Kommentar
08:52 Uhr, 22.02.2018

Stressindex beunruhigt! Aber (noch) kein Grund zur Panik

Auch wenn der Markt wieder etwas ruhiger geworden ist, so ganz verdaut ist der Schreck noch nicht. Es wurde viel Porzellan zerschlagen und die Reparatur wird noch eine Zeit lang dauern.

Wie viel Porzellan zerschlagen wurde, kann man gut anhand des St. Louis Fed Stress Index erkennen (folgende Grafik). Der plötzliche Kurseinbruch an den Aktienmärkten hat für einen sprunghaften Anstieg des Index gesorgt. Einige macht das noch immer nervös, denn Stress im Finanzsystem ist niemals gut.

Bevor nun aber der Angstschweiß ausbricht, lohnt ein Blick auf das Big Picture (Grafik 2). Auch in der längeren Historie ist der Anstieg des Stress-Index zu erkennen, doch das Ausmaß relativiert sich deutlich. Noch immer ist der Index auf sehr tiefem Niveau. Auf diesem Level muss man nicht befürchten, dass der kleine Stressausbruch auf die Realwirtschaft übergreift.

Der Realwirtschaft geht es zudem nach wie vor gut. Im Januar ist zwar die Industrieproduktion in den USA gegenüber Dezember gesunken, doch das ist kein Grund zur Sorge. Gegenüber dem Vorjahr liegt die Produktion solide im Plus (Grafik 3). Das dürfte auch weiterhin so bleiben, denn der Dollar-Abwärtstrend unterstützt eine Produktionsausweitung.

Es ist auch relativ normal, dass der Januar ein schwacher Monat für die Wirtschaft ist. Seit Jahren kämpfen die USA immer wieder mit heftigen Kälteeinbrüchen, die die Wirtschaft im ersten Quartal teilweise lahmlegen. Auch Statistiker kämpfen mit den Schwankungen des Wetters. Sie berechnen zwar saisonal bereinigte Daten, doch Wetterkapriolen lassen sich schwer beherrschen, auch statistisch nicht.

Für das erste Quartal erwarte ich keine wirtschaftlichen Luftsprünge. Vermutlich kommt es wie in den Vorjahren, in denen das Wetter für eher maues Wachstum sorgte. Inzwischen erwarten die meisten Analysten ein Wirtschaftswachstum von 2,5-3 % im ersten Quartal. Ich wäre nicht überrascht, wenn es hier zu einer herben Enttäuschung käme.

Eine Wachstumsdelle muss jedoch nicht beunruhigend sein, vor allem dann nicht, wenn sie auf das Wetter zurückzuführen ist. Es gibt hinter den Kulissen durchaus Andeutung von Schwäche. So kühlt sich der Arbeitsmarkt in den USA immer weiter ab. Das dürfte allerdings Ausdruck dessen sein, dass wir uns eher am Ende eines Zyklus befinden.

Wachstum und Beschäftigung steigen nach einer Rezession immer schneller an als nach einem jahrelangen Aufschwung. Unternehmen gehen jedenfalls nicht von einer baldigen Trendwende aus. Sowohl der Einkaufsmanagerindex des Großgewerbes als auch jener für das Kleingewerbe hält sich weit oben. Auch Konsumenten haben nach wie vor ein großes Vertrauen in die Entwicklung.

Der Zyklus ist zwar weit fortgeschritten, doch es gibt keine klaren Signale, dass der Zyklus endet. Dies gilt vor allem für 2018. Die US-Steuerreform und neue Ausgabenprogramme können der Wirtschaft zwischen 0,5 und 1 Prozentpunkt zusätzliches Wachstum verschaffen.

Kurz gesagt: Anleger dürften mit dem Schrecken davongekommen sein. Der Markt ist noch immer hoch bewertet und es gibt gute Gründe, weshalb Aktien auch noch tiefer fallen können, um die doch sehr optimistische Bewertung zu korrigieren. Mittelfristig gibt es jedoch noch keinen Grund einen Bärenmarkt zu erwarten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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