Kommentar
23:30 Uhr, 04.04.2008

Schleichende Abkoppelung des HongKong-Dollar vom US-Dollar?

Hongkong macht massive Zinssenkungen nur widerwillig mit. Hongkongs Wirtschaft befindet sich derzeit in ausgezeichneter Verfassung und glänzt trotz der globalen Finanzmarktkrise mit ausgezeichneten Wachstumsraten. So hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal mit einem kräftigen Zuwachs von 6,7% überzeugen können. Die Konsensschätzung von 6,1% wurde klar übertroffen, nachdem das BIP-Plus im Vorquartal 6,2% betragen hatte. Seit Anfang 2005 werden aus Hongkong durchgängig exzellente Wachstumsraten von über 6% gemeldet, das BIP-Wachstum 2007 lag bei 6,3%.

Von der guten ökonomischen Situation in der ehemals britischen Kronkolonie kann der Hongkong-Dollar jedoch kaum profitieren. Denn er ist zu einem festen Wechselkurs mit geringer Schwankungsbreite, dem sogenannten „Peg", an den US-Dollar gebunden. Das Währungspaar USD/HKD darf nur um jeweils 500 Pips um seinen Wechselkursanker von 7,8000 schwanken, womit sich eine akzeptierte Kursbandbreite von 7,7500 bis 7,8500 ergibt. Droht der Kurs aus diesem Bereich auszubrechen, ist die „Hong Kong Monetary Association“ (HKMA) zur Stelle und sorgt für einen schnellen Wiedereintritt in die Handelsspanne.

Als weitere Konsequenz der festen Währungsanbindung des HKD an den USD ergibt sich die Notwendigkeit für Hongkongs Zentralbank, allen Zinsänderungen in den USA eins zu eins zu folgen. Senkt die Fed ihren Leitzins um 75 Basispunkte, so ist die HKMA praktisch gezwungen, dies auch zu tun. Im Januar führte Hongkongs Notenbank deshalb eine geldpolitische Lockerung um 125 Basispunkte durch, und auch im März musste die HKMA erneut eine Zinssenkung um 75 Basispunkte auf jetzt 3,25% vollziehen.

Für die Kursaussichten des HKD erweisen sich die Zinssenkungen als klare Beeinträchtigung, und so traten zuletzt vermehrt Kritiker auf den Plan, die für eine Aufhebung der Währungsanbindung plädierten. Deren Argumentation ist einleuchtend: Da Hongkong keine Immobilienkrise hat und sich auch die Geld- und Finanzmärkte stabil zeigen, sind die massiven Zinssenkungen der HKMA fehl am Platze. Im Gegensatz zur schwächelnden US-Ökonomie sind die Wachstumsraten in der chinesischen „Sonderverwaltungszone“ weiter stark, zudem ist ein sich beschleunigender Anstieg des Inflationsdrucks festzustellen. Die fundamentalen Wirtschaftsdaten lassen also keine Notwendigkeit einer derart starken Leitzinsreduzierung erkennen, eine Ankurbelung der heimischen Wirtschaft erscheint entbehrlich.

Zudem führt die deutliche Abwertung des Hongkong-Dollar gegenüber dem chinesischen Yuan, der seinen Aufwärtstrend gegenüber dem US-Dollar weiter fortsetzte, zu Unmut in der Bevölkerung und importierter Inflation. Ein Wertverlust des HKD gegenüber dem CNY von fast 10% innerhalb nur eines Jahres ist ungewöhnlich und sorgt für steigende Preise in Hongkong, das Lebensmittel sowie Gebrauchsgüter überwiegend vom chinesischen Festland bezieht. So haben die Hongkonger Verbraucherpreise im Februar mit 6,3% im Jahresvergleich deutlich stärker zugelegt als erwartet. Ökonomen hatten im Konsens lediglich mit einem Plus von 4,9% gerechnet, nachdem die Teuerung im Vormonat noch bei 3,2% gelegen hatte.

Da sich die konjunkturelle Situation in den USA in der nächsten Zeit weiter verschlechtern wird, hat die US-Notenbank bereits weitere Zinssenkungen angekündigt. Erneut wird die HKMA mitziehen müssen. Somit stellt sich die Frage, ob die positiven Folgen die negativen Konsequenzen überwiegen. Positiv haben sich die sinkenden Zinsen auf die Hongkonger Aktienkurse sowie den Konsum ausgewirkt, klar negativ sind hingegen die Anheizung der Inflation sowie die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Hongkong-Dollar.

Angesichts des deutlich anziehenden Inflationsdrucks und der fortgesetzten Abwertung des Hongkong-Dollar gegenüber dem Yuan spekulierten Investoren zuletzt auf eine baldige Aufhebung des „Peg“ und positionierten sich dementsprechend am Währungsmarkt. USD/HKD rutschte im November 2007 auf die Unterseite seiner akzeptierten Handelsspanne von 7,7500 ab und unterschritt diese kurzzeitig um wenige Pips, bevor die HKMA eingriff und für wieder steigende Kurse sorgte. Im laufenden Jahr markierte USD/HKD sein Jahrestief bei 7,7614 und näherte sich der charttechnisch kritischen Marke damit nicht unmittelbar an.

Insgesamt halten wir den Aufbau größerer USD/HKD-Shortpositionen zur Spekulation auf einen „Depeg“ für nicht empfehlenswert, da bei allen derzeit aus der festen Wechselkursbindung resultierenden Problemen die Alternativen für Hongkong gleichfalls nicht überzeugend sind. Der häufig geäußerte Vorschlag, bereits jetzt zu einer Einführung des Yuan überzugehen, bringt für eine leistungsstarke und offene Ökonomie wie die Hongkongs neue Probleme. Bevor der chinesische Yuan nicht frei konvertierbar ist - was wiederum noch einige Jahre dauern dürfte -, ist er als Währung für einen internationalen Finanzplatz ungeeignet. Zudem könnte es auch in Hongkong im Zuge der globalen Finanzmarktturbulenzen bald zu einem deutlicheren Wachstumsrücksetzer kommen, der die derzeit als überflüssig wahrgenommenen Zinssenkungen plötzlich als hilfreich erscheinen lässt. Mittelfristig ist deshalb mit einer Beibehaltung des „Peg“ in Hongkong zu rechnen, wobei USD/HKD bei Kursen von aktuell etwa 7,7880 eher einen nochmaligen Test der 7,8000 vollführen dürfte, als seine jüngste Abwärtsbewegung noch einmal aufzunehmen.

Volker Zenk - FXdirekt Bank

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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