Kommentar
12:27 Uhr, 02.06.2004

Steigendes Vertrauen gibt US-Aktien Auftrieb

In der letzten Woche erzielten die US-Aktienmärkte den höchsten Wochengewinn seit zwei Monaten, was der zunehmenden Zuversicht der Anleger zu verdanken war, dass die robuste Wirtschaft den steigenden Zinsen und dem hohen Ölpreis die Stirn bieten kann. Leicht angehoben auf eine Jahresrate von 4,4% wurde das BIP des ersten Quartals, während die Umfrage unter Einkaufsmanagern aus Chicago für Überraschung sorgte: Dank steigender Aufträge und gezahlter Preise machte die Umfrage im Mai einen deutlichen Sprung nach oben. Angeführt wurde der Anstieg an den Aktienmärkten von Grundstoff- und Technologiewerten, während die Branchen Gesundheit, Lebensmittel und Tabak das Schlusslicht im S&P500-Index bildeten. Im April hat sich zudem die Teuerung im Vergleich zum März verlangsamt. Das geht aus dem von US-Notenbankchef Alan Greenspan als Maßstab für den Preisauftrieb bevorzugten Kerndeflator der privaten Verbraucherausgaben vom April hervor, was wiederum die Angst vor zu aggressiven Zinserhöhungen zerstreut.

Der Wiederanstieg der globalen Zykliker von ihrem Tief verhalf in der letzten Woche auch dem japanischen Aktienmarkt zu einem Plus. Im Mai verharrte die Shoko Chukin-Umfrage zum Vertrauen von kleinen Unternehmen den dritten Monat in Folge im "expansiven" Bereich, während die Kernverbraucherpreise in Tokio auf der Stelle traten. Im April sanken die Einzelhandelsumsätze um 1% und damit stärker als erwartet, die Ausgaben der Arbeitnehmerhaushalte stiegen jedoch sprunghaft um 9,3%. Das war drei Mal soviel wie von Analysten erwartet. Im April wurde die Industrieproduktion um 3,3% ausgeweitet und blieb damit etwas hinter den Prognosen zurück.

Angeführt von Deutschland und Spanien (beide +1,8%) beendeten die europäischen Aktienmärkte die letzte Woche im Plus. Einen Wiederanstieg erzielten Auto- und Technologiewerte, da Anleger die jüngste Verkaufswelle bei Zyklikern offenbar für übertrieben hielten. In etwa den Konsenserwartungen entsprach der Ifo-Geschäftsklimaindex in Deutschland, der etwas hinter den Aprilzahlen zurückblieb. In Frankreich stockten die Verbraucher ihre Ausgaben im April um 1,5% auf und damit deutlich mehr als prognostiziert (0,4%). Zudem lagen die vorläufigen Zahlen zu den deutschen Verbraucherpreisen im Mai leicht über den Erwartungen.

In der Region Asien-Pazifik sorgten die guten Konjunkturzahlen für Beruhigung bei den Anlegern, die befürchtet hatten, der hohe Ölpreis werde die Wirtschaft ausbremsen. Im April stieg die Industrieproduktion in Südkorea (Kospi +4%) nach dem Rückgang im März um 1,1%, gleichzeitig verdoppelte die Regierung ihre Prognosen zum diesjährigen Handelsüberschuss und Exportwachstum. Auch in Singapur (Straits Times Index +0,5%) kehrte die Industrieproduktion in den positiven Bereich zurück und schoss im April um 20% nach oben. Angeführt von Staatsunternehmen ging es in Indien die dritte Woche in Folge für den Sensex-Index (-2,5%) abwärts. Der Grund ist die Haltung der neuen Regierung zur Privatisierung, die ab sofort auf die "chronisch kranken Unternehmen" beschränkt werden soll.

In Lateinamerika verbesserte sich Brasilien um 8% (+11% basierend auf US-Dollar), beflügelt durch ein höher als erwartetes BIP-Wachstum, und Argentinien um 5%. Zu verdanken war der Anstieg hier dem für nächste Woche erwarteten Angebot der Regierung an Inhaber notleidender Staatsanleihen.

In Osteuropa verloren russische Aktien 7%. Dem war der Kursrutsch von Yukos um 20% vorausgegangen, ausgelöst durch die zunehmende Angst vor einem Konkurs des Ölgiganten.

Die zweite Woche in Folge erzielten US-Treasuries eine Rallye an den Staatsanleihemärkten, nachdem die Bedenken hinsichtlich der Inflation und einer US-Zinserhöhung nachließen. Japanische Staatsanleihen gaben wegen des starken Aktienmarktes und des positiven Konjunkturausblicks nach.

An den Devisenmärkten musste der US-Dollar die zweite Woche in Folge Federn lassen, denn die Finanzierung des US-Leistungsbilanzdefizits rückte erneut in den Mittelpunkt des Interesses. Ermutigende Konjunkturdaten gaben dem Yen Auftrieb.

Vom jüngsten Hoch sank der Rohölpreis an den Rohstoffmärkten um 5%, nachdem der Präsident der OPEC eine Erhöhung der Förderquoten anlässlich des am Mittwoch, dem 2. Juni, in Beirut stattfindenden OPEC-Treffens in Aussicht stellte. Heute kehrte der Ölpreis jedoch auf seinen Höchststand zurück, nachdem am Wochenende 22 ausländische Ölarbeiter bei einem Terroranschlag in Saudi-Arabien getötet worden waren.

Ölpreis bleibt im Mittelpunkt, Vertrauen aber zentrale Determinante

Auch weiter steht der Ölpreis im Rampenlicht. Zwar wird der aktuell hohe Ölpreis zweifellos eine Verlangsamung des weltweiten Wachstums in den kommenden zwölf Monaten nach sich ziehen. Unser Konjunkturleitindikator bleibt aber fest im positiven Bereich verankert, was den weltweit äußerst niedrigen Zinsen und der steigenden Geldmenge zu verdanken ist. In vorangegangenen Zyklen war meist ein drastischer Einbruch beim Vertrauen und nicht etwa die direkten Auswirkungen höherer Ölpreise dafür verantwortlich, dass die Wirtschaft den Wachstumspfad verließ. Bislang bleibt das Vertrauen der Wirtschaft in den USA und Asien hoch und steigt auch in Europa trotz des hohen Ölpreises endlich an. Das lässt vermuten, dass wir uns aus der Erholungs- in die Expansionsphase des Konjunkturzyklus bewegen und nicht etwa zu einer globalen Rezession zurückkehren.

Quelle: Merrill Lynch Investment Managers (MLIM)

Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.

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