Fundamentale Nachricht
11:34 Uhr, 21.08.2018

Schwellenländeraktien können den Handelskonflikten standhalten

Schwellenländeraktien bieten nach Einschätzung von Goldman-Sachs-Expertin Marie Cardoen derzeit einen interessanten Einstiegspunkt in eine mehrjährige Erholungsphase.

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  • iNAV Deka MSCI Emerging Mkts.
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New York (GodmodeTrader.de) - Seit Donald Trump im März eine Zollabgabe von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von 50 Milliarden US-Dollar angekündigt hat, treiben Handelsstreitigkeiten die Aktienmärkte vor sich her. Zunächst reagierte China mit Vergeltungszöllen im gleichen Umfang, das heißt, Zölle von 25 Prozent auf politisch sensible US-Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar, wie Marie Cardoen, Head of Retail bei Goldman Sachs Asset Management für Deutschland und Österreich, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Anfang Juli hätten die USA schließlich Zölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden US-Dollar eingeführt und mit zusätzlichen Abgaben auf chinesische Güter im Volumen von 200 Milliarden US-Dollar gedroht, was die Anlageklasse weiter belaste. So sei es zu Abflüssen von rund 20 Milliarden US-Dollar aus Schwellenländeraktien gekommen und die Anlageklasse habe in US-Dollar gemessen beinahe 15 Prozent von ihrem Höchststand vom Januar dieses Jahres verloren, heißt es weiter.

„Bekanntermaßen warb Donald Trump während seines Wahlkampfs 2016 mit einer aggressiv-protektionistischen Agenda. Insofern war zu erwarten, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China in gewissem Umfang verschlechtern. Die Geschwindigkeit der Eskalation überraschte die Märkte dennoch, da viele der vorherigen Drohungen Trumps nicht realisiert worden. Vermutlich wird das Hin und Her anhalten, es lässt sich aber kaum vorhersagen, in welche Richtung genau sich der Handelsstreit weiterentwickeln wird. Als langfristig ausgerichtete Anleger ist unserer Meinung nach entscheidend, sich stattdessen auf die fundamentale Lage zu konzentrieren. In dieser Hinsicht präsentieren sich die Volkswirtschaften der Schwellenländer weiterhin solide“, so Cardoen.

Zum einen hätten sich die Fundamentaldaten der Schwellenländer in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich verbessert. Seit dem Taper Tantrum im Jahr 2013 hätten die Volkswirtschaften zahlreiche notwendige Maßnahmen ergriffen, die ihre Leistungsbilanzen gestärkt hätten, die Inflation gesenkt hätten und ihre Wachstumsaussichten verbesserten, heißt es weiter.

„Zum anderen handelt es sich bei den Schwellenmärkten um ein vielfältiges Anlageuniversum: Auch wenn sich die Zahlen in den Schlagzeilen oftmals dramatisch anhören, agieren viele der Länder weitgehend unberührt von den aktuellen Handelsspannungen. Sogar im Fall von China entsprechen die angekündigten Zölle lediglich zwei Prozent der chinesischen Exporte und 0,4 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Oder anders ausgedrückt: Die Zollabgabe von 25 Prozent entspricht 0,1 Prozent des chinesischen BIPs. Außerdem ist China gut aufgestellt, um an den fiskal- und geldpolitischen Stellschrauben zu drehen und die wirtschaftlichen Folgen anhaltender Handelskonflikte einzudämmen, falls sich die Lage weiter verschärfen sollte“, so Cardoen.

Darüber hinaus seien die Aktienmärkte der Schwellenländer zunehmend binnenorientiert. Schwellenländerunternehmen erwirtschafteten nur acht Prozent ihrer direkten Umsätze in den USA, bei chinesischen Unternehmen betrage dieser Anteil lediglich zwei Prozent. Natürlich hätten weitere Einschränkungen des freien Handels Folgewirkungen, doch bisher bleibe die Gewinnentwicklung der Schwellenländerunternehmen solide. Nachdem die Gewinne in den vergangenen zehn Jahren größtenteils verhalten ausgefallen seien, habe sich das Bild zuletzt gebessert: 2017 seien die Gewinne um mehr als 20 Prozent gestiegen und für dieses Jahr werde trotz der aktuellen Unsicherheit eine erneute Steigerung um über zehn Prozent erwartet. Besonders erfreulich sei, dass erstmals seit 2011 auch die Eigenkapitalrenditen die Schwellenländererträge mitzögen, da sich die Margen und die Rentabilität der Unternehmen verbesserten, heißt es weiter.

„Zu guter Letzt können wir als Bottom-up-Anleger bei unserer Anlagetätigkeit ganz anders vorgehen als der breite Markt. Wir sind in der Lage, aktiv Unternehmen ausfindig zu machen, die weniger anfällig für politische Entwicklungen sind und unabhängig von Handelskonflikten über den Marktzyklus hinweg Mehrwert generieren können. Auch die erhöhte Volatilität, die in den vergangenen Monaten zu beobachten war, kann interessante Chancen für aktive Manager eröffnen“, so Cardoen.

Ein ausgewachsener Handelskrieg würde die Exporterlöse und das Wachstum beeinträchtigen, die weltweiten Lieferketten unterbrechen und letztlich auch die Risikobereitschaft der Anleger reduzieren. Derzeit zeigten sich die Schwellenländer aber nach wie vor widerstandsfähig und die fundamentalen Aussichten für ihre Aktien blieben positiv, heißt es weiter.

„Wir rechnen für die kommenden Jahre weiterhin damit, dass sich der Wachstumsvorsprung der Schwellenländer gegenüber den Industriestaaten verbessert. Diese Entwicklung korrelierte in der Vergangenheit mit einer Outperformance von Schwellenländeraktien. Langfristige Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Schwellenländer am globalen Wachstum in den nächsten zehn Jahren auf beinahe 75 Prozent steigen wird und dabei 1,2 Milliarden Menschen von armen Bevölkerungsschichten in die Mittelklasse aufsteigen werden. Wir sind zuversichtlich, dass binnenorientierte Unternehmen, die über differenzierte Strategien verfügen, auf lange Sicht gut aufgestellt sind. Nach dem jüngsten Ausverkauf liegen die Bewertungen von Schwellenländeraktien wieder unter ihren langfristigen Durchschnittsniveaus und die Titel werden mit einem Abschlag von 25 Prozent gegenüber ihren Industrieländerpendants gehandelt. Das bietet einen interessanten Einstiegspunkt in eine mehrjährige Erholungsphase“, so Cardoen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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