Analyse
13:46 Uhr, 14.06.2005

Schluss mit der Umverteilung in Europa !<br />

Obwohl wahrscheinlich kaum jemand außerhalb der Politikerkaste in Europa den „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ inhaltlich kennt, wird er mehrheitlich abgelehnt. Das ist nicht nur in Frankreich und den Niederlanden so, sondern fast überall, wo die Ratifizierung direkt durch das Volk und nicht durch das Parlament erfolgt. Die Ablehnung ist keine spezifische in Bezug auf ein bestimmtes Vertragswerk – es ist ein virtuelles Stopp-Schild. Es reicht erstmal, es geht uns zu schnell – das wollen die Menschen den Politikern sagen, die eigentlich ihre Interessen vertreten sollten. Obwohl der Verfassungsvertrag ökonomisch betrachtet zum Teil sehr auf meiner Linie liegt, hätte ich ihn selbst auch abgelehnt – einfach nur um die Expansionslust zu stoppen. Und nicht nur das, aus meiner Sicht ist sogar eine inhaltliche Rückführung der EU nötig. Eine politische Union ist, das zeigt sich immer deutlicher, weder durchführbar noch von der Bevölkerung gewünscht (was in einer Demokratie noch wichtiger ist). Diese Realität gilt es anzuerkennen und die Union wieder zu dem zu machen, was sie einmal war: Eine Wirtschaftsgemeinschaft. Der Freihandel in der EU ist eine große Errungenschaft und Garant dafür, dass auch verarmte Staaten aus dem ehemaligen Ostblock den Aufstieg schaffen können, wenn sie die Voraussetzungen im eigenen Land schaffen. Was wir aber nicht brauchen: Einen Regulierungsmoloch in Brüssel; ein EU-Parlament und eine EU-Kommission, die nationale Volksvertretungen und Regierungen mehr und mehr obsolet machen. Was wir zudem überhaupt nicht brauchen, bzw. was wir als Marktwirtschaftler sogar vehement ablehnen müssen: Die immer weiter ausufernde Umverteilungspolitik. Mitte des Monats soll der neue EU-Finanzrahmen verabschiedet werden, der Deutschland als größtem Nettozahler weitere Bürden auflasten wird. Da ich Umverteilung schon auf nationaler Ebene ablehne, tue ich dies noch viel mehr auf der internationalen Bühne. Wie jeder mit offenen Augen und Ohren sehen und hören kann, wandert die Industrie ohnehin massiv in den aufstrebenden Osten ab. Auch noch unser Geld hinterher zu werfen grenzt schon fast an Masochismus. Überall wo es Geld zu verteilen gibt, wird getrickst, getäuscht, betrogen, sich arm gerechnet. Das ist bei Staaten nicht anders als bei Einzelpersonen (siehe auch das Hartz IV-Debakel). Die Polen haben kurz vor ihrer EU-Aufnahme die Erpressungskarte gespielt, die Spanier lachen wahrscheinlich heute noch, weil sie trotz stärkstem Wachstum in der EU immer noch riesige Nettozahlungen erhalten, von Irland ganz zu schweigen. Die Griechen haben, um die Euro-Kriterien zu erfüllen, mal kurz ihre Haushaltszahlen gefälscht. Da dies alles in der Natur des Menschen liegt (hier ist er mal wirklich ein homo oeconomicus!), gibt es nur einen Weg: Kein Geld mehr verteilen. Nach derzeitiger Planung dagegen wird das jährliche Finanzierungsvolumen der EU bis 2013 auf über 140 Mrd. EUR steigen. Geld, das von Brüssel kassiert und dann wieder verteilt wird. Schluss damit! Stattdessen denken die Eurokraten ernsthaft darüber nach, Länder wie die Türkei in die schon kriselnde EU aufzunehmen. Die nächsten Schritte sind doch dann eigentlich auch schon klar: Israel und Marokko warten schon sehnsüchtig. Es ist nur eine Frage der Definition – eigentlich ist doch die ganze Welt Europa oder?

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Daniel Kühn - TradersJournal

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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