Kommentar
23:00 Uhr, 19.10.2008

Sind wir bald alle pleite ? Island, Ungarn, Ukraine und ... ?

Als Island vor ein paar Tagen durchblicken ließ, dass man möglicherweise vor dem Staatsbankrott stehe, da konnte man noch auf einen Einzelfall hoffen. Doch plötzlich sind ganz ähnliche Nachrichten auch aus anderen europäischen Nachbarländern zu vernehmen.
Währungskrisen und Staatsbankrott galten bis vor kurzem als Probleme exotischer Volkswirtschaften in Südamerika oder in Asien. Die aktuelle Finanzkrise sorgt jetzt jedoch dafür, dass solche Dinge plötzlich vor unserer Haustür stattfinden: Vor wenigen Tagen hat Ungarn bei der Europäischen Zentralbank (EZB) um einen Notkredit in Höhe von fünf Milliarden Euro gebeten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich sofort eingeschaltet, und dem Land seine Unterstützung zugesichert.

Gut möglich, dass man beim IWF schon bald noch öfter in die Tasche greifen muss: Nach Ungarn haben in der vergangenen Woche mit der Ukraine und Serbien schon die nächsten Wackelkandidaten angeklopft. Die Probleme sind nicht neu. Währungskrisen in den aufstrebenden Regionen entstehen immer nach dem gleichen Muster: Zunächst wird mit ausländischem Kapital das starke Wirtschaftswachstum finanziert. Fallen die Kapitalströme weg, etwa weil die Banken selbst in Schwierigkeiten stecken, so wie zur Zeit, dann verliert die einheimische Währung an Wert, die Auslandsverschuldung schnellt in die Höhe.

Beispiel Ukraine:
Hier scheint sich gerade Panik breit zu machen: In der vergangenen Woche rauschte die Landeswährung gegenüber dem Dollar um rund 20 Prozent in die Tiefe. Die Menschen vertrauen ihrem eigenen Geld nicht mehr und tauschen die Währung in US-Dollar um. Hoffentlich haben sie dabei nicht mit Zitronen gehandelt. Da einige genau dies offenbar befürchten, schnellt jetzt auch die Nachfrage nach Gold nach oben. Die Goldimporte sind in der Ukraine seit Jahresanfang um das Vierfache gestiegen....
In Deutschland ist so etwas natürlich völlig ausgeschlossen – und in den USA erst recht. Wirklich? Ist es völlig unmöglich, dass die Menschen auch hier zu Lande, wie schon zweimal 1923 und 1948, wegen eines Staatsbankrotts vor dem Nichts stehen?

Da müsste schon einiges zusammenkommen: Erst wenn die regulären Einnahmen des Staates nicht mehr ausreichen, um gesetzliche Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, Rentenzahlungen etwa, Beamtengehälter oder das Kindergeld, erst wenn Staatsanleihen in die Tiefe stürzen und die Banken dem Staat keine Kredite mehr gewähren würden – erst dann würde es wirklich kritisch werden. Das ist sehr unwahrscheinlich. Zumindest in „normalen Zeiten“.

Doch seit einigen Monaten haben wir diese Finanzkrise am Hals. Sollten in der Folge auch deutsche Banken stärker als bisher ins Schlingern geraten, und der Staat über das gerade beschlossene Hilfspaket hinaus in die Bresche springen müssen, dann könnte womöglich auch der bundesdeutsche Staatshaushalt an seine Grenzen stoßen.

Bereits heute weist Deutschland 1,6 Billionen Euro an Staatsschulden auf. Planrechnungen der Bundesregierung gehen von einer „realistischen Tilgungsrate“ von einem halben Prozent jährlich aus. Damit würde es 630 Jahre dauern, diesen Schuldenberg abzutragen.

Das war allerdings vor dem Rettungspaket vom vergangenen Wochenende. Selbiges wird nun von einigen ja ganz groß gefeiert. Wenn nun aber der hochverschuldete Staat für die konkursgefährdeten Banken gerade steht, in Europa, wie auch in den USA, dann muss man mit allem rechnen: Auch damit, dass Staaten und Banken im schlimmsten Fall gemeinsam in Konkurs gehen könnten.

Ist es nicht seltsam, dass ausgerechnet in solchen Zeiten Stimmen zu hören sind, die sich für eine Neuauflage von Bretton Woods stark machen? So wie etwa Bundespräsident Horst Köhler: Am 22. Juli 1944 wurde auf der Konferenz von Bretton Woods (New Hampshire, USA) von 44 Staaten ein Währungssystem beschlossen, das nach den Erfahrungen der Vergangenheit möglichst stabil sein sollte. Ziel war die reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen. Kern des Systems war die Deckung der weltweit umlaufenden Menge an US-Dollar durch den Gegenwert in Gold.

Als die USA begannen, den Vietnam-Krieg durch Erhöhung der Geldmenge (und damit indirekt durch die anderen Mitgliedsländer) zu finanzieren, wurde die Welt mit Dollar geflutet. In der Folge war die Golddeckung des Greenback nicht mehr zu halten. Am 15. August 1971 kündigten die USA durch Präsident Nixon ihre Verpflichtung, Dollar in Gold einzulösen. 1973 brach das Währungssystem von Bretton Woods endgültig zusammen.

Eine Hauptursache für den Zusammenbruch des Systems war demnach die rasant steigende Geldmenge wegen des Vietnam-Krieges. Heute wird an anderen Fronten „Krieg“ geführt: Es geht um die Rettung des Finanzsystems – und wieder wird die Welt mit Dollar geflutet.

Ob auch diesmal ein Zusammenbruch des Währungssystems die Folge sein wird, das weiß niemand. Es schadet jedenfalls nicht, sich mit dem Gedanken rechtzeitig zu beschäftigen. Vor unangenehmen Überraschungen, die solche Gelegenheiten gerade für die „kleinen Leute“ in der Vergangenheit immer parat hatten, ist man dann weitgehend sicher. In der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die vor wenigen Tagen erschienen ist, haben wir uns mit dieser Thematik beschäftigt.

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Fest steht:
Diese Krise übertrifft schon heute alles, was seit 100 Jahren auch nur ansatzweise vorstellbar war. Unmöglich ist deshalb gar nichts. Sollten die Märkte den Spieß jetzt umdrehen und die seit 1971 aufgebauten Exzesse in fast allen Assetklassen abbauen, dann sprechen wir mittelfristig noch über ganz andere Kurse bei DAX und Dow Jones.

Wann die bereitgestellte Geldmenge inflationär wirken wird, ist bislang nämlich völlig offen. Einstweilen überwiegen deflationäre Tendenzen: Aktien, Rohstoffe, Immobilien, Bonds – alle wichtigen Anlageklassen befinden sich im Abwärtstrend.

Frachtraten brechen ein...

Doch es ist sehr wahrscheinlich, dass die Billionen-Dollarpakete, die jetzt zur Rettung des internationalen Finanzsystems um den Globus fliegen, Inflation hervorrufen werden. Dies könnte beispielsweise eine Jahresendrallye an den Aktienmärkten auslösen.

Inflation entsteht, wenn die umlaufende Geldmenge schneller wächst, als die Wirtschaftsleistung. Diese dürfte mittelfristig sogar sehr deutlich sinken. Wer daran noch Zweifel hat, der sollte sich einmal die folgende Abbildung ansehen. Die Grafik zeigt die jüngste Entwicklung des Baltic Dry Index (BDI), der ein wichtiger Indikator für die Entwicklung des Welthandels ist.

Der Index bildet die Frachtpreise auf internationalen Standardrouten beim Transport von Massenfrachtgut ab. Zusammengesetzt ist das Marktbarometer aus vier Sub-Indizes, die für verschiedene Schiffsklassen beim Transport von Kohle, Getreide oder Eisenerzen stehen. Ähnlich wie der US-Transportindex hat auch der BDI eine Art Vorläuferfunktion für die konjunkturelle Entwicklung.

Die folgende Grafik zeigt nun, dass der Index seit Sommer dieses Jahres regelrecht zusammengebrochen ist. Es ist deshalb zu befürchten, dass die Auswirkungen der Finanzkrise gerade erst beginnen, in der Realwirtschaft anzukommen.

Für die kommenden Monate verheißt das nicht Gutes. Man muss damit rechnen, dass die Kurse nach einer Erholungsrallye noch mindestens eine Etage tiefer abrutschen.

Rätselhafter Goldpreis...
Glaubt man den Preisen auf dem Terminmarkt, dann scheinen Edelmetalle gerade völlig aus der Mode zu kommen. Gold und Silber brechen ein. Ist das nicht merkwürdig? Ausgerechnet jetzt, da die Finanzkrise in geradezu atemloser Eile um den gesamten Globus hetzt? Im Frühjahr dieses Jahres, als „nur“ die Pleite bei Bear Stearns Angst und Schrecken verbreitete, da schwang sich der Goldpreis locker über die Marke von 1.000 US-Dollar.

Wir vermuten in der Tat, dass es noch etwas dauern wird, bis Gold und Silber wieder durchstarten. Hier wurde zuletzt einiges an Porzellan zerschlagen – und wenn sogar die BILD-Zeitung zum Kauf von Edelmetallen rät, dann kann das ja nichts werden.

Langfristig sieht die Sache jedoch völlig anders aus: Die jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten haben dazu geführt, dass Gold und Silber praktisch ausverkauft sind. Alle großen Edelmetallhändler in Deutschland melden leergefegte Lager. Lieferprobleme werden auch aus den USA gemeldet. Dort sind die Handelshäuser ebenfalls leergeräumt. Die US-Prägeanstalt meldet, dass die Lieferung fast aller Edelmetallprodukte aufgrund "der massiven Nachfrage" eingestellt wurde. Massive Nachfrage? Die Aussage ist seltsam, denn die bislang gemeldeten Produktionszahlen sind keineswegs außergewöhnlich. Die folgende Tabelle zeigt das:

Wenige Wochen vor dem Jahresende liegt die Produktion der US-Prägeanstalt bei 492.000 Unzen. Auf das ganze Jahr gerechnet ergibt sich daraus eine Produktionsmenge von rund 656.000 Unzen. Das ist zwar deutlich mehr als im Vorjahr (198.500 Unzen) – allerdings ist das Argument, man könne wegen der hohen Nachfrage nicht liefern, ausgesprochen unglaubwürdig: In den Jahren von 1986 und 1987 sowie in der Zeit von 1997 bis 1999 wurde ein Vielfaches der in diesem Jahr produzierten Menge hergestellt.

Die Schlussfolgerung lautet: Entweder werden Gold und Silber mittlerweile tatsächlich knapp – oder aber es steckt etwas ganz anderes hinter dem ominösen Lieferstopp. Interessanterweise hat Warren Buffett schon vor Jahren ganz massiv Silber gekauft. Angeblich besitzt er 160 Millionen Unzen. Ähnlich übrigens wie Microsoft-Gründer Bill Gates und Milliardär George Soros.

Attraktiv ist Silber aus zwei Gründen: Als „Gold des kleine Mannes“ spielt das Edelmetall eine wichtige Rolle als Wertanlage in Krisenzeiten. Dass es zusätzlich von der Industrie verbraucht wird, erhöht die Attraktivität zusätzlich. Branchenkenner haben berechnet, dass die weltweiten Silbervorräte nur noch etwa 20 Jahre reichen werden.

Die Preisbildung scheint hier allerdings gerade völlig aus dem Ruder zu laufen. Während der Silber-Preis auf dem Terminmarkt mittlerweile bei weniger als 10,00 US-Dollar (etwa 7,80 Euro) notiert, werden hier zu Lande bei Ebay für eine Silberunze bis zu 17,30 Euro (23,35 US-Dollar) bezahlt.

Aufschläge müssen derzeit für alle Formen echten Silbers bezahlt werden, ganz besonders gilt dies nach dem jüngsten Kursrückgang. Dieser hat die Lage auf dem physischen Markt keineswegs entspannt. Das Verhalten der Preise für physisches Silber und die Diskrepanz zum Termin-Markt lassen nur einen Schluss zu: Einer von beiden Preisen täuscht über die wahren Verhältnisse hinweg, er lügt, um es einmal so zu formulieren.

Fest steht: Die Preisaufschläge bei physischem Silber deuten darauf hin, dass dieses Silber dem Markt bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Auch physisches Gold ist mittlerweile weitaus teurer als Papiergold. Bei Ebay in den USA werden Preisaufschläge von bis zu 260 US-Dollar je Unze gezahlt.

Im Sog einer demnächst anstehenden Erholungsbewegung an den Aktienmärkten, ist damit zu rechnen, dass die Edelmetalle wieder aus dem Fokus verschwinden. werden Jeder Kursrückgang bei den Edelmetallen ist für langfristig agierende Anleger dann eine weitere Kaufgelegenheit.

Was sonst los war:
Auf Wochensicht steht beim DAX ein Plus von 5,22 Prozent zu Buche. Nach dem Desaster der Vorwochen ist das allerdings nur ein kleiner Trost. Zu dem Plus mag auch beigetragen haben, dass das Rettungspaket der Bundesregierung wie erhofft im Eiltempo von Bundestag und Bundesrat abgesegnet wurde.

Bei der VW-Stammaktie ging es zur Abwechslung einmal abwärts. Der massive Kursanstieg war schon seit einiger Zeit fundamental nicht mehr zu erklären. Jetzt könnte eine Trendwende anstehen:

[Link auf profichart.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar]

Die US-Industrieproduktion ist auf den niedrigsten Stand seit 34 Jahren gefallen. US-Dickschiffe wir Google, Intel und IBM haben überraschen gute Zahlen vorgelegt.

Dazu passend meldete sich am Freitag Super-Investor Warren Buffett zu Wort. Das „Orakel von Omaha“ rät Kleinanlegern mitten in der Krise zum Kauf amerikanischer Aktien. Er selbst investiere jetzt nach dem Motto: "Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und sei gierig, wenn andere ängstlich sind." Die meisten großen US-Konzerne würden in den nächsten fünf, zehn und 20 Jahren Rekordgewinne einfahren, sagte der Multimilliardär.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar] und www.antizyklischer-aktienclub.de

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