Kommentar
15:18 Uhr, 26.10.2014

Stress für die Märkte nach dem EZB-Bankentest?

Die Stresstestergebnisse sind da. Sie beinhalten wenige Überraschungen. Dennoch könnte es vereinzelt zu Unruhe an den Märkten kommen.

Die EZB hat insgesamt 130 Institute getestet. Diese 130 Institute halten 22 Billionen EUR an Assets. Das sind 81,6% aller von Banken gehaltenen Assets in der Eurozone. Als Ausgangspunkt für den Test hat die EZB einen AQR (Asset Quality Review) durchgeführt. Beim AQR wurde die Qualität der Assets auf ihre Bewertung hin überprüft. Es geht dabei vor allem darum, ob die Assets von den Banken korrekt bewertet wurden. Korrekt steht hier nicht im Sinne von geltenden Buchhaltungsregeln, sondern vielmehr im Sinne einer angemessenen Bewertung von Risikoassets. Ein Kreditportfolio kann zwar z.B. nach den allgemein gültigen Regeln korrekt bewertet sein, das heißt aber nicht, dass die Bewertung im Falle einer Veränderung der Umstände noch Sinn macht. Hat eine Bank ihr Portfolio nach geltenden Regeln bewertet und stellt 10% Reserven für Kreditausfälle, dann mag das zwar rechtlich korrekt sein, ökonomisch muss das aber nicht stimmen. Vielleicht wären eher 12% Reserven anzusetzen.

Im AQR hat die EZB genau solche Bewertungen durchgeführt. Damit kommt sie teils zu anderen Ergebnissen als in den Bilanzen der Banken ausgewiesen. Das ist der Ausgangspunkt des Stresstests. In der Folge wurden die Assets zwei Szenarien unterworfen. Im Basisszenario sollten die Banken nach „Stress“ noch eine CET1 Ratio (Common Equite Tier 1) von 8% haben. Im echten Stressszenario sollte die Tier 1 Eigenkapitalquote noch über 5,5% liegen.

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Insgesamt korrigierte die EZB im AQR die Assets um 47,5 Mrd. EUR. Je nach Land waren die Anpassung sehr unterschiedlich. Der Absolutbetrag der Korrekturen war in Italien mit 12 Mrd. am größten. Relativ gesehen handelt es sich dabei allerdings um lediglich 1% der RWAs (Risk Weighted Assets – risikoadjustierte Bewertung der Vermögenswerte). Nicht wirklich überraschend ist der Prozentsatz in den Krisenländern vergleichsweise hoch. In Griechenland ist die Adjustierung mit über 3,5% besonders hoch. Vergleichsweis gute schneidet Spanien ab. Hier beträgt die Anpassung weniger als 0,5% und nur die Hälfte dessen, was in Deutschland angepasst wurde. Spanische Banken scheinen ihre Hausaufgaben inzwischen gemacht zu haben.

Im eigentlichen Stressszenario sieht die EZB einen Rückgang des Bankenkapitals um 262,7 Mrd. EUR. Die durchschnittliche Bank würde dann noch 8,3% CET1 haben. Je nach Land und Bank sind die Ergebnisse sehr verschieden. Der mittlere Rückgang der CET1 Quote liegt bei 4 Prozentpunkten (Grafik 2). In Griechenland läge der Rückgang bei 10%. Besonders dramatisch ist der Rückgang in Slowenien mit 15%. Das zeigt, dass hier relativ gesehen die größten Risiken lauern.

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Nach Stressszenario und dem Rückgang des Kapitals stellt die EZB eine Kapitallücke von 24,6 Mrd. EUR bei insgesamt 25 Banken fest. 25 Banken erreichen unter dem Stressszenario nicht mehr die geforderte Minimum CET1 Quote. Um diese Quote zu erreichen müssen sie nun knapp 25 Mrd. EUR an zusätzlichem Kapital aufnehmen.

Die Lücke (Shortfall) ist in der dritten Grafik dargestellt. Zyprischen Banken fehlen 2,4 Mrd. EUR, griechischen 8,7 Mrd., portugiesischen 1,1 Mrd., Italienischen 9,7 Mrd. und slowenischen 100 Mio. EUR. In den meisten anderen Ländern ist sowohl der Absolutbetrag als auch der relative Betrag (in Prozent der risikoadjustierten Assets) gering. Die Lage in Zypern und Griechenland sieht ziemlich ernst aus. Hoffnungslos ist sie sicherlich nicht, allerdings stellt sich die Frage, ob Investoren den Banken dieses Kapital wirklich zur Verfügung stellen wollen. Tun sie es nicht, dann müssten die Regierungen einspringen. Zypern und Griechenland haben momentan aber wohl kaum den Spielraum, um Milliarden für die Banken locker zu machen.

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Die Einzelergebnisse

Damit die Sache allerdings nicht zu einfach wird hat die EZB die in 2014 bereits durchgeführten Kapitalerhöhungen in den Ergebnissen oben noch nicht berücksichtigt. Der tatsächliche Shortfall ist geringer und ist für jede einzelne Bank in der Tabelle dargestellt.
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Den höchsten Eurobetrag muss Monte dei Paschi aufbringen. Vom Gesamtshortfall von 9,47 Mrd. entfallen 2,11 Mrd. auf diese Bank. Unter den griechischen Banken schneidet die Eurobank besonders schlecht ab. Im Stressszenario läge die CET1 Quote bei -6,4%. Insgesamt schneiden die griechischen Banken nicht besonders gut ab. Hellenic und National Bank of Greece müssen ebenso wie die Piraeus Bank frisches Kapital aufnehmen. Was mich persönlich positiv überrascht ist das Fehlen der Alpha Bank auf der Liste. Die Aktie der Bank hatte ich vor längerer Zeit vorgestellt und war damals zu dem Schluss gekommen, dass sie ausreichend kapitalisiert ist. Unter den griechischen Banken bleibt sie der Favorit. Aktionäre kommen um eine weitere Kapitalerhöhung herum. Im Stresszenario hat Alpha noch immer eine CET1 Ratio von über 8%. Das ist ziemlich komfortabel, bedenkt man, dass 5,5% das Minimum sind.

Wie die Aktie der Alpha Bank auf die Ergebnisse reagiert ist noch nicht abzusehen. Langfristig sollte die Bank aber der große Gewinner des Stresstests sein. Es stellt sich auch immer mehr heraus, dass Alpha wohl die Bank Griechenlands ist. Während die anderen Banken ihre Risikoassets weiter abbauen bzw. Kapital aufnehmen müssen, kann Alpha zumindest das Geschäft wie gewohnt weiterführen, während die anderen Banken noch einmal die Bilanz verkleinern müssen. Langfristig stärkt das die Einnahmenseite und ist die Basis zukünftiger Gewinne.

Was das Gesamtergebnis anbelangt stellt der Stresstest ein beruhigendes Zeugnis aus – wenn man ihm glaubt. Ob das der Fall ist werden die Märkte in dieser Woche zeigen. Der Shortfall ist mit nicht einmal 10 Mrd. EUR beherrschbar. Es wird allerdings die Frage sein, wie die Banken vor allem in Griechenland und Zypern an Kapital kommen. Die betroffenen Banken müssen jetzt relativ schnell erklären, wie sie die Lücke stopfen wollen. Die Regierungen können dies nur bedingt ohne weitere Unterstützung anderer Länder. Turbulenzen sollte es nach diesem Ergebnis nur punktuell geben und nicht den Gesamtmarkt in Bedrängnis bringen. Immerhin konnte sich der Markt auch schon auf die Resultate vorbereiten. Vor der Veröffentlichung wurde bereits bekannt, dass 25 Banken den Test nicht bestehen würden.

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2 Kommentare

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  • Protheus
    Protheus

    "​Was das Gesamtergebnis anbelangt stellt der Stresstest ein beruhigendes Zeugnis aus – wenn man ihm glaubt."


    Wenn man ihm nicht glaubt bleibt folgende Erkenntnis, außer man ist ein panikbesessener Vollkoffer:


    Die Banken sind heute um vieles besser kapitalisiert als vor der Krise. Sie haben seit Jahren Gewinne zurückbehalten und Kapitalerhöhungen durchgeführt und den Leverage in den Bilanzen deutlich reduziert (auf Kosten des ROI bzw. anderen relevanten Kennzahlen). Erst, wenn die Banken wieder ihrem Geschäft nachgehen dürfen und nicht vor neuen, verstärkten Regulationen fürchten müssen, wird die Wirtschaft wieder an Fahrt aufnehmen.

    Viele haben mittlerweile nämlich vergessen, dass die Banken einen ganz wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum liefern. Das ist ihr Geschäft. Dieses Geschäft birgt, wie alle Geschäfte, Risiken. Alle Risiken wird man nicht wegfiltern können - das ist nicht der Sinn hinter diesen Unternehmen.


    16:23 Uhr, 26.10. 2014
  • strega
    strega

    ​mit Abstand der lesenswerteste beitrag an diesem Wochenende.. Und als sahnehaeubchen eine erstklassige Statistik mit den relevanten Bankdaten.. Tolle Arbeit, machen sie so weiter...

    15:41 Uhr, 26.10. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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