleihen und normalerweise Abschreibungen nach sich ziehen. Doch nicht so in den USA. Hier wurde bereits vor Jahren eine Klausel eingebaut, die es der Fed erlaubt, die Verluste der einzelnen regionalen Zentralbanken als eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzministerium zu buchen, anstatt gegen das eigene Fed-Kapital. Im Notfall muss man sich eben nur zu helfen wissen.

Target2-Salden mit neuem Rekord

Manche Ökonomen bezeichnen es als „Kapitalflucht nach Norden“, was da an der Entwicklung der so genannten Target2-Salden ablesbar ist. So sind die Forderungen der Deutschen Bundesbank an die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen des Zahlungssystems Target2 von Ende Dezember 2016 bis 31. Januar diesen Jahres um 42 Mrd. € auf den Rekordwert von 796 Mrd. € geklettert. Dieser Trend besteht seit 2014 und spiegelt im Kern die Anleiheankäufe der EZB wider.

Innerhalb des Target2-Systems stehen hohe Verbindlichkeiten der südeuropäischen Länder den Forderungen weniger anderer Länder, Deutschland, Niederlande und Finnland, gegenüber. Target2-Salden sind Ausdruck der Zahlungsbilanz, die im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr innerhalb der Eurozone entstehen. Fließt dem Bankensystem einer Volkswirtschaft der Eurozone mehr Zentralbankgeld über das Target2-System zu als abfließt, entsteht ein positiver Saldo. Sofern mehr Zentralbankgeld abfließt, baut sich ein negativer Target2-Saldo auf. Die Target2-Salden zeigen, dass damit die Banken in Südeuropa zwar liquide gehalten werden, die Ungleichgewichte in Euro-Land aber immer größer werden. Wirtschaftliche Probleme werden lediglich mit einer immensen Geldflut durch das Anleihe-Ankaufprogramm der EZB überdeckt.

Wenn man so will, steckt dahinter der wahre Kern, den Donald Trump meint, wenn er von Währungsmanipulationen durch die EZB redet. Denn durch die Flutung der Märkte mit Zentralbankgeld sorgt die EZB für einen permanent unterbewerteten Euro, den andere als Mittel des Exportkrieges wahrnehmen könnten.

Sofern ein Land nun die Euro-Zone verlassen will, muss es seine Verbindlichkeiten im Rahmen des Target2-Systems vorher begleichen. Aus diesem Grund käme Italien oder Frankreich ein Austritt extrem teuer. EZB-Präsident Mario Draghi hat darauf laut Reuters erst vor kurzem in einem Brief an zwei italienische Europa-Abgeordnete hingewiesen.

Neues ‘Tatort‘-Team in Washington?

Seit seinem Amtsantritt treibt D. T., der Unberechenbare, mit seinen Tweets und Dekreten die Weltöffentlichkeit vor sich her. In Medien und Talkshows versucht man ebenso wie in der Wirtschaftswelt die kurzatmigen Äußerungen des neuen US-Präsidenten zu interpretieren. Dabei sorgen sie wohl genau für jene Unruhe, die der rechtsgerichtete Chefberater von Trump, Steve Bannon, im Sinn hat, wenn er gegen die von ihm zum Feind erklärten Eliten hetzt.

Sich dennoch mit kühlem Kopf klar zu machen, was die möglichen Folgen der Trump'schen Politik sein könnten, ist Aufgabe von Wirtschaftsvertretern und Notenbankern außerhalb der USA. So hat es Außenhandelspräsident Anton Börner in dieser Woche getan, indem er die protektionistischen Töne aus den USA angesprochen hat, die zu einem konkreten Risiko für deutsche Unternehmen werden könnten. Und er sprach dabei sogar von einer Katastrophe. Sollten die Ideen des US-Präsidenten für neue Handelsbarrieren tatsächlich, insbesondere gegen China, umgesetzt werden, dann würde sich dies zweifelsohne aufgrund des großen Handelsvolumens katastrophal auf die exportorientierte deutsche Wirtschaft auswirken. Der Chef des Branchenverbandes BGA in Berlin nannte Trump einen von sich absolut überzeugten und machtbesessenen Familienunternehmer ohne Bindung zur sozialen Marktwirtschaft.

Bei der Verhängung von Strafzöllen gegenüber einzelnen Unternehmen oder Ländern würde Donald Trump allerdings in Konflikt mit der Welthandelsorganisation WTO geraten, so Börner. Sollte der US-Präsident dennoch diese roten Linien austesten wollen, gelte es gemeinsam, also Politik und Wirtschaft, stark aufzutreten und harte Antworten zu formulieren.

Für den Fall, dass sich im Zuge eines Handelskriegs der USA mit China das Wirtschaftswachstum in China merklich abkühlen sollte, hätte dies aus Börners Sicht auch negative Auswirkungen auf deutsche Ausfuhren nach Fernost. Eine weltweite Rezession wäre dann laut BGA unausweichlich. Hinter die aktuelle Prognose für die Exportentwicklung von plus 2,5 % für 2017 setzte Börner daher ein großes Fragezeichen.

Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sah sich gezwungen, auf die Äußerungen von Trump zu reagieren, der sich beklagt hatte, es würden in Deutschland zu wenig Chevrolets fahren, während in den USA viele Mercedes-Fahrzeuge zu sehen seien. Ja, das sei schon eine merkwürdige Vorstellung von fairem Handel, wenn für jedes importierte deutsche Auto ein amerikanisches nach Deutschland exportiert werden solle, sagte er dazu dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Weidmann stellte dabei die Frage, ob denn die Amerikaner zum Ausgleich dafür, dass bei uns im Fernsehen amerikanische Erfolgsserien laufen, nun jeden Sonntag 'Tatort' schauen müssten. Vielleicht könnte dann ja ein neues Tatort-Team in Washington ermitteln. Der Kern internationaler Arbeitsteilung sei ja gerade, so Weidmann, dass jeder das mache, was er am besten könne - und nicht jedes Land alles selbst produziere. Wenn die Politik Handelsbarrieren errichtet oder einen Abwertungswettlauf anzettelt, gibt es am Ende nur Verlierer, so Weidmanns Credo.

Auch EZB-Präsident Mario Draghi hat den Vorwurf der Trump-Regierung gekontert, wonach Europa und vor allem Deutschland sich mit dem schwachen Euro Vorteile auf dem Weltmarkt verschaffen würden. „Wir sind keine Währungsmanipulatoren“, hatte Draghi in Brüssel gesagt. Vielmehr spiegele die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) den unterschiedlichen Zustand der Wirtschaft im Währungsraum im Vergleich zu den USA wider. Der gemeinsame Markt würde mit anhaltenden wettbewerbsgetriebenen Abwertungen nicht überleben.

Ob solche Argumente bei einer Administration ankommen, die sich „alternativen Fakten“ verschrieben hat, darf bezweifelt werden. Man hofft aber, dass die Mechanismen der wirtschaftlichen Fakten, die auch die internationalen US-Konzerne durchaus verstehen, ihre magische Kraft entfalten mögen.

Der Bondprimärmarkt bricht im Januar alle Rekorde

Noch nie zuvor wurden in einem Monat so viele Bonds emittiert wie im Januar 2017. Den Statistiken zufolge wurden Anleihen für 530,84 Mrd. US-Dollar emittiert und der Rekord vom Januar 2013 (501,59 Mrd. US-Dollar) konnte sogar deutlich übertroffen werden. Auch im Euroraum braucht man sich mit dem Emissionsvolumen von rund 30 Mrd. Euro nicht zu verstecken. Es war der zweitstärkste Monat nach Januar 2009 mit gut 50 Mrd. € und in dieser Februar-Berichtswoche ging es nahtlos weiter mit Unilever, Ryanair und Avinor.

Des Weiteren konnte Hapag-Lloyd die Aufstockung eines Bonds (A2E4V1 ) um 200 Mio. € auf 450 Mio. € erfolgreich abschließen. Der Ausgabepreis wurde mit 102,375 % festgelegt, was einem Spread von +665 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe entspricht. Die Investoren erhalten bis zur Fälligkeit am 01.02.2022 Zinsen in Höhe von jährlich 6,75 %.

Unilever legte gleich 2 Bonds mit einem Volumen von je 600 Mio. € auf. Die erste Tranche (XS1566100977 ), ein 6-jähriger Bond ist am 14.02.2023 fällig und mit einem Kupon in Höhe von 0,375 % ausgestattet. Der Emissionspreis lag bei 99,905 %, was +15 bps über Mid Swap entsprach. Die zweite, 10-jährige Anleihe (XS1566101603 ) mit Fälligkeit am 14.02.2027 zahlt dem Anleger Zinsen in Höhe von 1,00 % jährlich und konnte zu einem Preis von 99,726 % ausgegeben werden. Dies bedeutete einen Emissionsspread von +30 bps über Mid Swap.

Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair sammelte ebenfalls erfolgreich 750 Mio. € am Kapitalmarkt ein. Der Bond (XS1565699763 ) ist am 15.08.2023 endfällig und weist einen jährlichen Kupon in Höhe von 1,125 % auf. Der Ausgabepreis lag bei 99,381 %, was einer Benchmark von +92 bps über Mid Swap gleichkam.

Als letzter im Bunde reihte sich in dieser Woche Avinor in die Emisssionsflut ein und begab eine Anleihe (A19C1B) mit einem Volumen von 500 Mio. €. Das norwegische Staatsunternehmen, welches unter anderem 46 Flughäfen betreibt, stattete den Bond mit einem Zins von 1,25 % aus, welcher bis zur Fälligkeit am 09.02.2027 jährlich gezahlt wird. Der Reoffer lag bei 99,534 %, was einem Emissionsspread von +87,7 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe entsprach.

Alle Emittenten haben eine Make Whole Option in die Anleihebedingungen aufnehmen lassen und die Mindeststückelung auf 100.000 € festgelegt, womit sie primär institutionelle Investoren ansprechen.

Ist die Euro-Finanzkrise zurück?

Hatte man am vergangenen Donnerstag noch die Angst der Investoren vor steigenden Zinsen in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt, so kann man heute feststellen: „Manchmal kommt es doch anders als man denkt.“ Denn in dieser Woche hat das Sorgenbarometer seinem Namen alle Ehre gemacht und sich infolge der wieder aufflammenden Euro-Finanzkrise positiv entwickelt. Die politischen Risiken in den USA waren vorerst vergessen und man widmete sich den hausgemachten Problemen Europas.

Hierbei werfen die Wahlen in diversen Euro-Staaten, die fehlende Kapitaldecke vieler europäischer Banken, die griechische Tragödie, der Brexit und ein möglicher „Frexit“ dunkle Schatten auf die europäische Staatengemeinschaft. Deutsche Staatsanleihen wurden somit verstärkt nachgefragt, was wiederum zu einer deutlichen Spreadausweitung gegenüber den anderen europäischen Staaten führte. So ist beispielsweise der Renditespread gegenüber Frankreich auf ein Mehrjahreshoch gestiegen.

Aus charttechnischer Sicht richten sich jetzt alle Blicke auf den Test der 200-Tage-Linie beim Euro-Bund-Future, die aktuell bei 164,29 % verläuft. Sollte diese Hürde genommen werden, so ist ein Test des zum Jahresauftakt erzielten Höchstkurs bei 164,94 % möglich. Die somit in den ersten Handelswochen erzielte Bandbreite zwischen 161,31 % und 164,94 % ist Beweis genug für die fehlende klare Linie. Doch Angst frisst bekanntlich Hirn und daher kann in dieser politisch unkalkulierbaren Zeit auch eine vorübergehende Rückkehr zu bisherigen Tiefstständen nicht ausgeschlossen werden. Aktuell notiert das Rentenbarometer bei 164,10 %.

Aktuelle Marktentwicklung

Deutschland:

Der März-Kontrakt des richtungsweisenden Euro-Bund-Future schloss gestern mit einem gehandelten Volumen von 0,933 Mio. Kontrakten bei 164,22 % (Vw.: 161,61 %).

Die Trading-Range lag im Berichtszeitraum zwischen 161,63 % und 164,41 % (Vw.: 161,31 % und 162,29 %).
Der Euro-Buxl-Future (Range: 164,92 % und 170,60 %) schloss bei 169,74 % (Vw.: 165,24 %),
der Euro-Bobl-Future (Range: 132,93 % und 133,93 %) bei 133,89 % (Vw.: 132,90 %)
und der Euro-Schatz-Future (Range: 112,25 % und 112,42 %) bei 112,41 % (Vw.: 112,24 %).

Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe (110241) lag im gestrigen Bundesbankfixing bei +0,340 % (Vw.: +0,455 %).

USA:

Zweijährige US-Treasuries rentieren bei 1,149 % (Vw.: 1,205 %),
fünfjährige Anleihen bei 1,806 % (Vw.: 1,910 %),
die richtungsweisenden zehnjährigen Anleihen 2,340 % (Vw.: bei 2,455 %)
und Longbonds mit 30 Jahren Laufzeit bei 2,950 % (Vw.: 3,066 %).

Die Entwicklung der wichtigsten Credit Indizes spiegelt im Vergleich zur Vorwoche eine Ausweitung der Spreads wider, was auf eine gestiegene Risikoeinschätzung seitens der Anleger hinweist. Fallende Anleihekurse führten zu einer Erhöhung der Rendite und somit erhöhte sich der I-Traxx-Main für Unternehmensanleihen guter Qualität um 3 auf 76,5 Punkte. Der I-Traxx-Crossover für High Yield Anleihen stieg um 5,5 auf 306,5 Punkte.

Die I-Traxx-Indizes bilden derivative Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) ab, mit denen Investoren den möglichen Default von Unternehmensanleihen absichern.


Niederlande machte den Anfang

Nachdem in der vergangenen Handelswoche für Investoren „Magerkost“ angesagt war, hatte man jetzt wieder die Qual der Wahl. Sowohl die üblichen T-Bills mit Laufzeiten von 4 Wochen sowie 3 und 6 Monaten als auch 3-jährige sowie 10-jährige T-Notes und 30-jährige T-Bonds im Gesamtvolumen von 169 Mrd. USD suchten ihre Abnehmer.

In der Eurozone wurden für den gleichen Zeitraum Emissionen für insgesamt ca. 12 Mrd. € in Aussicht gestellt. Gleich zum Wochenstart emittierten die Niederlande eine 10-jährige Staatsanleihe (A19C29 ), bevor Österreich am Dienstag zwei Anleihen zum Kauf anbot (A1HJL5 / 2023  ; A18X6P / 2026 ). Deutschland stockte am gleichen Tag die erst 2046 endfällige inflationsindexierte Anleihe (103057 ) um 500 Mio. € auf insgesamt 5,5 Mrd. € auf. Die Zuteilung erfolgte bei einer realen Durchschnittsrendite von -0,48 %. Zur Wochenmitte stellte die Finanzagentur zusätzlich Material der aktuellen 10-jährigen Benchmark Anleihe (110241 ) zur Verfügung. Hierbei wurden 3 Mrd. € offeriert, die mit einer Durchschnittsrendite von 0,33 % zugeteilt wurden. Das Gesamtvolumen der Emission beläuft sich inzwischen auf 8 Mrd. €. Den Schlusspunkt setz(t)en mit je zwei Anleihen Portugal (A1Z6CE / 2022  ; A1HKUP / 2024 ) und Irland (5 und 10 Jahre).

Der Euro wackelt wieder

Der richtige Winter mit zweistelligen Minusgraden scheint vorerst vorbei zu sein. Die Temperaturen steigen in den Plusbereich und auch die Sonnenstunden werden wieder mehr.

Im Gegensatz dazu wird die Stimmung an den Finanzmärkten immer eisiger und statt der Temperaturen steigt die Unsicherheit der Marktteilnehmer.

So hat es die europäische Gemeinschaftswährung dieser Tage schwer, sich bei dem derzeitigen Marktgeschehen zu behaupten. Nachdem in der Vorwoche der Euro seitens der Vereinigten Staaten noch starkgeredet wurde und in Folge auf ein neues Jahreshoch (1,0829 USD) stieg, hat er seit Wochenbeginn stetig an Wert eingebüßt. Die aktuellen politischen Unsicherheiten im Euroraum und nicht die Stärke des Greenbacks ließen den Euro zeitweise bis auf Kurse von 1,0640 USD abrutschen. Aufgrund fehlender Impulse startet der Euro heute Morgen wenig verändert bei 1,0680 USD in den Handel.

Etwas mehr zu bieten hat da nach wie vor die türkische Lira. In den bisher wenigen Handelswochen in 2017 bewegte sich die Währung der Türkei in einer Handelsspanne zwischen 3,70 TRY zu Jahresbeginn und 4,20 TRY (12. Januar 2017). Die Volatilität der Währung spiegelt die teilweise sehr schwierige politische Situation und die Unsicherheit im Land wider. Zur Stunde handelt die türkische Lira wieder unter der wichtigen Marke von 4,00 TRY.

Das Vertrauen in den Euro ist durch die jüngsten Entwicklungen nicht unbedingt gestiegen. Die Privatanleger sind somit bestrebt ihr Vermögen sorgfältig und risikobewusst anzulegen. So stehen Fremdwährungsanleihen auf US-Dollar, brasilianische Real, türkische Lira sowie russische Rubel in der Gunst der Anleger.

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten der Baader Bank

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

2 Kommentare

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  • jaja
    jaja

    das ist doch lächerlich - die "eingerichteten" EU Bürokraten Betrüger sollten sollten sich mal mit der Realität auseinandersetzen... oder haben diese in den Jahren bis jetzt sich ausschließlich im Delirium befunden ? Es ist nur eine Frage der Zeit bis Betrug als solcher auch von der Öffentlichkeit realisiert wird.

    21:06 Uhr, 09.02. 2017
  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Brexit: Freiheit hat keinen Preis, siehe Griechenland

    Griechenland: Von 356 Milliarden USD in 2008 hat sich das griechische Bruttoinlandsprodukt in 8 Jahren bis 2016 auf 196 Milliarden USD halbiert (wenn man den gesunkenen Wechselkurs mitberücksichtigt). https://de.statista.com/statistik/daten/studie/14398/umfrage/bruttoinlandsprodukt-in-griechenland/

    Die Steuereinnhamen als Prozentsatz des BIP (laut OECD) in 2016 liegen für Deutschland bei 36,9%, in Griechenland bei 36,8%. https://stats.oecd.org/Index.aspx?DataSetCode=REV

    Statistik ist nüchtern und sagt nichts darüber aus mit wieviel Elend und mit welch engem Steuerkorsett dieser Staatsanteil erreicht werden kann. Das es einen Unterschied macht ob von 2.000 Euro Einkommen 600,- Euro einbehalten werden oder von 900,- Euro 380,- für den Staat sind. Welch hohe Gegenleistung im Vergleich der deutsche Staatsbürger “zurück” bekommt, der Grieche aber nichts. Das die gesamte Wirtschaft und Eigeninitiative durch die Steuerbelastung auf Dauer abgeknebelt wird.

    Was die EU-Kommission in Brüssel über Jahre hinweg mit den Menschen in Griechenland veranstaltet ist nur noch kriminell zu nennen. Von europäischen Werten und Ethik wird zwar im Ausland viel gepredigt, wenn es aber dann darum geht einem Nachbarstaat zu helfen, anstatt ihn abzustrafen und auf Dauer zu ruinieren sind die ganzen Werte sehr schnell vergessen. Traurig, man schämt sich Europäer zu sein.

    17:08 Uhr, 09.02. 2017