Kommentar
12:00 Uhr, 03.04.2008

Saisonalität und saisonales Trading (1)

Jahreszeiten sind ein Haupteinflußfaktor sowohl auf die Rohstoffmärkte, als auch auf die Finanzmärkte. Sie wirken, oft unbeachtet, im Hintergrund auf die Kursentwicklung und beeinflussen die Wahrscheinlichkeit einer Kursbewegung. Nachfolgend werden verschiedene Wege gezeigt, wie Trader saisonale Muster nutzen können, und was sie dabei beachten sollten.

Was ist Saisonalität?

Saisonalität ist ein jahreszeitlich bedingter Verlauf. Am bekanntesten ist der der Temperatur. In der Folge der natürlichen Prozesse unterliegen viele Warenpreise saisonalen Schwankungen, denn Erntephasen oder Heizperioden treten jahreszeitlich bedingt auf. So ist etwa Heizöl im Sommer preiswerter als während der Heizsaison im Winter. Es gibt saisonale Muster aber auch in den Finanzmärkten, denn für kalendarische Phänomene kommen viele Ursachen in Frage. Dazu gehören offenkundigere wie Ausschüttungen zu bestimmten Terminen, aber auch weniger bekannte wie die Stimmungsbesserung vor Feiertagen. Saisonalität umfaßt im weiteren Sinne auch andere Zeitspannen als ein Jahr, beispielsweise bei der Intradaysaisonalität. Zudem weisen an den Märkten nicht nur Preise nutzbare saisonale Verläufe auf, sondern etwa auch die Volatilität.

Populär ist die Saisonalität im Heizölmarkt. Viele Eigenheimbesitzer und Hausverwalter decken sich bereits vor Beginn der Heizsaison mit ihrem Brennstoff ein. Das aber hat zur Folge, daß die Preise bereits dann steigen. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, saisonale Verläufe empirisch zu überprüfen und exakt auszuwerten, und sich nicht von vorgefaßten Vorstellungen leiten zu lassen.

Was ist ein saisonaler Chart?

Saisonale Verläufe werden durch saisonale Charts am besten greifbar. Im Unterschied zu üblichen Charts zeigen saisonale Charts nicht die Kurse über einen bestimmten Zeitraum. Vielmehr stellen sie den typischen Verlauf zu einer bestimmten Jahreszeit nach Art eines Durchschnitts dar. Stieg der Kurs im Mittel zu einer bestimmten Jahreszeit, so äußert sich dies im Chart durch einen steigenden Verlauf. Auf der horizontalen Achse ist die Zeit im Jahr eingetragen, auf der vertikalen Achse die Preisinformation.

Gut gemachte saisonale Charts weisen einen taggenauen Verlauf auf, sind um kalendarische Anomalien wie verschobene Feiertage bereinigt, und zeigen die Preisinformation präzise. Es ist dann ohne aufwendige Berechnungen möglich, direkt aus dem Chart den annualisierten Prozent-Ertrag einer saisonalen Handelsstrategie abzulesen. Ein darin Geübter kann einen groben saisonalen Chart auch selbst mit Hilfe einer Tabellenkalkulation erstellen, was für eine erste Einschätzung der saisonalen Tendenz reicht.

Der Dow Jones im Jahresverlauf

Der nachfolgende Chart zeigt den saisonalen Verlauf des Dow Jones über einen Zeitraum von 34 Jahren. Man erkennt eine große sai¬so¬nale Aufwärtsbewegung bis Anfang Juni. Sie beginnt im Vorjahr Ende Oktober. In der übrigen Zeit, von Anfang Juni bis Ende Oktober, erzielten die amerikanischen Aktienmärkte im Mit¬tel einen Verlust.

Wer während des Berechnungszeitraums (27. Oktober 1970 bis 27. Oktober 2004) nur in den saisonal günstigen Phasen zwischen dem 27. Oktober und dem 6. Juni investiert war, hätte einen Gewinn von 14107 Punkten gemacht. In 29 der 34 Jahre hätte er dabei einen Gewinn erzielt. Durch ein Investment in der saisonal schlechten Zeit vom 6. Juni bis zum 27. Oktober hätte er hingegen einen Verlust von 4860 Punkten erlitten. Einem durchschnittlichen Gewinn von 11,1% p.a. in der saisonal günstigen Phase steht ein Verlust von 2,8% p.a. in der saisonal schlechten gegenüber ─ zu diesem saisonalen Verlust kam es sogar trotz der langjährigen Hausse. Zudem wären während der übrigen Zeit, immerhin knapp fünf Monate, die Mittel frei, andere Investments zu tätigen. Zum Vergleich: Eine Buy&Hold-Strategie hätte 7,9% p.a. erzielt.

Fortsetzung folgt ...

Autor: Dimitri Speck - Seasonalcharts.com

3 Kommentare

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  • Marco Soda
    Marco Soda

    FRüher war Kaffee ein Paradebeispiel, kurz vor der Ernte in Südamerika gings runter, oder ein Unwetter hat die Ernte im wahrsten Sinne des Wortes verhagelt, da waren da riesen Bewegungen im preis

    15:11 Uhr, 05.12. 2015
  • Marco Soda
    Marco Soda

    auf alle Fälle ist ein Kalender sehr hilfreich

    15:06 Uhr, 05.12. 2015
  • kbtrade1000
    kbtrade1000

    Hochinteressantes Thema. Gibt es dazu Buchtipps?

    13:14 Uhr, 05.12. 2015

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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