Kommentar
07:59 Uhr, 26.08.2013

Sub-Dollar-Indizes mit zwei Wirklichkeiten

Die amerikanische Zentralbank interessiert sich in Währungsfragen für zwei Dinge.

Erstens sollen die Effekte der Dollar-Auf- und Abwertung in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit von US-Produkten erfasst werden. Zweitens möchte sie den Auf- oder Abwertungsdruck auf den US-Dollar an den Finanzmärkten einschätzen können. Dieser Druck entsteht gegenüber liquiden, viel gehandelten Währungen wie z.B. dem Euro, dem Yen oder dem Pfund.

Aus diesem Grund führt die Fed einen US-Dollar-Index gegenüber einem breiten Band an Währungen (Industrie- und Schwellenländer). Der Index teilt sich in zwei Subindizes. Der erste Subindex nennt sich „Major currencies“. Die wichtigen Währungen lauten: Euro, kanadischer Dollar, japanischer Yen, britisches Pfund, Schweizer Franken, australischer Dollar und die schwedische Krone. Mit Hilfe dieses Index misst die Fed den Druck auf den US-Dollar (nachfolgender Chart). Diese wichtigen Währungen verfügen gleichzeitig über eine hohe Liquidität.

Die beiden eingezeichneten Linien symbolisieren die seit 30 Jahren nachlassende Volatilität der Haupthandelswährungen zueinander.

Ob Euro, Yen, Pfund oder Franken: Die Handelspanne werden enger. Die Währungen der alten Industrieländer bilden zunehmend einen Währungskorb mit nur noch geringer Schwankungsbreite. Das Verhalten der großen alten Währungen zueinander erinnert an die europäische Währungsschlange, wie sie vor Einführung fixer Wechselkurse in Euroland existierte. Die geplante Einführung der Freihandelszone Europa/USA könnte an ihrem Endpunkt einen fixen Wechselkurs Euro/Dollar hervorbringen. Fragt man die Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten des Atlantiks, so besteht an einer Erhöhung der Schwankungsbreite kein Interesse. Mit einem Wechselkurskorridor zwischen 1,25 und 1,45 können beide Seiten gut leben.

Atmosphärisch sind Europa und die USA von einer echten Vereinbarung deutlich entfernt. Man denke beispielsweise an die NSA-Affäre. De facto handelt der Euro/Dollar seit knapp fünf Jahren innerhalb der genannten Spanne - mit nur geringfügigen Überschreitungen. Die EU/US-Währungsunion wird praktiziert, ohne dies an die große Glocke zu hängen.

Der zweite von der Fed geschaffene Subindex umfasst die weiteren wichtigen Handelspartner. Diese lauten: Mexiko, China, Taiwan, Korea, Singapur, Hong Kong, Malaysia, Brasilien, Thailand, Philippinen, Indonesien, Indien, Israel, Saudi Arabien, Russland, Argentinien, Venezuela, Chile und Kolumbien. Man kann sich fragen, warum China als einer der wichtigsten Handelspartner der USA nur in den zweiten Subindex gesteckt wird. Das liegt an der – noch - mangelhaften Liquidität der chinesischen Währung.

Der Dollar-Subindex gegenüber weiteren wichtigen Handelspartnern agiert deutlich stärker als derjenigen gegenüber den wichtigen Währungen.

Vorsorglich sei gesagt, dass der obige Chart die Währungsbewegungen bis einschließlich 16.08.2013 umfasst. Die deutlichen Bewegungen der letzten Woche wurden von der Fed noch nicht publiziert.

Die rote Linie auf dem obigen Chart stellt einen Schwellenland-Währungsindex dar. Denn nichts anderes sind „die anderen bedeutenden Handelspartner“. Die Spuren der Asienkrise 1997/98 sind auf dem Chart deutlich erkennbar. Damals wertete der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer deutlich auf.

Auch danach zeigte der US-Dollar gegenüber dem Schwellenland-Index relative Stärke. Die Schwächephasen umfassten die Zeiträume Mitte 2003 bis Anfang 2008 sowie von März 2009 bis März 2011. Beide Phasen waren starke Rohstoffphasen. Das Kapital floss jeweils in die Schwellenländer. Jetzt kehrt es zurück. Dabei sind größere und abrupte Umkehrmuster nichts Ungewöhnliches. Denn drehen die Kapitalströme, so hat dies stets einen Sogeffekt. Niemand möchte derjenige sein, der die leere Tasche in der Hand hält.

Ordnet man die aktuellen Währungsbewegungen in diese Historie ein, so wird deutlich, dass die aktuellen Währungsschwäche-Amplituden die logische Fortsetzung einer schon länger andauernden Entwicklung darstellen.

Als Beispiel für eine Schwellenlandwährung sei die indische Rupie dargestellt. Der Wechselkurs Dollar /Rupie befindet sich in einer Beschleunigungsphase.

Fazit: Längerfristig wertet der US-Dollar gegenüber den liquiden, wichtigen Währungen ab. In den vergangenen Jahren bewegten sich Dollar und wichtige Währungen in einer Handelsspanne zueinander. Gegenüber anderen bedeutsamen Handelspartnern – das sind insbesondere die Schwellenländer – performt der US-Dollar besser. In Phasen fallender Rohstoffpreise bewegt sich das „Hot Money“ aus den Schwellenländern heraus. Die Folge ist ein steigender US-Dollar. Hingegen korrelieren Phasen steigender Rohstoffpreise mit einem schwächeren US-Dollar.

Das ureigene Interesse der US-Zentralbank besteht darin, die Arbeitslosenquote herunterzufahren und die Inflationsrate nahe der 2-Prozent-Marke zu halten. Ein starker Dollar kann nicht im Interesse der USA liegen. Die Wettbewerbsfähigkeit der USA leidet in einer Phase des Dollar-Anstiegs, Arbeitsplätze werden woanders geschaffen. Im Rahmen der Asienkrise 1997/98 wertete der US-Dollar um 50 Prozent gegenüber den Schwellenländern auf. Die US-Arbeitslosenquote betrug im Jahr 1998 etwa 4,5%.

Einen nochmaligen Arbeitsplatz-Exodus werden die Amerikaner nicht hinnehmen. In der aktuellen Diskussion um die Rückabwicklung der quantitativen Lockerung („Tapering“) dürfte die internationale Komponente an Gewicht gewinnen. Je stärker der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer aufwertet, desto stärker dürfte das „Tapering“ in Richtung Jahresende verschoben werden. Unter diesen Umständen würde der Zinsanstieg nachlassen bzw. eingebremst werden. Der Realzins würde nicht weiter steigen. Der Goldpreisanstieg der letzten Wochen erhielte seine nachträgliche Verifizierung.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen