Kommentar
11:38 Uhr, 15.09.2004

Smart Money - was sagen die Großen den Kleinen?

von Matt Blackman

Profis wissen gewöhnlich mehr. Will man über seine Gesundheit Bescheid wissen, konsultiert man am besten einen Arzt. Will man Aktien, Indizes oder Rohstoffe handeln, macht es Sinn zu schauen, was die Großen machen. Erfahren Sie, welche Quellen man als privater Händler nutzen sollte, um seine Profite zu maximieren.

Per Definition sind professionelle Händler solche, die ihren Lebensunterhalt mit dem Kauf und Verkauf von Aktien, Rohstoffen, Indizes und anderer Instrumente verdienen. Sie handeln nicht, weil es so gesund ist, aus Spass oder weil sie nichts besseres zu tun haben. Es ist ihr Beruf. Warum sollte es also nicht Sinn machen, ihnen zu folgen?

Aus dieser Idee heraus rief am 30. Juni 1962 die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den Commitment of Traders (COT) Report ins Leben. Anfangs wurde dieser Bericht zum Monatsende für 13 Agrar-Rohstoffe veröffentlicht. Er sollte dazu dienen, die Öffentlichkeit mit Informationen über die Terminmärkte zu informieren. Die Daten wurden ab 1992 alle zwei Wochen und schließlich ab 2000 wöchentlich bekannt gegeben. Heute werden die Berichte jeden Freitag um 15.30 Uhr veröffentlicht, drei Tage nachdem alle Daten gesammelt sind. Auf der Webseite der CFTC sind historische Daten für Futures bis ins Jahr 1986 und für Futures und Optionen kombiniert bis 1995 einsehbar. Die Firma Maridome International LLC liefert diese Daten auch für Metastock und andere Chartprogramme.

Da die Daten der Information der Anlegergemeinde dienen, bietet es sich an, basierend auf den COT-Werten ein Handelssystem für S&P 500 E-Mini Futures zu konstruieren und herauszufinden, ob eine Gruppe von Händlern anderen den Weg für Gewinne ebnet.

Klassifizierungen im COT

COT-Reports teilen Händler in drei Gruppen ein: die Commercials und die Non-Commercials, die auch als Large Speculators und Small Speculators bezeichnet werden. Commercials werden definiert als Händler, die Futures-Kontrakte für Absicherungszwecke benutzen. In einem Brokerhaus kann es beispielsweise mehrere Gruppen von Händlern geben. Die Gruppe, die Bonds handelt, fällt zum Beispiel unter den Bereich Commercials, während eine andere Abteilung von Money Managern, die Devisen handeln, als Large Speculators bezeichnet werden, da diese gemäß den Leitlinien des CFTC nicht zu Absicherungsgeschäften zählen.

Commercials können sowohl Produzenten als auch Konsumenten sein. Ein Bauer zum Beispiel, der Futures verkauft, um sich den Preis für seine Ware zu sichern, bevor sie geerntet wird, fällt unter Commercials. Eine Cornflakes-Firma, die den Mais kauft, wird ebenfalls als Commercial bezeichnet, da sie Mais-Futures kauft, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern.

Das ist ein wichtiger Unterschied. Commercials handeln mit Kontrakten nicht notwendigerweise, um damit Profite zu erwirtschaften. Die Motive sind natürlich je nach Rohstoff verschieden, aber grundsätzlich werden die Derivate genutzt, um sich gegen lästige Preisschwankungen abzusichern. Ein Viehzüchter verkauft Rindfleisch-Kontrakte, wenn die Preise hoch stehen, um sich gegen einen Preisverfall zur Zeit der Schlachtung abzusichern. Selbiges gilt für Goldminen. Ein Unternehmen verkauft seine Produktion, wenn der Preis für das Metall sehr hoch ist, anstatt zu warten, bis das Gold gefördert und der Preis wieder gefallen ist. Sie alle sichern sich gegen unbekannte Ereignisse in der Zukunft ab.

Ein anderer Unterschied - und diesem Fall ein Vorteil für die Commercials - sind die geringeren Margin-Anforderungen. Außerdem sind sie von Positionslimits befreit.

Dann folgen die Non-Commercials. Diese werden in Large und Small Speculators unterteilt. George Soros zählt zum Beispiel zu den Large Speculators, da er über seinen Fonds Devisen, Bonds, Futures und Optionen im großen Stil handelt.

Die letzte Gruppe sind die Small Speculators, die nicht in der Menge ihrer gehandelten Kontrakte wohl aber in ihrer Anzahl die größte Gruppe stellen.

Momentan beobachtet die CFTC 61 Positionen in Rohstoffen und Finanzen. Darin enthalten sind Futures und Optionen auf elf Indizes, vom Dow Jones Industrial Average bis zum Russel 2000 Mini Index. Die Daten für den S&P 500 Mini Futures reichen bis ins Jahr 1997 zurück und sind somit relativ begrenzt. Aus diesem Grund müssen alle Schlüsse als vorläufig betrachtet werden. Da sich dieser Index aber einer zunehmenden Popularität unter Händlern erfreut, hat er das Potenzial zu einem äußerst nützlichen Sentiment-Indikator.

Test der E-Minis

Will man einen COT-Indikator konstruieren, muss man zunächst herausfinden, welche der drei Gruppen sich die meiste Zeit auf der richtigen Seite befunden hat. Laut einer großen Anzahl von Autoren trifft dies auf die Commercials zu, auch wenn diese nicht immer richtig lagen.

Bei jeder Gruppe von Rohstoffen ist es sehr wichtig, dass man die Beziehung sehr genau untersucht. In vielen Fällen sind es die Commercials (auch Smart Money genannt), denen zu folgen es sich lohnt. In weniger Fällen sind es die Large Speculators. Manchmal haben allerdings die Small Speculators den richtigen Riecher. Und tatsächlich sieht man nach genauem Studium der COT-Daten, dass dies der Fall ist. Seit der Einführung der S&P 500 E-Minis im September 1997 befanden sich die Small Specualtors die meiste Zeit über auf der richtigen Seite (Bild 3).

Zu Testzwecken wurde ein Index aus den Positionen der COT Small Investors gebildet, der aus zwei Gleitenden Durchschnitten dieser Positionen besteht. Nach einigem visuellem Herumexperimentieren wurden ein 20-Wochen und ein 50-Wochen MA ausgewählt und zurückgetestet.

Der Test ergab zehn Trades zwischen Februar 1999 und Oktober 2003 mit einem Gesamtprofit von 120 Punkten. Dabei schlossen fünf Trades mit Gewinn und fünf mit Verlust. Die Ergebnisse schlagen zwar eine Buy&Hold-Strategie, die im selben Zeitraum nur 14 Punkte gebracht hätte, sind aber trotzdem nicht besonders glanzvoll.

Daraufhin wurde das System optimiert, um zu überprüfen, ob es in anderen Perioden eine stärkere Beziehung zwischen den Positionen der Small Investors und dem Kurs gibt. Optimierungen sind immer eine ambivalente Sache. Besonders unerfahrene Händler lassen sich leicht von unglaublichen Resultaten blenden und denken, sie hätten den Heiligen Gral gefunden.

Der Computer sucht sich aber immer die optimalen Parameter, die im Nachhinein zu den besten Ergebnissen geführt hätten. Optimierungen sind nützlich, um die besten Einstellung für einen Realitätstest zu finden. Die Ergebnisse sollten aber mit einem Maß an gesunder Skepsis betrachtet werden. Jeder, der länger im Geschäft ist, weiß, dass sich Rahmenbedingungen und mit ihnen die Märkte ständig verändern. Führt eine kleine Änderung der Parameter zu einem stark veränderten Ergebnis, ist das System instabil. Dasselbe gilt, wenn die Resultate in einem anderen Testzeitraum völlig anders aussehen.

Wie erwartet, führte die Optimierung zu einem weit besseren Ergebnis als der statische Test. Insgesamt kamen 23 Trades zustande, von denen 16 profitabel waren. In den 56 Monaten von Februar 1999 bis Oktober 2003 konnte ein Gewinn von 992 Punkten verbucht werden (Bild 4).

Als die besten Perioden für die Gleitenden Durchschnitte erwiesen sich 36 und 40 Wochen. Allerdings gibt es zwei Anzeichen dafür, dass dieses Ergebnis nicht besonders verlässlich ist. Zum einen ergab der schlechteste Test in dieser Periode ein Minus von 1.250 Punkten. Zum anderen kam es insgesamt zu mehr Verlust- als Gewinn-Trades. Das ist aber wahrscheinlich auf die große Anzahl von Parametern zurückzuführen, die bei der Optimierung benutzt worden. Die Kapitalkurve sieht zwar nicht besonders schlecht aus, weist aber zwei große Drawdowns auf (Bild 3).

Allerdings deuteten zwei Tests, ein optimierter und ein nicht-optimierter, auf eine positive Korrelation zwischen dem Kurs des S&P 500 und der Positionen der Small Speculators hin. Um den Indikator zu verbessern, ist mehr Arbeit notwendig. Die Tests jedoch sind eine gute Basis.

Tests anderer Personen führten zu ähnlichen Ergebnissen. Auch der Technische Analyst Yngvi Hardarson führte eine Reihe von Tests durch, die mit anderen Parametern zu positiven Ergebnissen führten. Hardarson schloss: "Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die gesammelten COT-Daten nützliche Informationen bezüglich der zukünftigen Richtung des Marktes enthalten."

Er warnte seine Leser allerdings auch vor voreiligen Schlüssen, da seine Resultate unter Optimierung zustande gekommen waren und ihm nur eine begrenzte Datenmenge zur Verfügung gestanden war.

Der lange Weg zu einem neuen Indikator

In den letzten 50 Jahren hat die Technische Analyse zu einer riesigen Anzahl von Indikatoren geführt. Die große Mehrheit aber beruht auf einer Analyse des Kursgeschehens. Wie viele Kombinationen aber kann eine technische Perspektive auf Variationen von Eröffnung, Hoch, Tief und Schlusskurs liefern und zu anderen Ergebnissen führen?

COT-Daten stellen einen vollkommen anderen Blickwinkel dar: Die Indikatoren beruhen auf dem Sentiment der Händler und nicht auf dem direkten Kursgeschehen des Basiswerts.

Im Fall der S&P 500 E-Minis erwiesen sich nicht die Commercials, sondern die kleineren Händler als die Gruppe mit dem besten Gespür. Und das, obwohl die vorherrschende Meinung genau das Gegenteil annimmt. Das Ergebnis macht auch klar, dass jede Gruppe genau und unvoreingenommen analysiert werden muss, um einen effektiven Indikator oder ein profitables Handelssystem zu konstruieren.

Die Analyse von COT-Daten sollte man auch nicht auf Gleitende Durchschnitte beschränken. Die Analyse von Trends, Divergenzen und Extremen (überkauft/überverkauft) hat mindestens genau soviel Potenzial. Zum Beispiel haben andere Studien der S&P 500 Minis gezeigt, dass es oft zu einer Trendumkehr kam, wenn die Positionen der Commercials Extremwerte aufwiesen.

Matt Blackman ist ein technisch orientierter Händler, Autor für diverse Magazine und gerne gesehener Redner auf Fachkongressen in Europa und den USA. Er kann unter matt@tradesystemguru.com erreicht werden.

T1) Ergebnisse nach einem optimierten Test

B1)S&P 500 Wochenchart

Der Wochenchart des S&P500 (SPX) zwischen November 1999 und Oktober 2003 zeigt die Positionen der COT-Händler (oben) und den COT Small Trader Index mit Kauf- und Verkaufssignalen, die beim ersten Test entstanden.

B2) S&P 500

Ein vergrößerter Ausschnitt der generierten Trades nach einem optimierten Test. Kreuzungen zwischen einem 36- und 40 MA lieferten die besten Resultate.

B3) COT Index

Eine Vergrößerung von Bild 1 zeigt die COT-Positionen und den COT-Index. Die Positionen der Commercials weisen bei kurz- und mittelfristigen Tops und Böden Extremwerte auf. Allerdings lieferte der Index basierend auf den Small Speculators die besten Ergebnisse im Test. Eine Schwierigkeit beim Lesen dieses Charts liegt darin, dass die Positionen der Händler in den letzten zwei Jahre extrem zugenommen haben, so dass frühere Positionen nur schwer zu erkennen sind.

Traders' - http://www.traders-mag.com

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