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10:06 Uhr, 11.09.2024

Scholz wirft Union "Sprücheklopfen" vor

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Union wegen ihres Vorgehens in der Migrationspolitik scharf attackiert. Er warf CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag vor, Sprüche zu klopfen und nichts hinzukriegen. "Sie sind der Typ von Politiker, der glaubt, mit einem Interview in der Bild am Sonntag hätte er schon die Migrationsfrage gelöst. So ist das nicht in der Wirklichkeit", sagte Scholz. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Regierung die Tür weiterhin offen halte für eine Zusammenarbeit mit der Union in dieser Frage, so wie die Union dies zunächst vorgeschlagen hatte.

"Das war gut, dass Sie dieses Angebot gemacht haben. Denn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wollen nicht irgendwelche Theateraufführungen hier erleben. Sie wollen, dass wir ernsthafte und seriöse Politik machen - seriös, ich buchstabiere Ihnen gerne, wie das geht", sagte er während der Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt der Bundesregierung.

"Es wäre gut gewesen, wenn wir zu gemeinsamen Lösungen gekommen wären. Und ich sage, auch wenn Sie es nicht hören wollen, vielleicht: Wir schlagen niemals eine Tür zu, Sie können immer wieder kommen, trotz der schlechten Erfahrungen, die wir gemacht haben", so Scholz.

An die Adresse von Merz sagte Scholz, dass sich dieser in die Büsche geschlagen habe. "Das ist nicht gut für Deutschland", so Scholz. Merz habe vor zwei oder drei Wochen ein Drehbuch geschrieben, in dem stehe, dass er der Regierung ein Angebot auf Zusammenarbeit mache und dann das Angebot ausschlage und sagen werde, es sei nicht genug. Mit solch einer ernsten Angelegenheit dürfe man aber nicht so umgehen, so Scholz.

"Führung ist nicht, dass man auf eine Barrikade steigt, mit einer wilden Geste Forderungen erhebt. Führung ist, dass man sich umdreht, um die eigenen Leute zu einem Kompromiss zu bewegen. Das ist Führung, Herr Merz", so Scholz.

Am Vortag war der Asylgipfel der Bundesregierung mit der Union und Vertretern der Länder gescheitert. Merz hatte der Ampel-Koalition vorgeworfen, sich nicht auf wirksame Maßnahmen einigen zu können. Die Ampel kapituliere vor der Herausforderung der irregulären Migration. Laut Merz ist die Bundesregierung handlungsunfähig und führungslos.

Scholz machte hingegen deutlich, dass die Regierung weiterarbeiten werde, um die illegale Migration zu verringern. Das Asylrecht werde aber nicht zur Debatte gestellt.

In seiner Rede griff Scholz gleichzeitig die AfD an. Die Wahlergebnisse für die Partei in Thüringen und Sachsen seinen bedrückend und seine Regierung werde alles dafür tun, um die Partei zurückzudrängen. Die AfD sei schlecht für Deutschland und sei mit der Vergangenheit verheiratet.

Es gehe darum, nicht zu motzen, sondern zu handeln und anzupacken, so Scholz.

(Mitarbeit: Andreas Kißler)

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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