Kommentar
12:12 Uhr, 29.07.2022

Technische Rezession, na und?

Die USA befinden sich nach zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit negativem Wachstum technisch in einer Rezession. Hat das für den Aktienmarkt Relevanz?

Rezession ist nicht gleich Rezession. Darüber hatte ich bereits berichtet. Manche technische Rezession wird am Ende nicht offiziell als Rezession klassifiziert. Den Unterschied macht der Arbeitsmarkt. Ohne steigende Arbeitslosigkeit ist bisher noch nie eine offizielle Rezession in den USA verkündet worden.

Bei zwei möglichen Fällen, die man als Rezession klassifizieren kann (technisch, offiziell), gibt es noch einen dritten Fall. Die Wirtschaft schrumpft, aber nur in einem einzelnen Quartal. Es drängt sich die Frage auf, ob sich der Aktienmarkt je nach Fall unterschiedlich verhält. Ganz einfach ist die Frage nicht zu beantworten, denn häufig überschneiden sich die Fälle (Grafik 1).

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Betrachtet man die Performance in jedem einzelnen dieser Fälle ist zumindest eines klar: Die Kurse gehen zurück (Grafik 2). Wie weit die Kurse zurückgehen, darüber besteht keine Einigkeit. Im besten Fall waren es nur 6 % (1947) und im schlimmsten Fall waren es 57 % (Finanzkrise 2008/09).

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Es fällt dabei auf, dass Rezessionen bis Anfang der 70er Jahre tendenziell von kleineren Kursrückgängen begleitet waren. Im Durchschnitt betrug der Rückgang weniger als 15 %. Bärenmärkte (mehr als 20 % Verlust) sucht man fast vergeblich.

Seit Anfang der 70er Jahre liegt der durchschnittliche Verlust bei 30 %. Ob sich etwas Grundlegendes verändert hat, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Intuitiv hat man jedoch den Eindruck, dass der Markt von einem Exzess zum nächsten jagt. Je größer die Übertreibung, desto größer ist am Ende auch die Korrektur.

Betrachtet man die Durchschnitte für die einzelnen Rezessionstypen, ergibt sich ein klareres Bild. Technische Rezessionen scheinen zu den geringsten Rückgängen zu führen. Wer sich nun freut und meint, dass der Markt bei einer reinen technischen Rezession kaum fällt, muss enttäuscht werden. Die Stichprobe ist so klein, dass man eher von Zufall sprechen muss. Der Wert ist nicht belastbar.

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Der häufigste Fall ist eine technische Rezession, die auch zu einer offiziellen Rezession benannt wird. Das Minus liegt hier bei 20 %. Diesen Wert hat der Markt bereits abgearbeitet. Es muss also nicht unbedingt schlimmer kommen, wäre da nicht der schlimmste aller Fälle (eine Kombination von allen drei Ausprägungen).

Eine Kombination, in der einer offiziellen und gleichzeitig technischen Rezession negative Einzelquartale vorausgehen oder folgen, ist problematisch. Die Erklärung dafür ist einfach. Bei einer technischen Rezession ist per Definition klar, dass es zumindest zwei negative Quartale gab. Gehen einzelne Negativquartale voraus oder folgen der offiziellen und technischen Rezession, ist dies ein Zeichen, dass sich der Abschwung in die Länge zieht und kein klarer wirtschaftlicher Trend absehbar ist. Dass dies die Kurse besonders drückt, ist nachvollziehbar. Anleger lieben Klarheit.

Wegen einer technischen Rezession sollte man sich nicht fürchten und noch weniger seine Strategie danach ausrichten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht klar, ob aus dem besten Fall der schlechteste wird. Denkbar ist es allemal.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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