Kommentar
17:48 Uhr, 24.09.2003

Schroders - Kommentar zur aktuellen Lage

Wie erwartet hat die Fed die Zinsraten bei ihrem 45-Jahrestief von 1% letzte Woche belassen. Ihre Kommentare waren im Einklang mit früheren Aussagen über "die Anpassung der Geldpolitik….kann für einen beträchtlichen Zeitraum beibehalten werden" und es bestünde weiterhin das Risiko einer sinkenden Inflation. Eine interessante Änderung war das Zugeständnis, dass "der Arbeitsmarkt sich verschlechtert hat" (im Vergleich zu der Aussage von August, dass er "uneinheitlich" sei). Darauf basieren unsere Zweifel bezüglich der Beständigkeit einer US-getriebenen Erholung über das nächste Jahr.

Das Protokoll der Sitzung des Geldpolitischen Ausschusses der Bank von England im September war weniger friedliebend. Obwohl es eine unbekannte Stimme für eine Beibehaltung des momentanen Zinsniveaus gab, verrät die Stimmung unter den Mitgliedern, dass die "vorsorgliche" Zinskürzung in der nahen Zukunft wieder aufgehoben werden sollte. Wenn die globalen Wirtschaftsdaten weiterhin stark bleiben und der Konsument in Großbritannien fort fährt in dieser Höhe Kredite aufzunehmen und Geld auszugeben, wie aus der Einzelhandelsstatistik dieser Woche und den Privatkreditzahlen ersichtlich ist, sollte ein Anstieg der Zinsen gegen Ende des Jahres sehr wahrscheinlich werden. Die Erholung in den USA wird zu einem gegebenen Zeitpunkt nächstes Jahr zum Stillstand kommen. Dennoch sieht es so aus, als wäre die Einpreisung der angezogenen 100 Basispunkte in die kurzfristige Pfundsterlingertragskurve bis zum Ende nächsten Jahres nicht realistisch.

Kehrt der vernunftwidrige Überfluss zurück?

Angaben zufolge rechnen 90% der Fondsmanager mit einer Verbesserung der Weltwirtschaft in den nächsten 12 Monaten1, und dies ist ein willkommenes Zeichen dafür, dass es schließlich eine Erholung geben kann. Die Investoren ziehen Aktien den Anleihen und Industriegütern den Gebrauchsgütern vor und bevorzugen das konjunkturempfindliche Japan über andere Märkte. In diesem Zusammenhang sollten die Investoren die Warnflagge erkennen. Die Erholung schwächt sich nicht ab, aber wenn fast alle auf dieser Basis investieren, wird es sich bald in den Preisen widerspiegeln. Da sich die Aktien in den letzten Monaten besser als Anleihen entwickelt haben, besteht die Möglichkeit, dass Aktien eine kleine Pause einlegen werden, während die Investoren die Situation neu bewerten und sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung der Weltwirtschaft bilden. Dies ist gut möglich, aber muss nicht das Ende eines langfristigen Aufschwungs der Risikoanlagen bedeuten.

Um dies einschätzen zu können, haben wir unsere Aktienrisikoprämienmodelle, mit denen wir die langfristig erwarteten Aktienerträge mit denen von Anleihen vergleichen, überarbeitet. Im Detail stellen wir uns die Frage, welche Wachstumsrate bei Ausschüttungen von Aktien notwendig ist, um Anleihen um 3,5% zu übertreffen. Dies ist auch als die implizierte Wachstumsrate von Aktien bekannt. Die 3,5% wurden auf der Basis ausgewählt, dass es unsere beste Annahme einer langfristigen Risikoprämie als Abgeltung für Investoren, die über risikoreiche Anlagen wie Aktien verfügen, darstellt. Dafür gibt es aber keinen Konsensus. Die Vergangenheit zeigt, dass Aktien Anleihen um geschätzte 4% pro Jahr übertreffen, aber dieser Ertrag konnte auch gut höher sein, als man zum Zeitpunkt der Investitionen erwartet hat. Die meisten versicherungsmathematischen Berater in Großbritannien verwenden 3% oder 3,5% für ihre Anlagenverbindlichkeitsarbeit.

Wie man erwarten kann, bedeutet die Rally der Aktien kombiniert mit dem Abstoßen der Anleihen, dass Ausschüttungen schneller wachsen müssen, um die gleiche Outperformance zu erzielen; z.B. das implizierte Wachstum auf den Aktienmärkten ist gestiegen. Dies bezieht sich auf alle Märkte. In den USA zum Beispiel stieg es von 2,1% im März auf 3,1% heute. In Großbritannien ist das implizierte Wachstum auch um einen Prozentpunkt auf 2,6% gestiegen. Dies sind bedeutende Zuwächse und sie stehen im Einklang mit dem oben beschriebenen Optimismus. Nun stellt sich aber die Frage, ob diese Wachstumsraten realistisch und erreichbar sind, oder ob die Investoren wieder einmal zu optimistisch geworden sind.

Eine Möglichkeit um diese Frage zu beantworten, ist die Zahlen in einen langfristigeren Kontext einzuspielen. Unter der Verwendung unserer Datenbank mit den Erwartungen können wir implizierte Wachstumsraten bis zu 1990 berechnen. Daraus ersehen wir, dass obwohl die Erwartungen sich verbessert haben, sie an vergangenen Standards gemessen aber noch niedrig und bedeutend niedriger als die erwarteten Niveaus in 2000 sind.

Eine andere Möglichkeit, die aktuelle implizierte Wachstumsrate herauszufinden, ist im Vergleich mit den Konsensuserwartungen für das langfristige reale BIP-Wachstum. Über einen längeren Zeitraum verändert es sich nicht wesentlich, aber es dient als Abgleich mit der Realität. In den meisten Fällen war die implizierte Wachstumsrate der Aktien höher als die Konsensuserwartungen. Zu einem gewissen Teil ist dies willkommen, weil Unternehmen ihre Einnahmen schneller erhöhen als das BIP, wenn sie in schneller wachsende Märkte investiert sind oder von einer strukturellen Änderung profitieren. Es gibt jedoch Grenzen und die Lücke ist ein Zeichen dafür, dass Anleihen im Vergleich mit Aktien über das letzte Jahrzehnt hinweg einen relativ guten Wert hatten.

Wir haben gesehen, dass das implizierte Wachstum in diesem Frühjahr unter die Konsensuserwartungen gefallen ist. Es war ein Zeichen zu pessimistischer Erwartungen inmitten von Angst vor einer Deflation. Mit den Ausnahmen Deutschlands und Japans bewegen wir uns durch die nachträgliche Rally wieder konform mit den langfristigen Wachstumserwartungen in den meisten Märkten. Dies könnte darauf hinweisen, dass im Falle eines Wachstums der Ausschüttungen im Gleichklang mit der Wirtschaft, Aktien Anleihen um 3,5% schlagen würden. Wenn man die Wahl zwischen Aktien und Anleihen hat, deutet es darauf hin, dass Aktien gegenüber Anleihen noch immer über einen strategischen Wert verfügen. Investoren sind auf eine steigende Tendenz eingestellt, aber noch immer weit von einer irrationalen Übertreibung.

Quelle: Schroders

Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. Dezember 2002 über 135,5 Mrd. Euro.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen