Kommentar
19:20 Uhr, 13.02.2019

Shutdown-Ende und China-Deal: Wie lange hält die Euphorie?

Anleger waren auch schon pessimistischer. Man kann sogar von leichter Euphorie sprechen. Bei positiven Signalen in der Handelspolitik und dem Ausbleiben eines zweiten Shutdowns gibt es auch viel zu feiern, oder?

Trump bekommt seine Mauer wohl erst einmal nicht. Bisher ist nur ein Drittel der Grenze mit Zäunen und anderen Barrieren gesichert. Bei über 3.000km Grenze bleiben da über 2.000km ungesichert. Da hilft der jetzige Deal kaum, der Mittel für ein paar Dutzend Kilometer Mauer freigibt.

Der große Wurf ist der Haushaltsdeal nicht, wobei es wohl darauf ankommt, wen man fragt. Republikaner dürften enttäuscht sein, dass es keine Mauer gibt. Demokraten haben ihr oberstes Ziel durchgesetzt, aber keinen Deal in der Migrationsfrage insgesamt bekommen.

So oder so, ein zweiter Shutdown scheint abgewendet. Der Deal ist noch nicht vom Präsidenten unterschrieben worden. Es gibt also noch Überraschungspotentzal. Der erste Shutdown kam in der Bevölkerung allerdings nicht gut an. Politisch ist es besser, jetzt bei der Mauer vorerst aufzugeben und den Staat offen zu halten.

Auch auf anderer Front ist der Präsident versöhnlich. Verlaufen die Handelsgespräche mit China gut, ist die Deadline am 1. März nicht wörtlich zu nehmen. Dann sollten – wenn kein Deal gemacht wurde – höhere Zölle gelten. Auf 200 Mrd. an Waren würden dann nicht mehr 10 %, sondern 25 % erhoben. Da es sich vor allem um Konsumgüter handelt, würden das die Wähler recht schnell bemerken.

Daran ist keinem gelegen, allerdings ein notwendiges Übel, wenn China nicht in Kernpunkten auf die USA zugeht. Vor allem beim Schutz des geistigen Eigentums scheinen die Hürden unüberwindbar. Genau dafür wurde die ganze Show jedoch veranstaltet.

Kurz gesagt: den Deal glaube ich erst, wenn ich ihn sehe. Zu häufig wurde vom Durchbruch gesprochen. Am Ende gab es dann doch nichts. Zudem hat die Börse einen Deal und das Ausbleiben eines zweiten Shutdowns meiner Ansicht nach so langsam eingepreist.

Inzwischen wird es Zeit, etwas ganz anderes einzupreisen. Die Stimmung der kleinen und mittleren Unternehmen befindet sich im freien Fall (Grafik 1). Die Stimmung der KMU ist stark mit dem Wirtschaftswachstum korreliert. Den USA steht eine massive Abkühlung bevor.


Die Korrektur Ende 2018 hat das eingepreist. Inzwischen sind die Kurse allerdings wieder stark gestiegen, zu stark. Eine Eintrübung des Geschäftsklimas im Ausmaß der letzten Monate ist nicht mit einer Kurzkorrektur abgehakt (Grafik 2). So dramatisch wie jetzt brach die Stimmung ohnehin selten zuvor ein.

Für mich ist zu viel Euphorie im Markt. Diese ist von Tagesmeldungen über China und den Shutdown getrieben. Substanz in der Wirtschaft fehlt allerdings komplett. Das muss die Kurse nicht sofort morgen drücken, doch früher oder später holen die Fundamentaldaten auch die Börse ein.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • benz49
    benz49

    Jeder weiß doch, maßgebend ist nicht, was wirklich geschieht, sondern was die Leute glauben, was geschehen wird.

    07:51 Uhr, 14.02.2019
    2 Antworten anzeigen
  • hochdietassen
    hochdietassen

    Aber, lieber Herr Schmale: "Don`t fight the FED"... alles andere interessiert da eher weniger...

    19:26 Uhr, 13.02.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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