Kommentar
13:27 Uhr, 10.03.2021

Steigende Zinsen = fallende Technologieaktien: Gilt das immer?

Technologieaktien fielen in den letzten Wochen, weil die Zinsen stiegen. Ist das eine Regel, auf die man sich auch beim nächsten Mal verlassen kann?

Die letzten Tage halten für Anleger eine spannende und wichtige Lektion bereit. Seit einem Monat stehen vor allem Technologiewerte auf der Abschussliste von Anlegern. Der Nasdaq Composite verlor 10 % und ein ETF, der ARK Innovation ETF, der für seine große Tesla-Position bekannt ist, verlor 25 % bevor es am Dienstag eine kräftige Gegenbewegung nach oben gab. Für die Verkäufe gibt es auch eine gute Erklärung. In den meisten Technologieindizes und ETFs tummeln sich viele junge Unternehmen, die noch nicht viel Umsatz und Gewinn schreiben. Man findet auch Firmen, die noch gar keinen Umsatz schreiben. Diese Firmen investieren in Produktentwicklung und hoffen, dass sie irgendwann mit dem Produkt auf den Markt können und dann Geld verdienen. Ein Großteil der Cashflows dieser Unternehmen wird nicht heute generiert, sondern irgendwann in der fernen Zukunft. Da die Zinsen zuletzt gestiegen sind, müssen zukünftige Cashflows mit einem höheren Abzinsungsfaktor betrachtet werden. Der heutige Wert der zukünftigen Cashflows ist mit höheren Zinsen weniger wert als bei niedrigen Zinsen...

Die Erklärung dafür, dass Technologiewerte in einer Korrektur steckten, ist das Zinsumfeld. Das ist gut zu wissen. Es bedeutet im Umkehrschluss, dass fallende Zinsen dem Sektor helfen und Zinsen verändern sich über die Jahre ja immer wieder. Wenn man das weiß, kann man beim nächsten Mal reagieren und Korrekturen umgehen. Aber können sich Anleger darauf verlassen, dass es beim nächsten Mal wieder so sein wird?

Kurz gesagt: Nein. Die Grafik zeigt vier Perioden in den letzten drei Jahrzehnten, in denen die Zinsen ebenfalls innerhalb kurzer Zeit stark stiegen. Gezeigt wird ebenfalls wie sich Technologie-, Versorger- und Value-Aktien verhalten haben. Technologiewerte fielen 1994 und 2021. 2003 und 2013 stiegen sie mit den Zinsen.


Die Aktien von Versorgern scheinen bei steigenden Zinsen immer zu fallen. Value hingegen scheint sich gut zu halten oder anzusteigen. Wieso verhalten sich diese Sektoren nicht immer gleich? Haben Zinsveränderungen nicht immer den gleichen Effekt?

Anleger können sich leider nicht auf eine einfache Formel (z.B. Zinsen steigen, also fallen Technologiewerte) verlassen. Die einzige Ausnahme sind Sektoren, die Ähnlichkeiten zu Anleihen haben. Dazu gehören Versorger und Telekomaktien. Beide bieten kaum Wachstum. Der Wert liegt in der Dividende und praktisch nur dort. Steigende Zinsen bedeuten, dass Anleihen eine Alternative sind und machen diese Aktien unattraktiver.

Solange Versorger nicht plötzlich ein neues Geheimrezept für hohes Wachstum erfinden, wird das auch so bleiben. Immerhin darauf können sich Anleger verlassen. Bei anderen Sektoren kommt es auf die Umstände an.

Der Markt befand sich vor dem Jahr 2003 in einem zweijährigen Bärenmarkt. Nach dem Platzen der Technologieblase waren die Unternehmen schlichtweg so billig, dass Zinsveränderungen keine Rolle spielten. Ähnlich war es auch noch 2013. Zudem fielen viele Firmen, die keinen Umsatz hatten, aus den Indizes heraus. Das Platzen der Technologieblase überlebten die schwachen Firmen nicht. Die Spreu hatte sich vom Weizen getrennt.

Value Aktien kommen mit Zinssteigerungen gut zurecht. Diese Werte wachsen konsistent und sind tief bewertet. Value Aktien machten zwischen 2000 und 2002 allerdings im Vergleich zu Technologiewerten einen sehr milden Bärenmarkt durch. Sie waren anfälliger.

Anleger können sich leider nicht auf einfache Faustformeln verlassen. Es kommt auf die Umstände an. Wer jedes Mal die gleiche Formel anwendet (steigende Zinsen = fallende Technologieaktien) wird nur zufällig richtig liegen. Es führt kein Weg daran vorbei, auch die Umstände zu berücksichtigen. Diese sind mindestens ebenso relevant wie die Faustformel.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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