SPD-Generalsekretär Miersch: Bundestagswahl ist Richtungsentscheidung
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Der kommissarische SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sieht in der kommenden Bundestagswahl eine "Richtungsentscheidung" und hat sich hinter Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD gestellt. Scholz werde sich auf ihn zu 100 Prozent verlassen können, aber er werde "nicht bequem und ein einfacherer Ja-Sager" sein, so Miersch. Für ihn sei ein starker Staat wichtig, der die Daseinsfürsorge der Bürger ins Zentrum stellt und ihnen bei der Transformation finanziell hilft. Die Schuldenbremse müsse reformiert werden. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte, die kommende Bundestagswahl werde sich auf die Themen Wirtschafts- und Industriepolitik fokussieren.
Miersch erklärte in Berlin, dass soziale Themen und die staatliche Unterstützung bei der Transformation zur Klimaneutralität bei ihm im Fokus stünden.
"Das ist kein Öko-Stalinismus, um vielleicht einige Vorwürfe gleich anzusprechen, sondern es ist eine Form von staatlicher Daseinsvorsorge, die der Einzelnen, dem Einzelnen ermöglicht, diesen Umstieg, diese Transformation zu bewältigen", sagte er auf einer Pressekonferenz in Berlin, wo er von SPD-Chef Klingbeil und der Co-Vorsitzenden Saskia Esken in seinem neuen Amt vorgestellt wurde. "Das wird ohne einen starken und handlungsfähigen Staat nicht gehen."
Der Niedersachse Miersch übernimmt das Amt aufgrund des krankheitsbedingten Rückzugs von Kevin Kühnert am Vortag. Der studierte Jurist Miersch ist seit 2005 Abgeordneter im Bundestag und vertritt den Wahlkreis Hannover-Land. Als stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender ist er zuständig für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Er wird dem linken Flügel der Partei zugerechnet.
Vier Prioritäten
Miersch stellte vier Prioritäten seines politischen Handelns vor. Erstens sei für ihn die SPD eine Partei, die gegen Polarisierung, Populismus und Rechtsextremismus stehe. Zweitens müsse für die SPD Ökologie, wirtschaftliche Vernunft und sozialer Zusammenhalt zusammen gedacht werden. "Wer heute Wirtschaftspolitik ohne Ökologie denkt, der macht keine gute Wirtschaftspolitik. Wer Ökologie ohne Wirtschaftspolitik denkt, macht keine gute ökologische Politik. Und wer den sozialen Zusammenhalt außer Acht lässt, der macht nichts Zukunftsfähiges, sondern riskiert den Zusammenhalt dieser Gesellschaft", so Miersch.
Drittens verkörpere die CDU vom Parteivorsitzenden Friedrich Merz alles, wofür er nicht stehe, wie etwa, dass man mehr Respekt für Besserverdienende brauche. Die Gestaltung von Politik gelte gerade denjenigen, die nicht besser gestellt seien und das Land zusammenhielten, so Miersch.
Viertens brauche Deutschland einen starken, handlungsfähigen Staat, wenn man die Infrastruktur der Zukunft gestalten wolle. Der Staat müsse Zukunft und Zusammenhalt finanzieren. "Auch das ist augenblicklich in Gefahr", sagte Miersch.
Mit Blick auf die Industriepolitik räumte Miersch ein, dass er und Scholz beim Thema Industriestrompreis in der Vergangenheit unterschiedlicher Meinung gewesen seien. Miersch hatte ihn gefordert, während Scholz kritisch war. Dies habe der Bundeskanzler aber vergangene Woche relativiert mit seinen Aussagen zu Übertragungsnetzentgelten. Hier habe Scholz sich in Richtung Industriestrompreis bewegt, so Miersch. Für den SPD-Generalsekretär ist eine Absenkung und Stabilisierung der Netzentgelte für die Wirtschaft wichtig. Denn diese führten bisher trotz gesunkener Erzeugungskosten zu immer höheren Stromkosten. Dem müsse entscheidend Einhalt geboten werden, so Miersch.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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