Kommentar
00:22 Uhr, 25.07.2009

Sind Hedgefonds an der Krise schuld?

Die Rückkehr des Staates ist eine der sichtbarsten Trends in der Welt von heute. Dahinter steht die Annahme: Der freie Markt ist gescheitert und wendete sich ohne staatliche Zügel gegen das Gemeinwohl. Hedgefonds sollen die Krise verursacht und verstärkt haben. Doch ist das richtig?

Die Hedgefonds-Lüge

Dass Hedgefonds jedoch schuld an der Krise sein sollen, ist absurd.

Doch sehen wir uns zunächst an, was ein Hedgefonds nicht ist: Ein Hedgefonds hat zunächst nicht viel mit riskanten Geschäften und Zockereien zu tun, er kann auch ganz normal „long“ am Markt gehen und einen langfristigen Anlagehorizont verfolgen. Die Bezeichnung „Hedgefonds“ sagt rein gar nichts darüber aus, wie der Fondsmanager die Gelder seiner Kunden anlegt. Die Generalisierung der Massenmedien und Politik, Hedgefonds seien ein Synonym für „hochspekulative Börsengeschäfte“ ist schlichtweg falsch.

Aber sehen wir uns an, wodurch sich ein Hedgefonds von normalen Anlagefonds unterscheidet. Da ist zunächst die Tatsache, dass ein Hedgefonds nicht von der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC reguliert wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie überhaupt nicht reguliert sind. Im Gegenteil: Die Regierung in Washington verbietet es Hedgefonds, öffentlich Werbung für sich zu schalten oder sonst irgendwie anders werblich auf sich aufmerksam zu machen. Stellen Sie sich einmal vor, sie gründen ein Unternehmen und dürfen nicht für seine Produkte werben. Können Sie sich eine stärkere Regulierung vorstellen?

Außerdem gibt es eine zweite Schranke: Die US-Regierung verbietet Hedgefonds die Annahme von Geldern von Personen, die weniger als 1,000,000 Dollar Nettovermögen auf und darüber hinaus in den letzten zwei Jahren weniger als jeweils 200,000 Dollar verdient haben. Ein Amerikaner, der 999,999 Dollar auf dem Konto hat, darf also nicht in einen konservativen, langfristig orientierten Hedgefonds investieren, aber gerne einen Anlagefonds erwerben, der in riskante Pennystocks investiert. Die Botschaft daraus: Normale Bürger mit geringerem Einkommen können nicht selbst über ihr Geld entscheiden und müssen daher von der Regierung geschützt werden. Wie absurd.

US-Präsident Barack Obama fordert nun, dass Hedgefonds mit einem Vermögen von über 30 Millionen Dollar von der SEC reguliert werden. Bernie Madoff war auch bei der SEC registriert und die SEC hat jahrelang ein Gütesiegel auf seine Anlagemethode gegeben. Anleger, die in investierten, haben vielleicht nicht immer so sehr die Sicherheit der Strategie hinterfragt, weil sie dachten: „Die SEC hat ihr Gütesiegel gegeben, das kann nicht gefährlich sein.“

Hedgefonds versuchen, mehr Geld aus den Kundeneinlagen zu machen. Wenn sie erfolgreich sind, verdienen ihre Kunden Geld, wenn sie erfolglos sind, verlieren ihre Kunden Geld. Hedgefonds haben die Krise nicht verursacht und haben sie auch nicht verstärkt. Sie wären dazu auch gar nicht in der Lage, selbst wenn sie es versucht hätten.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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