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17:49 Uhr, 22.05.2019

Seltene Erden: Chinas neue Waffe im Handelsstreit mit den USA?

Pekings einzige Möglichkeit im Handelskrieg gegen die USA zurückzuschlagen ist eine Beschränkung des Exports von Seltenen Erden in die USA. So liest man es in vielen Medien. Doch Skepsis ist angebracht, ob diese Option so wirksam wäre, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag.

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Peking (Godmode-Trader.de) - Fieberhaft dürften die Chinesen derzeit darüber nachdenken, wie sie dem Druck Amerikas standhalten oder sogar zurückschlagen können. Neue Zölle auf US-Waren? Soviel Spielraum gibt es da nicht mehr. Der Verkauf von US-Staatsanleihen in großem Stil? Nicht so günstig, weil das auch Verluste für das eigene Portfolio bedeuten kann. Eine massive Abwertung des Yuan? Grundsätzlich ist es so, dass eine billige Währung China eher ärmer macht, weil es die Importe verteuert.

Die Pekinger Zeitung „Global Times“, die der Kommunistischen Partei Chinas (KP) gehört, hat nun eine wirksamere Waffe im Handelskrieg ausgemacht. „Amerikas Verlangen nach Seltenen Erden“. Dies sei ein Ass in Pekings Hand. Laut vielen Statistiken würden 95 Prozent des weltweiten Vorkommens der Metalle in chinesischen Böden liegen, heißt es in einem Kommentar der Zeitung. Ohne diese Metalle aber würde die US-Technologieindustrie einpacken können. Ohne Seltene Erden würde es weder Smartphones, Elektroautos noch viele technische Geräte geben. Es werde Jahre brauchen, bis die USA ihre Förderindustrie für Seltene Erden aufgebaut habe. Das sei lange genug für China, um einen Handelskrieg gegen Amerika zu gewinnen.

Die USA sind in der Tat eine der Hauptmärkte für Lieferungen von Seltenen Erden aus China. Die Volksrepublik exportiert etwa Erze, welche reich an Lanthan sind. Diese finden Verwendung in der Öl-Raffination. Neben China haben aber auch die USA und Brasilien große Vorkommen an den besonderen Metallen. Weil aber der Pekinger Regierung die schweren Umweltschäden, die der Abbau erfordert, ziemlich - salopp formuliert - wurscht sind, und auch die Arbeitskosten kaum zu Buche schlagen, stellt China 80 Prozent der weltweiten Produktion, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet.

Staatspräsident Xi Jinping besuchte jüngst das Unternehmen JL Mag Rare-Earth, einem der größten Förderer von Seltenen Erden in China. Ist dies nicht ein unverkennbares Signal? Wie Bloomberg berichtete, stiegen die Aktien von JL MAG Rare-Earth am Montag rund um den Besuch deutlich. Könnte China nun das Thema Seltene Erden als Druckmittel gegen die Trump-Administration einsetzen? Gerade jetzt, wo die amerikanische Regierung den chinesischen Technikkonzern Huawei mit von der Lieferung überlebensnotwendiger Halbleiter abgeschnitten hat?

Seltene Erden spielen im eskalierenden Handel zwischen den USA und China eine große Rolle. Die USA schlossen Seltene Erden von ihrer Liste zukünftiger Zölle für chinesische Waren im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar aus, die für die nächste Maßnahmenwelle vorgesehen sind. Der Besuch Xis bei JL MAG Rare-Earth „sendete ein Warnsignal an die USA, dass China Seltene Erden als Vergeltungsmaßnahme einsetzen könnte, wenn sich der Handelskrieg verschärft“, sagte Yang Kunhe, Analyst von Pacific Securities zu Bloomberg. Dies könne auch die Ausfuhr der Metalle in die USA einschränken, erklärte er.

Ein Pekinger Fachmann ist da schon skeptischer, was das Thema angeht. Weil es Seltene Erden auch anderswo gibt, sei Chinas Monopol nicht vergleichbar etwa mit Saudi-Arabiens Dominanz in der Ölproduktion, zitierte die FAZ hingegen den Pekinger Experte Zhou. Es gebe eine Diskrepanz zwischen den relativ geringen Vorkommen und der gewaltigen Produktionsmenge, die nicht nachhaltig sei, weil die Reserven zu Ende gingen. Bereits heute sei China nicht nur der größte Exporteur, sondern auch Importeur von Seltenen Erden. Wolle die Regierung die Seltenen Erden nun als Druckmittel im Handelsstreit einsetzen, habe dies nur einen kurzfristigen Effekt, sagte Zhou der FAZ. Denn sollte infolge von Exportbeschränkungen der Preis steigen, würden sich die USA schnell nach anderen Lieferanten umschauen. Der gestiegene Preis würde wiederum China als größten Importeur von Seltenen Erden treffen.

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Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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