Kommentar
17:00 Uhr, 17.09.2021

Spätestens jetzt macht Quantitative Easing (QE) keinen Sinn mehr

Die Geldpolitik kann man aus vielen Gründen kritisieren. Das bisher stichhaltigste Argument: QE macht Staatsschulden teurer.

Auf den ersten Blick erscheint es unmöglich, dass Anleihekaufprogramme der Notenbank die Kosten für die Staatsschulden erhöhen. Genauso ist es aber und es geschieht dann, wenn es die Notenbank übertreibt und zu viel Geld gedruckt hat. Es ist nicht das erste Mal, dass dies geschieht und es ist eine gewisse Fehlkonstruktion der QE-Programme. Die Notenbank kauft Anleihen jeglicher Laufzeit, von wenigen Wochen bis hin zu Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Die Anleihen werden mit neu geschaffenem Geld gekauft. Wäre dieses Geld kostenlos, wäre alles gut. Das ist es jedoch nicht. Wenn Notenbanken Anleihen von Geschäftsbanken kaufen, erhalten diese das Zentralbankgeld. In den Bankbilanzen scheint dies als Reserven auf. Mit diesen Reserven können Banken nicht viel tun, außer es wieder bei der Zentralbank parken. Dafür erhalten sie einen Zinssatz. Dieser liegt derzeit bei 0,15 %.

Dieser Zinssatz ist damit höher als die Zinsen, die der Staat für Anleihen mit einer Laufzeit bis knapp 2 Jahre zahlen muss (Grafik 1). Anstatt die Notenbank Anleihen mit kurzer Laufzeit kaufen zu lassen, wäre es billiger, sich das Geld bei Investoren zu beschaffen.

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Die Rechnung geht insgesamt für den Staat noch auf, weil die Notenbank auch Anleihen mit längeren Laufzeiten aufkauft. Hier liegen die Renditen bei 1-2 %. Das ist höher als die 0,15 %, die die Fed den Banken zahlen muss. Die Zinsdifferenz zwischen dem, was die Fed den Geschäftsbanken zahlen muss und was sie an Zinsen auf Anleihen erhält, ist der Zinsgewinn.

Dieser Gewinn wird jedes Jahr an den Staat überwiesen. Im vergangenen Jahr waren das 88,5 Mrd. Dollar und in diesem Jahr dürften es mehr als 100 Mrd. werden. Es scheint so, als wäre es ein gutes Geschäft für den Staat. Das kann so sein, muss aber nicht.

Steigt der Leitzins, steigt auch der Zins, den die Fed den Banken zahlen muss. Zuletzt lag die Rendite für 10-jährige Anleihen bei 1,3 %. Kauft die Fed heute eine solche Anleihe, kann sie 1,3 % für 10 Jahre an Zinseinnahmen erwarten. Steigt nun aber der Leitzins und liegt über diesen 1,3 %, muss die Fed Banken mehr zahlen als sie durch den Anleihebestand an Zinsen erhält. Dann ist es ein Verlustgeschäft für die Fed und damit auch den Staat, dem die Notenbank letztlich gehört.

Das ist das klassische Risiko der Fristentransformation wie man es von Geschäftsbanken kennt. Sie leihen sich kurzfristig Geld, um es langfristig zu verleihen. Steigt der kurzfristige Zins über den Zins für die langlaufenden Kredite z.B. für den Immobilienkauf, sinkt die Zinsmarge oder wird gar negativ. Genau das gleiche kann auf die Fed zutreffen.

Schon jetzt ist QE für Anleihen mit kurzer Laufzeit kein gutes Geschäft mehr. Der Staat (über die Notenbank) zahlt drauf. Bis vor kurzem finanzierte der Staat die Mehrausgaben durch Anleihen mit kurzer Laufzeit. Die durchschnittliche Laufzeit sank zu Beginn der Krise deutlich (Grafik 2).

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Inzwischen normalisiert sich die Durchschnittslaufzeit wieder. Das verringert das Risiko ein wenig. QE ist derzeit dennoch ineffizient und für die Staatsfinanzen riskant. Die Langfristzinsen sind sehr niedrig und werden bei der Notenbank durch QE eingeloggt. Diese Zinsen sind niedriger als die zu erwartende Inflation und damit auch dem mittelfristig zu erwartenden Leitzins.

So lukrativ QE wirkt und der Staat auf den ersten Blick Geld geschenkt bekommt, so ist es nicht. Beim letzten QE-Programm konnte die Fed Anleihen zu höheren Renditen erwerben. Das reduzierte das Risiko der Fristentransformation. Aktuell ist das Gegenteil der Fall. Das kann schon in wenigen Jahren zu bösen Überraschungen führen. Alchemie gibt es auch in der Geldpolitik nicht. Die Rechnung muss früher oder später bezahlt werden.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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