Kommentar
12:39 Uhr, 27.05.2019

Sind Zölle wirklich so schädlich?

Der Handelskonflikt bringt zwei Lager zum Vorschein: eingefleischte Freihandelsfanatiker und Trump-Anhänger. Wer hat Recht?

Die Meinungen gehen weit auseinander, ob die Zölle am Ende wirklich etwas bewirken. Die einen malen den Teufel an die Wand und fürchten die nächste Weltwirtschaftskrise. Die anderen sehen überhaupt keinen Grund zur Panik, da der Geldwert der Zölle winzig ist.

Winzig ist dabei Ansichtssache. Aktuell werden 60 Mrd. an Dollar über zusätzliche Zölle auf chinesische Importe erhoben. Dieser Wert könnte auf über 120 Mrd. ansteigen. Das ist mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung von Portugal und ist ungefähr genauso hoch wie die Wirtschaftsleistung von Ungarn, Kuwait oder der Slowakei.

Je nachdem, welchen Maßstab man ansetzt, wirkt die Summe groß oder klein. Wer sie lieber gerne klein haben will, vergleicht es einfach mit der US-Wirtschaftsleistung. Davon sind es nur 0,6 % - im schlimmsten Fall. Das wirkt wie ein Rundungsfehler. Ist es aber nicht.

Diese 0,6 % des BIPs ist zunächst der Verlust der Konsumenten. Sie zahlen am Ende einen Großteil der Zölle. Können die Konsumenten das verkraften? Es kommt darauf an. Für die Hälfte der Haushalte sind die Preissteigerungen unbedeutend. Die Steuersenkungen des vergangenen Jahres gleichen die Zölle genau aus. Für Geringverdiener gilt das nicht. Sie haben kaum etwas von der Steuersenkung, geben aber überproportional viel von ihrem Einkommen für alltägliche Güter aus, die nun teurer werden.


Für Haushalte mit geringen Einkommen sind die Zölle eine schwere Last. Für die Gesamtwirtschaft sind sie verkraftbar. Dort hört die Story aber noch lange nicht auf. Der wirtschaftliche Schaden ist vielfältiger. Unsicherheit verzögert Investitionen bzw. sie werden gleich ganz gestrichen. Das senkt das Wirtschaftswachstum über einen bestimmten Zeitraum hinweg.

Es sind aber auch nicht nur diese Opportunitätskosten, die das Wachstum hemmen. Es gibt noch weitere. Die USA importieren inzwischen tatsächlich weniger aus China. Grafik 1 zeigt dazu die Entwicklung seit Beginn des Konflikt. 15 Mrd. werden heute weniger eingeführt als vor anderthalb Jahren.

Das ist aber alles andere als ein Sieg für die USA. Sie importieren einfach mehr aus dem Rest der Welt. Die Warenströme wurden umgelenkt. Das Gesamtdefizit hat sich nicht verringert. Das liegt auch daran, dass China weniger aus den USA importiert. Dies zeigt sich bei Rohstoffen besonders deutlich (Grafik 2). Energierohstoffe sind fast verschwunden. Bei Agrarrohstoffen sieht es nicht anders aus.

Das Umlenken von Warenströmen kostet erst einmal Geld und es wird richtig teuer. Die USA importieren aus China viele Güter, die es nur fertigstellt. Die Komponenten kommen aus Südkorea und Taiwan. Das gestiegene Handelsbilanzdefizit der USA mit China wird durch einen Anstieg des Defizits von China mit Taiwan und Südkorea reflektiert (Grafik 3).

Zölle treffen in den USA die untersten Einkommenssichten direkt. Indirekt senkt es das Wachstum über ausbleibende Investitionen und verursacht Kosten durch ein Umlenken der Warenströme. Mittel- bis langfristig senkt es das Wachstum. So werden über die Jahre aus 60 Mrd. an Zöllen pro Jahr schnell hunderte Milliarden an geringerem Wachstum. Aus wirtschaftlicher Sicht machen sie keinen Sinn.

Viele sagen, dass es ein kleiner Preis ist, wenn sich China dafür öffnet. Das Problem ist nur, dass die USA nicht einfach nur eine Öffnung verlangen, sondern eine Unterwerfung. Das ist kein legitimes Ziel.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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