Kommentar
11:53 Uhr, 29.04.2011

Silber: Gerüchte um das Ende der COMEX

Erwähnte Instrumente

  • Silber
    ISIN: XC0009653103Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Die Metallbörse COMEX, an der neben Gold auch Silber gehandelt werden kann, hat am Mittwoch dieser Woche eine Reduktion der Lagerbestände im New Yorker Warehouse um 20% bekanntgegeben. Vor zwei Wochen wurden die Bestände in der COMEX-Lagerhalle in Kanada bereits um 25% gekappt. Grund: Die Börsenbetreiberin CME Group hat bemerkt, dass das SIlber nicht wirklich registriert und in physischer Form vorhanden war, sondern offenbar nur in Form von Papier-Lieferscheinen.

Zusätzliches Öl ins Feuer kippt die CME Group nun mit der zweiten Margenerhöhung für den Silber-Terminhandel an der COMEX in nur einer Woche. Spekulanten müssen jetzt für eine Eröffnung eines Silber-Terminkontrakts über 5000 Unzen eine Sicherheitsmarge von 14.513 Dollar hinterlegen, nach 12.825 Dollar zu Beginn der Woche und 11.745 Dollar vor Ostern.

Einige Blogs und Kommentatoren schreiben, bei der CME Group "brenne die Bude" und die Börse käme in arge Bedrängnis und müsse daher die Margen erhöhen. Ist da was dran?

Schauen wir uns hierzu einmal an, wie sich die Marge und der Silberpreis in den vergangenen 17 Monaten verändert haben.

Marge in Dollar Silberpreis in Dollar
Anfang 2010 6000 16,83
29.4.2011 14.513 48,50

Die Marge wuchs also um den Faktor 2,41, während sich der Silberpreis um den Faktor 2,18 erhöhte. An der COMEX werden standardmäßig pro Terminkontrakt 5000 Unzen Silber bewegt, was einem Kontraktwert von derzeit 242.500 Dollar entspricht. Anfang des Jahres 2010 lag der Kontraktwert noch bei 84.150 Dollar. Daraus lässt sich sogar ein Anstieg der Hebelwirkung, mit der Silber an der COMEX gehandelt werden kann, in 17 Monaten von 14 auf 16,7 ableiten. Das Argument, die COMEX habe Probleme, ist bei dieser Betrachtung nicht ganz nachvollziehbar. Da die Margen als fixe Dollarbeträge täglich festgesetzt werden, ist die Anhebung lediglich auf den Preisanstieg beim Silber zurückzuführen. Hätte die CME Group die Margen seit Anfang 2010 nicht angehoben, wäre jetzt ein Hebel von 40,4 möglich, da sich mit 6000 Dollar insgesamt 242.500 Dollar bewegen ließen. Vielmehr lässt sich feststellen, dass die Marge noch auf 17.321 Dollar oder rund 19% angehoben werden könnte, um das Niveau von Anfang des Jahres 2010 zu erreichen.

Die CME Group passt Margensätze zu ihrer eigenen Sicherheit an. Spekulanten, die mit einem Hebel von 40 in einem Markt agieren würden, der täglich um durchschnittlich 1,45 Dollar pro Unze (Average True Range) schwankt, würde regelmäßig Margin Calls auslösen. Die durchschnittliche Tagesschwankung um 1,45 Dollar löst eine Veränderung des Kontraktwerts von 7250 Dollar aus, was schon mehr wäre, als Anfang 2010 als Marge für den Silberhandel zu hinterlegen war. Würde der Silberpreis um 10% von 48,50 Dollar auf 43,65 Dollar verlieren, so würde der Kontraktwert um 24.250 Dollar sinken. Diese durchaus in beide Richtungen (long und short) jetzt jederzeit mögliche Schwankung wäre auch durch die heute erhöhte Marge von 14.513 Dollar nicht abgedeckt, wobei die Marge für laufende Positionen durch die jüngste Anhebung von 9.500 auf 10.750 Dollar erhöht wurde und damit noch niedriger liegt, als die Marge, die bei neu eröffneten Terminkontrakten verlangt wird (14.513 Dollar).

Sie sehen also: Margenerhöhungen sind etwas ganz normales. Es ist aber dennoch etwas ungewöhnliches daran:

Das mit Abstand interessanteste an der ganzen Geschichte ist, dass der Silberpreis heute trotz zweiter Margenerhöhung in einer Woche um 0,47% auf 48,70 Dollar pro Unze steigt. Am Montag, als die CME die erste Margenerhöhung dieser Woche bekanntgab, rutschte der Silberpreis noch von einem Hoch bei 49,75 Dollar im asiatischen Handel bis auf unter 45 Dollar ab. Diese Kurzzeit-Crashs gab es in den vergangenen Monaten immer wieder, wenn die CME Group die Margen ähnlich scharf anhob.

Nun reagiert der Markt mit Kursgewinnen bzw. kann die negative Nachricht abschütteln. Das kann als immense Stärke dieses Marktes gewertet werden und ist eine vollkommen neue Entwicklung.

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Autor: Jochen Stanzl, Chefredakteur Rohstoff-Report

Der Rohstoff-Report ist eine Publikation der BörseGo AG

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