Kommentar
14:14 Uhr, 07.03.2018

Sind die Aussichten nun gut oder schlecht?

Anleger sind derzeit mit einer ungewöhnlichen Gemengelage konfrontiert. Von einem katastrophalen wirtschaftlichen Absturz bis hin zu einer Fortsetzung des Aufschwungs ist alles dabei.

Um es gleich vorwegzunehmen: Einen wirtschaftlichen Absturz wird es nicht geben. Dafür gibt es keine Anzeichen. Ohne ein Schockereignis wird es zu keiner plötzlichen Trendwende kommen. Die Mehrheit der Anleger stimmt mit dieser Einschätzung überein. Sie sind auf absehbare Zeit (12-18 Monate) sogar ziemlich zuversichtlich. Anders lässt es sich kaum erklären, dass die Wahrscheinlichkeit für vier oder mehr Zinsschritte in den USA in diesem Jahr bei fast einem Drittel liegt (Grafik 1).

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Zinsanhebungen erwartet man nicht, wenn die wirtschaftliche Zukunft schlecht aussieht. Die Notenbank, die ebenfalls das gute Umfeld betont, und Anleger sind sich also einig. Uneinigkeit besteht im Tempo der Zinsanhebungen. Die Notenbank ging bisher von drei Schritten in diesem Jahr aus. Anleger freunden sich immer mehr mit vier an. Ende März kann der neue Fed-Chef hier Klarheit schaffen.

Kurzfristig ist die Lage gut und es wird kein Störfeuer erwartet. Mittelfristig sieht die Sache anders aus. Die kurzfristigen Zinsen steigen wieder deutlich schneller als die langfristigen. Dies führt zu einer Abflachung der Zinskurve (Grafik 2). Je flacher sie ist bzw. wenn sie invertiert und negativ wird, ist eine Rezession zu erwarten.

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Dank der US-Steuerreform konnte die Zinskurve ansteigen. Es kam Optimismus auf. Wie sich nun herausstellt, handelte es sich um ein Strohfeuer. Inzwischen flacht die Kurve wieder ab und führt den Abwärtstrend fort. Geht es in diesem Tempo weiter, invertiert die Kurve gegen Ende 2018. Im Normalfall folgt dann innerhalb eines Jahres eine Rezession.

Das ist wenig ermunternd, denn letztlich heißt das nichts anderes, als dass die Notenbank den Aufschwung abwürgen wird. Die Notenbank erhöht die Zinsen, weil die Lage gut ist. Das erkennen Anleger und preisen dies ein. Langfristig befürchten Anleger aber, dass die Zinsanhebung die Wirtschaft abkühlt. Die Zinskurve flacht ab – bis sie invertiert.

Woher der langfristige Pessimismus kommt, ist unklar. Die wirtschaftliche Aktivität nimmt in vielen Regionen der USA zu. Aktivitätsindizes der regionalen Notenbanken (Grafik 3) zeigen nach oben. Lediglich New York stagniert auf hohem Niveau.

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Die Aktivität ist derzeit so robust, dass man eigentlich nicht pessimistisch sein muss. Selbst wenn die Aktivität ab jetzt abnimmt, dauert es vermutlich 12 bis 18 Monate bis die Indizes im negativen Bereich notieren. Danach würde es dann noch einmal bis zu 12 Monate dauern bis eine Rezession Wirklichkeit wird.

Die Börse hat für gewöhnlich einen Zeithorizont von 6 bis 12 Monaten. Es erscheint unwahrscheinlich, dass jetzt schon über den Zustand der Wirtschaft im Jahr 2020 gerätselt wird. Irgendetwas stimmt hier also nicht. Entweder ist der Markt zu nervös und übervorsichtig oder er sieht etwas, was der Einzelne nicht sieht. Ich vermute, es ist ersteres. Das bedeutet nicht, dass sich die Lage nicht langsam eintrübt. Meiner Meinung nach geschieht das aber viel langsamer als viele insgeheim befürchten. Es kann daher noch einmal ein ganzes Stück nach oben gehen, bevor der große Knall kommt.

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2 Kommentare

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  • ReNe1234
    ReNe1234

    Ein Problem könnte von den Insolvenz einiger Altersicherungsfonds in den USA kommen, da scheint es einiges an Unterdeckung zu geben ... Sowas könnte einen massiven Konsumschock auslösen.

    07:56 Uhr, 08.03. 2018
  • SATAN76
    SATAN76

    Meines Erachtens hat die FED hier taktisch ganz pfiffig gehandelt: Je mehr kleine Dreher man an der Zinsschraube gemacht hat, gehen inzwischen viele von einer "Normalisierung" der Zinssituation aus. Wichtig ist aber für Politik und Großbanken: Der Realzins (Leitzins - Inflation) bleibt negativ, d.h. die kleinen Bürger können weiter abgeschröpft werden. Und man lädt sich ganz nebenbei seine "Bazooka" auf für den Fall der nächsten großen Finanzkernschmelze: Hey, dann wir senken wieder die Zinsen und stützen so den Aktienmarkt. Das unterscheidet sich übrigens ganz wesentlich von "Super-Mario" bei der EZB: Wohin soll der beim nächsten Bankenbeben die Leitzinsen bitteschön senken? Auf -1%?! America first! So ist es und so wird es immer bleiben! Investiert in den USA, aber natürlich nicht blind, sondern VALUE-orientiert, siehe good old Warren... :)

    16:55 Uhr, 07.03. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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