Silber: Sehr schlechte Nachrichten
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Es gibt schlechte Nachrichten für Silber-Investoren: Die neuen Regeln für Positionslimits der amerikanischen Terminbörsenaufsicht CFTC gelten vermutlich nicht für die großen Short-Positionen bei Silber. Schlupflöcher im Gesetzesentwurf, der jetzt zur öffentlichen Diskussion gestellt wurde, würden es ermöglichen, die Regelungen zu umgehen. Silber-Spekulanten üben sich in Zurückhaltung: Der Preis des Edelmetalls liegt 10% unter seinem 30-Jahreshoch bei 31,25 Dollar, das am 3. Januar 2011 erreicht wurde. Dabei hatten Silberinvestoren gehofft, dass die großen, mehr als ein Viertel der Weltproduktion umfassenden Short-Positionen für Silber an der New Yorker Metallbörse Comex wegen den neuen Regularien aufgelöst werden müssten, was eine starke Preissteigerung zur Folge gehabt hätte.
Am Freitag kam es in Washington, D.C. zum großen Showdown. Nach jahrelangen Vorbereitungen stimmte die Behörde mit 4 Für- zu einer Gegenstimme für den Gesetzesentwurf, der die Einführung von Positionslimits für den Handel von 28 Warenkontrakten und verwandten Produkten vorsieht. Sollte der Gesetzesentwurf verabschiedet werden (bis dahin können noch Monate vergehen), dann müssten Terminbörsen in den USA ihren Kunden Obergrenzen für Marktpositionen auferlegen. Überschreitet ein Händler diese Obergrenzen, so erhält er die Aufforderung, diese wieder zu reduzieren. Reagiert der Händler nicht, ist die Aufsicht der jeweiligen Warenterminbörse von der CFTC ermächtigt, diese ihrerseits zu schließen.
Hintergrund der Maßnahmen der CFTC ist der am 21. Juli 2010 vom US-Kongress verabschiedete Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act. Das Gesetz sieht unter anderem die Einführung von Positionslimits vor, klammert aber so genannte Bona-Fide-Hedging-Positionen aus, was in erster Linie auch gerechtfertigt ist. Bona-Fide-Hedging-Positionen umfassen alle Vorausverkäufe, die von den Marktteilnehmern getätigt werden, die die Ware auch selbst besitzen. Mit dieser Ausnahmeregelung wird garantiert, dass zum Beispiel ein großer Agrarbetrieb auch weiterhin Absicherungen über Terminbörsen tätigen kann, auch wenn er damit Positionslimits überschreiten würde.
Jedoch haben zahlreiche nicht-traditionelle Hedger (alle, die keine physische Ware besitzen) in den vergangenen Jahren Bona-Fide-Hedge-Ausnahmen beantragt, die von der CFTC bewilligt wurden. Diese nicht-traditionellen Hedging-Positionen wurden aufgebaut, um Exponierung bei Swap-Positionen abzusichern. Swap-Händler, die meist für eine Bank oder eine andere große Finanzinstitution arbeiten, agieren als Gegenpartei für kommerzielle Firmen, die Preisabsicherungen wünschen, aber auch für Spekulanten, die nur an Preisbewegungen interessiert sind, um daraus einen Gewinn zu ziehen.
Im besonderen Maße betrifft diese Regelung Indexinvestoren. Sie setzen passiv auf Rohstoffindizes wie den S&P GSCI und sind damit stets als Käufer im Terminkontrakt zur baldigen Lieferung investiert. Am Laufzeitende rollen sie in den nächsten Kontrakt. Diese Anleger gehen - technisch gesehen - über Swap-Händler, die sich wiederum an den Terminmärkten mit Terminkontrakten eindecken. Die Swap-Händler sind von den Positionslimits wegen der Bona-Fide-Hedge-Ausnahme freigestellt. Kritiker bezeichnen das als "Swap-Lücke". CFTC-Chef Gary Gensler wollte sie schließen, scheiterte aber offenbar am Widerstand von CFTC-Kommissar Bart Chilton, der im Dezember 2010 bereits eine Abstimmung über den Gesetzesvorschlag zum Platzen brachte.
Soweit, so gut. Doch ist Silber kein Metall, das in einem großen Index stark gewichtet wäre. Dennoch weißt die CFTC in ihrem neusten Committment-of-Traders-Report vom Freitag eine Short-Position von 201,8 Millionen Silberunzen aus, eine Position, die weniger als vier Banken zugeordnet wird. Es wird spekuliert, dass J.P. Morgan die meisten dieser Short-Kontrakte hält.
Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass die Positionslimits im Kontrakt zur baldigen Lieferung auf 25% des lieferbaren Angebots festgesetzt werden sollen, mit Ausnahme der rein gegen Barandienung fälligen Kontrakte: Hierbei werden die Positionslimits auf 125% des lieferbaren Angebots festgesetzt. Ob dieses lieferbare Angebot von den Terminbörsen selbst festgelegt wird, ist nicht klar. Aber selbst wenn: An der Comex in New York werden derzeit 104,1 Millionen Unzen bevorratet. 125% dieses Werts beträgt 130,1 Millionen Unzen - der Marktmanipulation bleiben mit dieser Regelung Tür und Tor geöffnet. Jeder, der die physische Ware wirklich haben möchte, wird aber auf 25% des Angebots begrenzt bleiben. Eine Gebrüder-Hunt-Marktmanipulation ist damit nicht mehr möglich. Die Short-Manipulation der Edelmetalle wird damit noch verstärkt: Long-Investoren an den Rohstoffmärkten sind Short-Investoren mit dieser neuen Regelung um den Faktor fünf unterlegen.
Die Positionslimits werden, nachdem sie eingeführt wurden, außerdem zunächst nur für die Kontrakte zur baldigen Lieferung gelten. Erst später (Zeitpunkt noch offen) sollen die Positionslimits auf alle anderen Kontrakte ausgedehnt werden. Es ist insofern wahrscheinlich, dass Positionen in der Zwischenphase auf spätere Kontrakte verteilt werden.
Diese Schlupflöcher deuten schon sehr klar darauf hin, dass die großen Short-Positionen bei Silber nicht von der Regelung betroffen sind. Wer es dann aber immer noch nicht verstanden haben sollte, für den steht weiter unten in dem Gesetzesvorschlag das Ganze noch etwas deutlicher geschrieben:
"Ausnahmen gelten für Bona-Fide-Hedges (basierend auf den Regelungen des neuen Dodd-Frank-Gesetzes) und für Positionen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes in gutem Glauben aufgebaut wurden und die spezifischen Positionsobergrenzen überschreiten, die von den vorgeschlagenen Regeln vorgeschrieben werden."
Übersetzt bedeutet das so viel wie: "JP Morgan könnte sogar gegen diese generösen neuen Regeln verstoßen, also erlauben wir ihnen hiermit explizit, sie zu behalten."
Autor: Jochen Stanzl - Chefredateur Finanznachrichten BoerseGo.de
BoerseGo.de ist ein Service der BörseGo AG : http://www.boerse-go.ag
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