Sojabohnen: Nur eine Frage von Angebot & Nachfrage? Ist die Rallye zu Ende?
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Bis Mitte März konnte die Rallye bei Sojabohnen-Futures anhalten. Die lang anhaltende Trockenheit in Südamerika und Befürchtungen über Ernteeinbußen sorgten für rasante Kursanstiege. Seither hatten ergiebige Niederschläge für Erleichterung gesorgt. In den letzten Tagen scheint es wieder eine erneute Wende zu geben: Die Trockenheit scheint ihr Zoll zu fordern und die Sojapreise ziehen erneut an.
So meldete die brasilianische Regierung am heutigen Donnerstag, dass es in der laufenden Saison 2004/05 wohl zu noch geringeren Ernteerträgen als bisher erwartet kommen werde, da die Trockenheit besonders im Süden des Landes Teile der Ernte vernichtet habe. Brasilien senkte seine Prognose für den Ernteertrag in der Saison 2004/05 auf 54.8 Millionen Tonnen, nach im Januar geschätzten 63.2 Millionen Tonnen. In der vorläufigen Prognose vom Monatsanfang war man von noch von 59 Millionen Tonnen ausgegangen. Damit wird in Brasilien trotz der Rückgänge in den Prognosen nach einem Rekordertrag von 49,77 Millionen Tonnen in 2003/04 ein neuer Rekordausstoß erwartet. Die Rekordernte basiert auf einer deutlichen Ausdehnung der Anbaufläche. Bis vor zwei Tagen waren 43-44% der Ernte in Brasilien eingebracht. Der jüngste Regen habe die Erntearbeiten in den letzten Tagen behindert. Die Qualität der Ernteerträge leide zudem in der Region um Matto Gross durch den starken Niederschlag.
Die Prognosen für Brasiliens Getreideproduktion in 2004/05, worunter Sojabohnen, Weizen, Mais und Reis zählen, fiel auf 120.9 Millionen Tonnen von 134.5 Millionen Tonnen in 2003/04.
Brasilien ist das zweitgrößte Sojabohnen-Anbaugebiet der Welt und folgt auf die USA als größtem Sojaproduzenten. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wurde heute vom US-Landwirtschaftsministerium der sogenannte „Quarterly Stocks and Prospective Plantings“ Report ausgegeben – eine Prognose für die geplante Soja-Anbaufläche in der Saison 2005/06. Laut dem Report wird in diesem Jahr eine Anbaufläche für Sojabohnen in den USA von 73.9 Millionen Acres eingeplant – was über den Erwartungen von 73.51 Millionen Acres und 1.7% unter dem Rekord-Vorjahresniveau von 75.2 Millionen Acres liegt. Farmer in 16 von 31 Bundesstaaten, in denen Sojabohnen angebaut werden, planen eine Senkung ihrer Produktionsmenge, während 11 eine Erhöhung planen. Die Staaten Michigan, Minnesota, Nebraska und West Virginia kalkulieren mit einer Anbaufläche auf der Höhe des Vorjahres.
Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet zudem in den USA mit einer Sojaproduktionsmenge in 2004/05 von 85,5 Millionen Tonnen, nach 66,8 Millionen Tonnen in 2003/04.
Sojarost: Panikmache?
Berichte in den letzten Wochen über die mögliche Ausbreitung asiatischen Sojabohnenrosts in den USA und die Bemühungen der lokalen Behörden und Einrichtungen zur Bekanntmachung des pilzlichen Befalls der Sojasprossen scheinen indessen ihre Wirkung gezeigt zu haben. US-Farmer seien gerüstet zu sein vor einer möglichen starken Ausbreitung der Pilzsporen. Von jenen Farmern, die in diesem Jahr Soja anbauen wollen, sagten 89%, sie hätten von Sojarost gehört, gelesen oder zumindest erste Informationen über Sojarost eingeholt, so das US-Landwirtschaftsministerium. Nur 11% jener, die von Sojarost hörten, sehen diesen als wirkliche Bedrohung für ihre Ernte an. 49% der Farmer gaben jedoch an, ihre Produktion in der 2005/06er Saison senken zu wollen, da in Ihrer Kalkulation mit Sojarost ein zusätzlicher Risikofaktor eingepreist wurde.
Indessen hat das US-Landwirtschaftsministerium eine Webseite erstellt, die die Ausbreitung von Sojarost in den USA zeitnah überwachen soll. Die Webseite, die unter diesem Link erreichbar ist, zeigt eine Landkarte der USA und Markierungen möglicher und bestätigter Sojafelder mit Rostbefall. Die grünen Stellen sind als möglicher, die bisher einzige rote Stelle als bestätigter Befall zu interpretieren.
Das US-Landwirtschaftsministerium meldete zudem, dass in den USA 1.38 Milliarden Scheffel Sojabohnen gelagert seien – dies entspreche einem Anstieg um 52% gegenüber dem 1. März 2004. Im Vorfeld war ein Wert um 1.42 Milliarden Scheffel erwartet worden.
Neue Rekorde in den Ernteeträgen in den USA und Brasilien dürften für üppiges Angebot in den kommenden Wochen an den Weltmärkten führen. Auch in Argentinien, dem drittgrößten Sojabohnen-Anbaugebiet der Welt, rechnen die zuständigen argentinischen Stellen mit einer Rekordproduktion. Diese soll unterstützt von ergiebigeren Niederschlägen in diesem Jahr bei 37,5 Millionen Tonnen liegen, nach 31,5 Millionen Tonnen in 2003/04.
Fazit:Derzeit wird der Großteil des weltweiten Sojaangebots durch die USA bestimmt. Die Ernte in Südamerika ist im vollem Gange – und obwohl bereits erste Schiffsladungen die Häfen in Südamerika verlassen haben, dürften im großen Stil erst Mitte April Lieferungen mit neu geernteter Ware die Häfen in Südamerika verlassen. Aufgrund der Rekordausstoßmengen, die auch für das neue Jahr geplant sind, und der geringen erwarteten Auswirkungen von Sojarost in den USA gehen Händler von einer Milderung des Preisniveaus bei Sojabohnen aus, sobald das weltweite Angebot durch erste Lieferungen aus Südamerika erhöht wird.
Voraussetzung für diese Prognose sei jedoch ein glimpflicher Verlauf der erwarteten Verbreitung von Sojarost in den USA und ein anhaltend niederschlagsergiebiges Wetter in Südamerika. Auf beide Themen reagierten die Märkte in den letzten Wochen sensibel und es ist zu erwarten, dass bei unerwarteten Entwicklungen in diesem Bereich volatile Preisausschläge zu sehen sein dürften.
Zudem sollte die spekulative Komponente des Marktes nicht vernachtlässigt werden. Wie bereits beim Ölpreis gesehen ist es bei Rohstoffen nicht nur die fundamentale Ausgangslage, die die Preise bestimmt. Ein wieder deutlich fallender Dollar und Spekulationen über eine weitere Nachfragesteigerung aus China könnten weitere Impulsgeber für Soja-Preissteigerungen sein, die im Auge behalten werden sollten.
Jochen Stanzl - BörseGo GmbH
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