Kommentar
15:05 Uhr, 01.10.2012

Spanien auf einem guten Weg? Von wegen!

Spanien gerät immer tiefer in den Schuldensumpf. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Regierung in Madrid Antrag auf internationale Hilfen stellen muss. Ähnlich wie in Griechenland, zeigt sich nun auch in Spanien immer mehr, dass die drakonischen Sparmaßnahmen die Wirtschaft abwürgen und die Situation noch weiter verschlimmern. Das Defizitziel für das laufende Jahr wurde nun bereits zum dritten Mal angepasst. Finanzminister Cristóbal Montoro räumte bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2013 ein, dass die Neuverschuldung 2012 voraussichtlich bei 7,4 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen werde. Gegenüber der Europäischen Union hatte sich Spanien zuletzt dazu verpflichtet, die Neuverschuldung auf 6,3 Prozent zu senken.

Ursprünglich sollte das Defizit in diesem Jahr deutlich niedriger ausfallen. Anfang des Jahres hatte das Land mit der EU eine Neuverschuldung von höchstens 4,4 Prozent vereinbart. Anfang März hatte Ministerpräsident Mariano Rajoy erstmals angekündigt, dass dies nicht zu halten sei und man nun von einem Defizit von 5,3 Prozent ausgeht. Begründet wurde dies mit der schlechter als erwarteten Entwicklung der Konjunktur. Ursprünglich rechnete die Regierung im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent - das Land kommt jedoch nicht aus der Rezession.

Nur vier Monate später waren diese Zahlen schon wieder obsolet und die Finanzminister der Eurozone haben erneut nachgegeben. Das Defizitziel für 2012 wurde im Juli auf 6,3 Prozent angehoben. Und nun ist auch diese Zahl schon wieder Makulatur.

An dieser Entwicklung kann man deutlich erkennen, dass die Situation in Spanien deutlich prekärer ist, als uns das die führenden Politiker weismachen wollen. Über kurz oder lang wird Spanien das neue Griechenland. Was selbst für Laien offen zu Tage tritt, ist unserem Finanzminister Wolfang Schäuble offenbar noch nicht so ganz klar. Mehrmals betonte er in den letzten Wochen, dass Spanien auf einem guten Weg sei und kein europäisches Hilfsprogramm benötige, um finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Zuletzt wiederholte er diese Aussage vor gut einer Woche. Martin Kotthaus, Sprecher des Bundesfinanzministeriums, betonte sogar heute noch, dass es in Spanien positive Entwicklungen gebe und der eingeschlagene Weg der richtige sei. Diese Aussage aus dem Bundesfinanzministerium kann man getrost als realitätsfern bezeichnen. Es war übrigens auch Schäuble, der in der Vergangenheit immer wieder betonte, dass Griechenland auf gutem Weg sei und große Fortschritte mache. Wie viel Wahrheitsgehalt in diesen Aussagen steckt ist offenkundig.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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