stock3 Techreport: Tesla-Aktie bricht nach Zahlen ein, Netflix-Ergebnisse euphorisieren Investoren, Apple drosselt iPhone 14 Plus-Produktion
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Einen Freudensprung hat die Netflix-Aktie nach der Vorlage der Quartalszahlen am vergangenen Dienstagabend, 18. Oktober gemacht. Der Streaming-Anbieter hat im dritten Quartal 2,41 Mio. zahlende Kunden gewonnen, das lag deutlich über der hauseigenen Prognose und der Schätzung von Analysten von jeweils 1,0 Mio.. Im dritten Quartal 2021 waren es allerdings noch 4,38 Mio., das zeigt wie sehr die derzeit weltweit hohe Inflation und die schwache Konjunktur Netflix doch zusetzt. Darüber haben Investoren aber hinweggesehen. Zudem übertrafen diesmal die Zahlen zu Umsatz, operativem Gewinn und Gewinn je Aktie die Erwartungen. Der Erlös kletterte um 5,9 Prozent auf 7,93 Mrd. Dollar (Analystenschätzung: 7,85 Mrd. Dollar), währungsbereinigt lag das Plus bei 21 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Der Höhenflug des Dollar bedeutet erheblichen Gegenwind für Netflix. Allerdings sank der operative Gewinn um 13 Prozent auf 1,53 Mrd. Dollar, womit die operative Marge auf 19,3 Prozent zurückging. Das lag allerdings fast ausschließlich an Währungseffekten.
Geradezu euphorisiert waren Investoren von der Prognose, dass Netflix im laufenden Quartal 4,5 Mio. neue zahlende Kunden an Land ziehen will. Das übertraf die Schätzungen der Analysten von 3,9 Mio..
Da sahen Anleger darüber hinweg, dass der Konzern noch ein paar schlechte Nachrichten parat hatte. So soll der Umsatz im laufenden Quartal um lediglich 0,9 Prozent auf 7,78 Mrd. Dollar steigen, das lag unter den Schätzungen der Analysten von 7,98 Mrd. Dollar. Co-Vorstandschef Reed Hastings führte das allerdings auf den Gegenwind durch den starken Dollar zurück, währungsbereinigt läge der Zuwachs bei 9 Prozent. Zudem lag der Ausblick für den Gewinn je Aktie mit 0,36 Dollar meilenweit unten den Erwartungen von 1,20 Dollar.
Keine Prognose mehr zur Neukundenzahl
Und dann gab es noch eine schlechte Nachricht, über die die Netflix-Bullen vielleicht einmal nachdenken sollten: Netflix will ab Anfang kommenden Jahres keine Prognosen zur Neukundenzahl mehr abgeben. Der Konzern konzentriere sich mehr auf Umsatz und operativen Gewinn, deshalb sei ein Ausblick zur Neukundenzahl nicht mehr so wichtig. Allerdings will das Unternehmen die tatsächlichen Zahlen bei der Veröffentlichung des Quartalsberichts weiter bekanntgeben, auch wie bislang aufgeschlüsselt nach einzelnen Regionen.
Dass Netflix keine Prognose zur Kundenzahl mehr abgeben will deutet aber für mich darauf hin, dass sie in den nächsten Quartalen ziemlich schwach sein dürfte, nichts anderes würde man im Umfeld einer meiner Meinung nach schnell heraufziehenden weltweiten Rezession erwarten. Zur Erinnerung: Falls der Konzern im vierten Quartal tatsächlich wie geplant 4,5 Mio. neue zahlende User gewinnen könnte, läge das immer noch weit unter dem Niveau des vierten Quartals 2021 von 8,28 Mio..
Vor dem Hintergrund all dieser Faktoren bin ich bei Weitem nicht so euphorisch wie viele Investoren. Zwar hat sich durch die bullische Prognose zur Neukundenzahl für das vierte Quartal die Stimmung für die Aktie stark verbessert. Ob Netflix allerdings 4,5 Mio. erreichen kann, wird sich erst in drei Monaten zeigen. Und selbst wenn der Konzern das schaffen würde, läge das wie geschrieben weit unter dem Niveau des Vorjahresquartals (8,28 Mio.). Das zeigt, dass der Streaming-Anbieter die schwache Weltwirtschaft stark zu spüren bekommt.
Und dass sich das währungsbereinigte Umsatzwachstum von dritten auf das vierte Quartal von 21 auf nurmehr 9 Prozent abschwächen soll, wovon Preiserhöhungen zu letzterem 6 Prozentpunkte beitragen sollen, stimmt mich auch nicht gerade bullisch. Vor dem Hintergrund würde es mich nicht überraschen, wenn die Erholung der Aktie nach dem Kurssprung sehr schnell auslaufen und sie anschließend nach unten drehen sollte. Zumal sie auch mit einem 2023er-KGV von stattlichen 25,4 durch die deutlich steigenden Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zunehmenden Gegenwind bekommt.
Die Zinsen sind auf 4,27 Prozent nach oben geschossen – das ist das höchste Niveau seit Juni 2008, also ein 14-Jahres-Hoch! Umso größer wird der Abwärtsdruck auf hochbewertete Aktien, gerade aus dem Tech-Sektor.
Tesla-Aktie bricht nach Zahlen ein
Im Gegensatz zu Netflix waren Investoren von den am Mittwochabend, 19. Oktober veröffentlichten Ergebnissen von Tesla alles andere als begeistert, woraufhin das Papier nach unten gerauscht ist. Zwar hat der Elektroautobauer den Umsatz im dritten Quartal um 55 Prozent auf 21,45 Mrd. Dollar gesteigert. Das lag allerdings unter den Schätzungen der Analysten von 22,1 Mrd. Dollar. Der Konzern begründete die Lücke mit Währungsbelastungen durch den starken Dollar von 250 Mio. Dollar, sowie Produktions- und Lieferschwierigkeiten. Damit hat Tesla zum ersten Mal seit dem dritten Quartal 2021 auf der Erlösseite enttäuscht.
Der Bruttogewinn im Autogeschäft legte zwar um 42 Prozent auf 5,2 Mrd. Dollar zu. Allerdings sank die Bruttomarge in dem Bereich von 30,5 Prozent auf 27,9 Prozent und lag damit unter den Erwartungen von 28,4 Prozent. Das haben etliche Analysten in ihren Studien bemängelt.
Auf der Analystenkonferenz gab sich Vorstandschef Elon Musk wie gewohnt euphorisch. „Die Nachfrage für das vierte Quartal ist hervorragend und wir erwarten, dass wir jedes Fahrzeug verkaufen werden, das wir produzieren werden, soweit wir in die Zukunft schauen können“, sagte Musk. Dennoch machen sich viele Investoren weiterhin Sorgen, dass die weltweit hohe Inflation und eine mögliche Rezession das Geschäft von Tesla in den nächsten Quartalen deutlich beeinträchtigen könnten.
Zwar will Tesla in den nächsten Jahren die Auslieferungen weiterhin um durchschnittlich 50 Prozent pro Jahr steigern. Allerdings werde der Konzern das Ziel in diesem Jahr wohl nicht erreichen, auch wenn die Produktion diese Marke erreichen werde, sagte Finanzchef Zachary Kirkhorn. Um die Jahresprognose beim Absatz zu schaffen, müsste Tesla im vierten Quartal mindestens knapp 500.000 Fahrzeuge ausliefern.
Nach dem Rekord von 343.830 Fahrzeugen für das dritte Quartal dürfte das kaum zu bewältigen sein, selbst wenn die Produktion in den neuen Werken in Austin, US-Bundesstaat Texas und in Grünheide bei Berlin schnell hochgefahren wird. Oder anders ausgedrückt: Tesla müsste im laufenden Quartal 45,4 Prozent mehr Autos ausliefern als im dritten – das halte ich für illusorisch.
Um die Investoren bei Laune zu halten hat Musk ein Aktienrückkaufprogramm von fünf bis zehn Mrd. Dollar ins Spiel gebracht. Aber auch das konnte Investoren nicht besänftigen. Damit bleibt einmal mehr nur der Blick auf den Börsenwert, der mit 690,1 Mrd. Dollar einfach astronomisch ist. Für mich ist Tesla weiterhin das Paradebeispiel für die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten bei S&P500 und Nasdaq. Wenn die kräftig steigenden Zinsen für zehnjährige US-Anleihen die Indizes in den nächsten Wochen und Monaten deutlich belasten sollten, dann dürfte die Tesla-Aktie die Talfahrt am Gesamtmarkt nach unten anführen.
Apple drosselt iPhone 14 Plus-Produktion
Wenig erfreulich waren auch die Nachrichten zu Apple, die am vergangenen Dienstagabend wenige Stunden vor der Präsentation der Netflix-Zahlen gekommen waren und die Sorge vor einer Schwäche der Weltwirtschaft geschürt haben. Laut einem Bericht des US-Mediendienstes „The Information“, der sich auf den Tech-Sektor spezialisiert hat, hat Apple die Herstellung des iPhone 14 Plus nur zwei Wochen nach dessen Verkaufsstart gedrosselt.
Der Konzern habe mindestens einem chinesischen Zulieferer gesagt, dass er die Produktion von Komponenten für das Smartphone, das preiswerter ist als die iPhone 14 Pro-Modelle, einstellen solle. Zwei andere Zulieferer aus dem Land würden ihre Produktion drastisch kürzen. Trotz der schlechten Nachrichten könnte die Apple-Aktie meiner Meinung nach allerdings kurzfristig seitwärts tendieren, ehe der Konzern am kommenden Donnerstagabend, 27. Oktober die Quartalszahlen vorlegen wird. Denn nach dem kräftigen Kursrutsch der vergangenen Monate könnten sich Investoren bei der Positionierung erst einmal zurückhalten.
In der nächsten Woche nimmt die Quartalssaison bei den US-Techs richtig Fahrt auf.
Am Dienstagabend, 25. Oktober legt Alphabet die Ergebnisse vor.
Am Mittwoch, 26. Oktober zieht Meta Platforms nach.
Am Donnerstagabend, 27. Oktober stehen dann Apple und Amazon ganz oben auf der Agenda der Investoren.
Ich hoffe, dass die Zahlen der Tech-Firmen gut ausfallen und auch die Ausblicke überzeugen. Ansonsten könnte nach der zwischenzeitlichen Kurserholung der Abwärtsdruck auf die Aktien wieder rasant zunehmen.
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