Sorgen über die internationale Sicherheit
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USA: An der US-Börse begann die Woche mit Kursverlusten. Die Marktteilnehmer fürchteten negative Auswirkungen geopolitischer Unsicherheiten auf das Verbrauchervertrauen und den Konsum. Später erholten sich die Kurse jedoch, nachdem sich bei den Unternehmensgewinnen erfreuliche Tendenzen abzeichneten und der Eindruck entstand, dass der Markt kurzfristig überverkauft war.
Im Wochenverlauf wurden in den USA verschiedene Konjunkturdaten veröffentlicht. Dazu zählten die Bestellungen langlebiger Güter und die Verkaufszahlen bei neuen Eigenheimen. Beide legten im Februar zu, was einen Anstieg der Industrieproduktion und eine Belebung der Baukonjunktur signalisiert.
Das US-Handelsministerium meldete für das Schlussquartal 2003 ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Weiter berichtete das Ministerium über einen starken Anstieg der Unternehmensgewinne in den drei Monaten.
Weniger erfreulich verlief die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Zwar sank die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren, aber laut einer Umfrage unter Wall-Street- und Unternehmensvolkswirten ist das langsame Tempo der Entstehung neuer Arbeitsplätze neben dem hohen Haushaltsdefizit das größte Problem, vor dem die US-Wirtschaft steht.
Goldman Sachs meldete für das erste Quartal seines Geschäftsjahrs einen Gewinnanstieg um 95 Prozent. Rekordgewinne im Aktien-, Anleihen- und Rohstoffhandel trugen zu dem guten Ergebnis bei.
Die EU-Wettbewerbshüter haben gegen Microsoft eine Geldstrafe in Rekordhöhe verhängt. Der Software-Konzern soll zudem geheime Programmteile gegenüber Konkurrenten offen legen sowie eine Windows-Version ohne den Media-Player anbieten. Nach Auffassung der EU hat Microsoft sein Windows-Betriebssystem in wettbewerbswidriger Weise dazu genutzt, rivalisierende Anbieter von Server-Software und Medienabspielprogrammen zu behindern. Das Unternehmen will gegen die Entscheidung Berufung einlegen.
Die Kurse von US-Staatsanleihen stiegen zu Wochenbeginn, als die Anleger vor dem Hintergrund des geopolitischen Geschehens begannen, die Konjunkturentwicklung pessimistischer zu beurteilen. Als Washington im Wochenverlauf mit neuen Emissionen auf den Markt kam, gaben die Treasurys jedoch wieder nach.
Europa: Die Performance der europäischen Aktienmärkte wurde von neuen Sorgen über die internationale Sicherheit beeinflusst. Am Montag kam es nach der Tötung des palästinensischen Hamasführers Scheich Jassin durch Israel zu Kurseinbrüchen, und die Aktienindizes Dow Jones Stoxx 50, Stoxx 600 und Euro Stoxx 50 fielen auf Jahrestiefstände. In Italien sank das Verbrauchervertrauen beinahe auf ein 10-Jahrestief. Die Terroranschläge von Madrid belasteten die Stimmung stärker als die Anschläge vom 11. September in den USA, und am Mittwoch fielen die Aktienkurse, angeführt von ING Groep, nach einer neuen Warnung aus den USA vor der Gefahr weltweiter Anschläge.
In Deutschland enttäuscht die Konjunkturentwicklung Ökonomen, Anleger und Wirtschaftsmanager schon seit vier Jahren. Unter der schwachen Dynamik leidet auch das Wirtschaftswachstum im Euroraum, dem zwölf Staaten angehören. Ursache sind die gleichen Faktoren, die schon in den letzten zehn Jahren das Wachstum gebremst haben: die höchsten Arbeitskosten in der EU, steigende Arbeitslosenzahlen und die mangelnde Bereitschaft der Verbraucher, mehr Geld auszugeben.
Vor diesem Hintergrund erklärte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, die Europäische Zentralbank werde ihre Wachstumsprognose senken, falls eine Belebung des privaten Konsums ausbleibe. Er nährte damit Spekulationen über eine mögliche Herabsetzung der Zinsen. Nach den Äußerungen Trichets und seines EZB-Ratskollegen Guy Quaden verzeichnete der Euro die stärkste Abschwächung gegenüber dem Dollar seit drei Wochen, und die Kurse von Zinsfutures zogen kräftig an.
Am Dienstag herrschte an den europäischen Börsen eine festere Tendenz. Zulegen konnten insbesondere Titel der Chipindustrie wie ASML, nachdem Advanced Micro Devices für das zweite Halbjahr 2004 eine höhere Chipnachfrage prophezeit hatte. Einen positiven Impuls gab auch die drittgrößte Investmentbank der Welt, Goldman Sachs, deren Zahlen für das erste Quartal über den Erwartungen lagen. Am Donnerstag meldete der zweitgrößte Rückversicherer der Welt, Schweizer Rück, sein erstes positives Jahresergebnis seit 2000. Für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen eine weitere Verbesserung der Geschäftsentwicklung und verwies zur Begründung auf die gestiegenen Prämien im Sach- und Haftpflichtversicherungsbereich. Die Anhebung der Ertragsprognosen für Bergbauunternehmen wie BHP Billiton durch Goldman Sachs gab den Kursen europäischer Rohstoffaktien Auftrieb.
Der Schweizer Arzneimittelhersteller Novartis, der eine Offerte für den französischen Konkurrenten Aventis in Erwägung zieht, will nach eigenen Angaben nicht in Verhandlungen eintreten, falls die französische Regierung ihre Einwände gegen einen ausländischen Bieter nicht aufgibt. Aventis wehrt sich gegen ein feindliches Übernahmeangebot seines Pariser Rivalen Sanofi-Synthelabo im Wert von 46 Mrd. Euro und prüft derzeit die Position von Novartis. Laut einer Mitteilung von Aventis wurden bisher keine offiziellen Verhandlungen aufgenommen.
Die Kurse zweijähriger europäischer Anleihen stiegen auf Grund von Spekulationen, die EZB werde ihren Leitzins senken, um die Konjunktur anzukurbeln.
Großbritannien: Trotz erfreulicher Unternehmensnachrichten verzeichnete der britische Aktienmarkt zum dritten Mal in Folge ein negatives Wochenergebnis.
Die britische Wirtschaft wuchs 2003 um 2,2 Prozent - 0,1 Prozentpunkte weniger als von der Regierung vorhergesagt. Grund dafür waren niedrigere Ausgaben der privaten Haushalte.
Der weltweit größte Sanitär- und Bauzulieferer Wolseley meldete für die erste Hälfte seines Geschäftsjahrs einen Gewinnanstieg von 20 Prozent. Die Umsätze des Unternehmens in Großbritannien und den USA profitierten von hohen Ausgaben für Eigenheimbauten und Renovierungen.
Independent News & Media konnte den Gewinn nach eigenen Angaben im zweiten Halbjahr steigern. Der irische Verlag trennte sich von seiner Londoner Zeitungssparte und senkte erfolgreich die Kosten, unter anderem durch Stellenabbau. Außerdem verkaufte das Unternehmen Aktien und Beteiligungen, um seine Schulden zu verringern.
Die drittgrößte britische Bekleidungskette Next hat ihren Gewinn im zweiten Halbjahr laut einer Mitteilung um 24 Prozent erhöht. Das Unternehmen profitierte von der Eröffnung größerer Filialen und einer Sortimentsausweitung.
Royal Dutch/Shell, der zweitgrößte britische Ölkonzern, unterzeichnete ein Abkommen mit Libyen über die Öl- und Gasförderung. Durch den 200-Millionen-Dollar-Vertrag erhält Shell Zugang zu neuen Förderreserven. Zuvor hatte Shell Anfang des Jahres seine Reserven zweimal nach unten korrigieren müssen, mit erheblichen negativen Folgen für das Unternehmen.
Großbritannien wird in diesem Jahr verstärkt Anleihen mit Laufzeiten von 15 Jahren und mehr begeben. Das Finanzministerium nutzt auf diese Weise eine Anomalie am Treasury-Markt, die darin besteht, dass die Renditen bei langen Laufzeiten niedriger sind als bei kurzen.
Japan: Der japanische Aktienmarkt reagierte in der zweiten Wochenhälfte mit starken Kursgewinnen auf ermutigende Konjunkturnachrichten. Der Nikkei-225-Index kletterte auf den höchsten Stand seit Juni 2002.
Die Ausgaben der privaten Haushalte stiegen im Februar um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dieser Zuwachs, der größte seit 1982, übertraf die Erwartungen der Ökonomen. Die Einzelhandelsumsätze erhöhten sich um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Durch das Anziehen der Inlandsnachfrage trat auch das hartnäckige Deflationsproblem etwas in den Hintergrund.
Ermutigende Nachrichten kamen auch von den japanischen Autobauern. Laut einem Bericht des Branchenverbands steigerten sie ihre Inlandsproduktion im Februar um 1,3 Prozent. Auch im Ausland wurde mehr produziert, besonders bei Nissan und Toyota.
Japans Außenhandelsüberschuss wuchs im Februar um 14,6 Prozent. Die Exporte erreichten den dritthöchsten Stand, der je gemessen wurde. Überdies verzeichnete Japan zum ersten Mal seit fast zehn Jahren einen positiven Saldo im Handel mit China. Technologienahe Exportwerte wie Kyocera legten daraufhin zu.
Der Yen gewann im Wochenverlauf gegenüber dem Dollar an Wert und kletterte auf den höchsten Stand seit fünf Monaten. Zusätzlichen Rückenwind erhielt die japanische Währung durch die Entscheidung von S&P, die Aussichten für die Entwicklung von Japans Schuldnerbonität von "negativ" auf "stabil" heraufzustufen.
Südostasien: Alle größeren Aktienmärkte der Region verzeichneten Einbußen. Hintergrund war die ungewisse politische Situation in Taiwan, die andere Themen überschattete.
Nach heftigem Streit über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen kam es an Taiwans Börse zu Kurseinbrüchen. Anhänger der oppositionellen Nationalpartei forderten eine Neuauszählung der Stimmen, nachdem die regierende Demokratische Fortschrittspartei die Wahlen mit einem Vorsprung von weniger als 30.000 Stimmen gewonnen hatte. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen 337.297 für ungültig erklärte Stimmen sowie Vorwürfe, Präsident Chen Shui-bian habe wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale einen Attentatsversuch gegen sich selbst inszeniert, um geschätzte 500.000 zusätzliche Sympathiestimmen zu gewinnen. Der Weighted Index verzeichnete den größten Tagesverlust seit acht Jahren und büßte im Wochenverlauf 10 Prozent ein.
In Singapur stieg die Industrieproduktion im Februar nach Angaben des staatlichen Economic Development Board (EDB) um 38,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit erhöhte sich der Output im neunten Monat in Folge. Besonders stark war das Wachstum bei biomedizinischen Erzeugnissen und elektronischen Komponenten.
Das größte asiatische Ölförderunternehmen PetroChina meldete für das zweite Halbjahr einen Gewinnanstieg um 12 Prozent. Als Grund wurde die rasante Zunahme der Energienachfrage in China genannt. Die Volksrepublik hat 2003 Japan als zweitgrößten Ölverbraucher der Welt abgelöst.
Lateinamerika: Chiles Wirtschaft wuchs im vierten Quartal um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Exporte stiegen und das extrem niedrige Zinsniveau veranlasste Verbraucher und Unternehmen, ihre Ausgaben kräftig zu erhöhen.
Mexikos Exporte wuchsen im Februar um 8,8 Prozent (Vorjahresvergleich). Die Erholung der Industrieproduktion in den USA stärkte die Nachfrage nach mexikanischen Erzeugnissen.
Grupo Televisa, Mexikos größter Fernsehsender, plant nach eigenen Angaben die Auflösung der Holdinggesellschaft. Die Aktionäre sollen Aktien von Televisa erhalten.
AUSBLICK:
Angesichts der ungewissen geopolitischen Lage dürften die Anleger auf der Hut bleiben.
Quelle: Fidelity
Die US-Investmentgesellschaft Fidelity wurde 1946 gegründet und ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 1.000 Mrd. US-Dollar das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 31.595 Mitarbeiter und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung.
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