Kommentar
20:44 Uhr, 21.01.2009

SIE sind ausgewiesener Öl-Bulle ? - Da ist etwas, das ganz zäh gegen Sie arbeitet! - Es nennt sich CONTANGO.

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Öl ist wieder vergleichsweise günstig, jedenfalls nicht teurer als Mitte 2004. Ob es schon für eine Bodenbildung reichen kann, bleibt auf dem aktuellen Niveau noch zu beobachten, langfristig sollte der Ölpreis sich aber wieder nach oben bewegen.

[Link "Ölpreis in 2009 - Es wird Zeit, Shortpositionen aufzulösen! - Bodenbildung möglich!" auf www.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar]

Grund für den Einbruch war eine fallende Nachfrage bei gleichzeitig auf hohem Niveau liegenden Fördermengen. Öl bleibt aber dennoch endlich, die Fördermengen wurden gekürzt bzw. könnten weiter gekürzt werden und wenn die wirtschaftliche Großwetterlage sich wieder aufhellen sollte, dann dürfte auch der Bedarf wieder steigen. Insofern wäre es sicherlich eine interessante Gelegenheit, jetzt langfristig in den Ölpreis zu investieren und darauf zu warten, dass dieser in den kommenden Jahren wieder deutlich ansteigt. Die Risiken auf der Unterseite sind letztlich langfristig relativ überschaubar geworden.

Stellen Sie sich vor, Sie selbst wüßten zu 100%, dass der Ölpreis einen Boden ausbildet. Sie würden Öl also kaufen, um von diesem Wissen zu profitieren. Schön und gut, bei einer Aktie würde das jederzeit funktionieren, bei Rohstoffen ist das aber nicht ganz so einfach. Bei Rohstoffen kann Ihnen ein Mechanismus einen Strich durch die Rechnung machen, der CONTANGO genannt wird.

Ganz so einfach ist es also nicht einen möglichen Boden bei Öl zu kaufen, denn mit dieser Idee steht man als Anleger nicht alleine da.

Öl langfristig quasi wie eine Aktie kaufen und darauf warten, dass der Kurs wieder steigt, würde sehr gut funktionieren. Es würde funktionieren, wenn nicht die Preise langfristig bereits auf einem deutlich höheren Kursniveau notieren würden. Und das ist aktuell der Fall. Öl wird an den Terminmärkten über Futures gehandelt. Die Besonderheit dieses Tradingvehikels ist die Unterteilung in Kontrakte. Der Future auf den Ölpreis befindet sich in einer Contango-Struktur. Das bedeutet, dass die späteren Fälligkeiten des Öl-Futures auf einem höheren Preisniveau angesiedelt sind. Verdeutlichen lässt sich dies einfach durch die folgende Grafik, entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Rohstoff-Reports ( http://www.rohstoff-report.de ) . Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Übersicht fand sich der aktuelle Februarkontrakt auf einem Preisniveau von 33,46 $, während bereits der Kontrakt für den Juli dieses Jahres bei 50,25 $ notierte. Ein weiterer Blick in die Zukunft zeigt einen weiteren Anstieg, bis auf 77,30 $ geht es zum Ende 2017 nach oben.

Die Future-Märkte preisen also einen deutlichen Anstieg des Ölpreises ein.

Das hat den Nachteil, dass ein Investment auf den Ölpreis, in welcher Form auch immer, erst das jeweils in der Zukunft liegende Preisniveau zum jeweiligen Zeitpunkt übersteigen muss, um tatsächlich in den Gewinn zu laufen. Derzeit entstehen nämlich bei einem Investment ständig so genannte Rollverluste, welche erst wieder aufgeholt werden müssen. Der Mechanismus ist dabei relativ einfach und stellt sich wie folgt dar:

Es soll ein Investment im Februar-Kontrakt des Öl-Futures auch über dessen Fälligkeit hinaus gehalten werden. Der Anleger muss also, wenn der Februar-Kontrakt ausläuft, wenigstens in den nächstfolgenden wechseln, um investiert zu bleiben.

Zum aktuellen Zeitpunkt müsste der Februar-Kontrakt für 33,46 $ verkauft werden, bei unveränderter Stückzahl würde der März-Kontrakt zu 39,74 $ zu haben sein. Es tritt also ein Verlust von 39,74-33,46 $ = 6,28 $ beim Rollen des Kontraktes pro Stück auf. Steigt der neue Kontrakt dann um 6,28 $ weiter, dann wird dieser Verlust wieder herein geholt. Das muss dann aber auch erst einmal der Fall sein.

Aktuell ist die Contango-Struktur beim Ölpreis gravierend, was nicht von langer Dauer sein muss. Um allerdings mit einem Investment, welches auf Mitte des Jahres bis zum Juli ausgerichtet ist, in den Gewinn zu laufen, muss der Ölpreis dann auch wenigstens bei 50,25 $ bzw. darüber stehen.

Umgehen lässt sich dieses Problem nicht, auch nicht über Zertifikate. Zertifikate auf den Ölpreis steigen und fallen mit diesem, auch wenn sie ohne Laufzeitbegrenzung sind, nehmen diese Rollverluste aber ebenfalls in ihrer Struktur hin. Die Partizipation sinkt entsprechend des Rollverlustes kontinuierlich.

An einem Beispiel lässt sich dies verdeutlichen. Gewählt wurde ein beliebiges, aber real an der Börse gehandeltes Long-Hebelzertifikat auf Brent Öl mit einem Bezugsverhältnis von 1:1 und einem Basispreis von derzeit 25,68 $. Die nachfolgende Tabelle zeigt dessen Entwicklung an drei Stichtagen. Dies sind die Handelstage, an denen der Ölpreis zuletzt markante Zwischentiefs erreicht hat sowie der heutige Tag.

Am 05.12.2008 stand Brent Öl bei 39,74 $, das Zertifikat stand zu diesem Zeitpunkt bei 15,49 Euro. Am bisherigen Korrekturtief bei 36,49 $ am 23.12.2008 stand Brent bei 36,49 $ und das Zertifikat bei 10,99 $. Aktuell steht Brent bei 44,53 $ und das Zertifikat bei 14,33 $. Bereits hier fällt auf, dass es zu deutlichen Abweichungen der Entwicklung kommt.

Das Long-Hebelzertifikat hat rund 7 % verloren während Brent selbst gegenüber Anfang Dezember gut 12 % ansteigen konnte.

Gegebenenfalls hat der Anleger also auf die richtige Entwicklung gesetzt, diese ist sehr deutlich eingetreten, die Position weist aber ein nicht unerhebliches Minus auf.

Der starke Unterschied zeigt sich auch, sofern einfach der Kurs des Zertifikates bei unverändertem Basispreis und auch währungsabhängig zurück gerechnet wird, was die letzte Spalte der Tabelle verdeutlicht. Am Tief bei 36,49 $ hätte das Zertifikat auf Basis des aktuellen Basispreises sowie des damals aktuellen Wechselkurses einen Wert von 7,76 Euro haben müssen. Zu bekommen war es allerdings für 10,99 Euro. Das bedeutet, der Käufer am Tief hätte eigentlich einen Gewinn von fast 85 % bis zum aktuellen Zeitpunkt erreichen müssen. Tatsächlich sind es aber nur vergleichsweise geringe 30 % geworden. Dieser Verlust an Performance, obwohl der Ölpreis stark gestiegen ist, geht auf Kosten der Rollverluste, welche der Anleger in jedem Fall auch innerhalb des Hebelzertifikates trägt. Statt eines Anstieges seit dem 23.12.2008 von 8,45 Euro sind es tatsächlich nur 3,34 Euro geworden.

Alternative: Endloszertifikat – Das normale Open End Zertifikat bildet die Entwicklung des Ölpreises unbegrenzt 1:1 ab, gegebenenfalls mit einem kleinen Abzug für Gebühren, was bei den hier betrachteten Bewegungen aber nur gering ins Gewicht fällt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Quanto-Zertifikate zu nutzen, welche das Währungsrisiko komplett ausschalten. Die Annahme, dass sich diese Contango-Situation damit umgehen ließe, da das Zertifikat die Entwicklung 1:1 abbildet, ist aber falsch. Dies zeigt die nachfolgende Tabelle, in der zu einem gewählten handelbaren Zertifikat ein ähnlicher Vergleich angestellt wurde. Die Währungsschwankung bleibt in diesem Fall unberücksichtigt, was den Vergleich vereinfacht.

Es zeigt sich, dass der Ölpreis von Anfang Dezember bis zum 23. Dezember um 8,18% fiel, das mitlaufende Zertifikat hat in diesem Zeitraum einen Verlust von 13,61 % verbucht. Der nachfolgende Anstieg von +22,03% konnte nicht mitgenommen werden, für den Käufer des Zertifikates wurden es nur +7,54%. Es steht ein Käufer des Zertifikates von Anfang Dezember auch jetzt noch im Verlust, während der Ölpreis in diesem Zeitraum bereits um über 10 % ansteigen konnte. Die Abweichungen gehen auch in diesem Fall auf Kosten der Rollverluste. Der nebenstehende Vergleichschart macht dies auch noch einmal eindrucksvoll deutlich. Seit einigen Wochen läuft das Zertifikat dem Ölpreis gravierend nach.

Auf absehbare Zeit sollte sich die Contango-Strukturkurve letztlich wieder abflachen. Sei es durch die aufkommenden Arbitragehandlungen oder durch eine Anpassung der Einschätzung der Marktteilnehmer zum Ölpreis in Zukunft ... auf der Suche nach dem fairen Wert. In jedem Fall stellt sich aber ein Investment in Öl zum aktuellen Zeitpunkt nicht als die beste Möglichkeit dar. Sofern die aktuelle Entwicklung zugrunde gelegt wird, kann ein Anleger mit einem Zeithorizont bis Juli dieses Jahres nur dann überhaupt etwas gewinnen, wenn der Ölpreis als Cash-Preis bis dahin über 50 $ steigt. Ein Anstieg auf 48 $ reicht dafür beispielsweise nicht aus. Die Einschätzung der Richtung der Kursentwicklung wäre zwar richtig, der aktuell einsteigende Anleger müsste aber dennoch zum Fälligkeitstermin einen Verlust realisieren. Es heißt also ... Abwarten bis sich die Rahmenbedingungen für mittel- bis langfristige Investments im Ölpreis wieder verbessern oder auf einen sehr starken Anstieg in den kommenden Monaten zu setzen.

Insofern bebachten Sie beim Handel von Rohstoffen immer die Terminkurven, die Ihnen aufzeigen, ob der jeweilige Rohstoff-Basiswert wie beispielsweise Öl in Contango oder aber dem Gegenteil davon, nämlich Backwardation, stehen. Es gibt Marktphasen, wie der aktuell vorliegenden, in denen viele Rohstoffe in Contango stehen. In diesen Phasen lassen sich die Rohstoffe dann schwierig handeln.

Marko Strehk - Technischer Analyst und Trader bei GodmodeTrader.de

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Über den Experten

Marko Strehk
Marko Strehk
Technischer Analyst und Trader

Marko Strehk blickt auf intensive langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Strategien des auf Charttechnik basierenden Tradings zurück. Als versierter Allrounder handelt Strehk Aktien und Indizes im kurz- und mittelfristigen Zeitfenster mit bestechender Präzision. Überragende Fähigkeiten in Trend- und Kursmusteranalysen, bei der Anwendung von Risiko- und Moneymanagementstrategien sowie ein umfassendes theoretisches Wissen zu unterschiedlichen Tradingmethoden und Tradinginstrumenten wie beispielsweise Hebelzertifikate, Optionsscheine, CFDs und Anlagezertifikate zeichnen ihn aus. Auf GodmodeTrader.de betreut Strehk als Headtrader die Produktpakete „Aktien Premium Trader“ und „CFD Trader Services“.

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