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12:46 Uhr, 28.04.2011

Silber: Der COMEX-Schwindel ?

Lagerbestände werden "weggebucht"

Die Lagerbestände an der COMEX sind in einer Woche um fast 20% - von 41 auf 33 Millionen Unzen gefallen. Dieser Rückgang ereignete sich in genau der Zeit, in welcher der Silberpreis nur noch wenige Dollar entfernt steht von einem neuen nominalen Allzeithoch.

Die CME Group, die Betreiberin der Metallbörse COMEX in New York, unterscheidet bei ihren Silber-Lagerbeständen zwischen "Registered" und "Eligible". Der Grund für die Verringerung der Lagerbestände vom 19. April bis zum 26. April von rund 41 auf 33 Millionen Unzen ist auf eine Statusänderung der Vorräte zurückzuführen - von "Registered" auf "Eligible".

Was bedeutet das? Hier zunächst ein Blick darauf, was "Registered" und "Eligible" überhaupt bedeutet (Quelle: SilverAxis):

  • "Registered"Diese Kategorie umfasst generell Silberbarren, gegen die Quittungen für die Lieferung ausgestellt sind. Die COMEX weißt diese Lagerbestände täglich auf ihrer Webseite aus. Diese Kategorie umfasst Silberbarren, die zu jeder Zeit gegen fällige Terminkontrakte oder gegen anfängliche Terminkontrakte geliefert werden können, die sich "exchange-for-physicals" nennt. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass die Investoren, die Lagerbestände in der "Registered"-Kategorie halten, kein Interesse haben, dieses Silber dem physischen Markt zur Lieferung zur Verfügung zu stellen. Diese Investoren halten weder Short-Positionen im Silber noch wollen sie Silber gegen Quittungen verkaufen, die von Short-Futures-Besitzern ausgestellt werden. Es ist sogar so, dass ein großer Teil der "Registered"-Kategorie aus Investoren besteht, die Long-Futures-Positionen eröffnet haben und die bei der Endfälligkeit der Kontrakte eine physische Lieferung anstreben. In anderen Worten: Diese Kategorie umfasst vor allem Investoren, und nicht kommerzielle Marktteilnehmer.
  • "Eligible"Diese Kategorie umfasst Barren, die nach den Standards (Gewicht, Größe, Reinheit etc.) der COMEX entsprechen, gegen die aber keine Quittungen ausgestellt sind. Ein Investor kann zum Beispiel 1000 Unzen Silber von einem Händler kaufen und diese Barren dann an die COMEX-Lagerhallen liefern. Das ist ein privates Geschäft, das nichts mit der COMEX an sich zu tun hat. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem diese Barren offiziell registriert werden (etwa über ein exchange-for-physicals-Geschäft) werden sie in der "Eligible"-Kategorie bleiben, bis sie vom Investor wieder an der Lagerhalle abgeholt werden. In anderen Worten: Die "Eligible"-Kategorie kann POTENZIELL einmal zu einer "Registered"-Kategorie werden, kann aber derzeit nicht verwendet werden, um eine physische Lieferung gegen einen Short-Futures-Kontrakt darzustellen.

Nun erklärt die CME Group die Reduzierung der "Registered"-Kategorie um 8 Millionen Unzen und die Erhöhung der "Eligible"-Kategorie um die gleiche Menge damit, dass diese 8 Millionen Unzen bisher Lagerscheine in Papierform gewesen seien, die erst noch in elektronische Form umgewandelt werden müssten. Diese 8 Millionen Unzen werden solange in der nicht lieferbaren "Eligible"-Kategorie verharren, bis die Lagerscheine von ihren Besitzern in elektronische Form umgewandelt werden.

Das glauben wir natürlich alle so wie es da steht in einer Zeit, wo der Silberpreis auf dem Sprung über die 50-Dollar-Marke ist. Besonders schön wird diese Geschichte, wenn man sich die jüngsten Berichte über die COMEX-Lagerhalle im kanadischen Scotia Mocatta näher betrachtet. Das ist eine der fünf Lagerhallen der COMEX. Dort gab es vor einer Woche bereits eine ähnliche Umwandlung - damals wurde entdeckt, dass 25% der "Registered"-Lagerbestände nur Lagerscheine waren, nicht wirklich vorhandenes und lieferbares Silber.

Wenn das gerade jetzt auffällt, muss man sich die Frage stellen - wie viel Silber denn tatsächlich vorhanden ist? Ist die Menge der physisch lieferbaren und verfügbaren Silberbestände in den anderen drei COMEX-Lagern jetzt richtig ausgewiesen oder gibt es noch mehr Lieferscheine oder Quittungen, die auf Silber ausgestellt sind, das dem Markt gar nicht zur Verfügung steht? Oder ist die Menge bei Null? Oder negativ?

Der Edelmetallexperte Johann Saiger schreibt im Midas-Brief am 26. April, dass es sinnvoll sei, vorsichtiger am Silbermarkt zu werden. Es kann aber auch sein - wenn es zu einem Squeeze am Silbermarkt kommt, dass die Preissteigerungen auch nochmal bis 75 oder 100 Dollar weiter gehen, bevor eine Korrektur einsetzt. Die Situation an der COMEX gilt es also genauestens im Auge zu behalten.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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