Rumänischer Leu unter Abwertungsdruck - Wirtschaft und Banken bleiben labil
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Der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelösten Abwertungsspirale bei den osteuropäischen Währungen hat sich auch der rumänische Leu (RON) nicht entziehen können. Seit Jahresbeginn ging es für Rumäniens Valuta um 8,5% zum Euro bergab, seit dem bisherigen Höhepunkt der Krise, der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008, sind es knapp 19,0%. EUR/RON startete in das neue Jahr bei Kursen um 3,9500, um Anfang März das bisherige Jahreshoch von 4,3857 zu erreichen. Aktuell bewegt sich das Währungspaar auf erhöhtem Niveau seitwärts zwischen 4,2500 und 4,3000.
Trotz der klaren Kursverluste des Leu ist dieser im Vergleich mit den massiven Abgaben zum Beispiel des ungarischen Forint (bis zu -20% seit Jahresanfang) noch relativ gut weggekommen. Hier macht sich positiv bemerkbar, dass Rumänien seine Auslandsverschuldung mit etwa 50% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) deutlich besser im Griff hat als Ungarn, wo die Quote mit fast 130% mehr als doppelt so hoch liegt. Gerade im Umfeld der Finanzkrise wird die Bedienung und Refinanzierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten für die osteuropäischen Staaten immer schwieriger, da sowohl das Rating der Länder als auch ihre Währungen unter Druck stehen. Die in Prozent des BIP gemessene Auslandsverschuldung Rumäniens liegt bei dem Karpatenstaat aber eher in der Nähe von vergleichsweise soliden Kandidaten wie Polen und Tschechien und nicht auf dem Niveau der Problemkandidaten Bulgarien, Ukraine oder den baltischen Ländern mit ihren schon dreistelligen Quoten.
Ebenfalls ursächlich für die Tatsache, dass es den rumänischen Leu nicht ganz so schlimm erwischt hat wie seine osteuropäischen Schwesterwährungen, ist der vergleichsweise geringe Exportanteil am rumänischen Bruttoinlandsprodukt. Während die bereits sehr eng mit der Wirtschaft der Eurozone verknüpften Ökonomien wie Tschechien oder Ungarn knapp 70% ihrer Ausfuhren in die EU liefern und damit von der dortigen Rezession überproportional stark betroffen sind, liegt die rumänische Exportquote in den Euroraum mit ihren 28% deutlich darunter.
Kritischer sieht es hingegen beim rumänischen Leistungsbilanzdefizit aus, das mit seinen 13,8% des BIP die Quoten von Tschechien, Polen aber auch Ungarn deutlich übersteigt, die sich zwischen 2,5% und 5,5% bewegen. Da die Finanzierung eines derart hohen Leistungsbilanzdefizits in Zeiten der Finanz- und Liquiditätskrise immer schwieriger wird, versucht Rumäniens Regierung gegenzusteuern und das Minus mit einer restriktiven Fiskal- und Haushaltspolitik zu senken. Diese Maßnahmen reichen jedoch im Zuge der sich verschärfenden Krisensituation nicht aus, die enormen Probleme in der Leistungsbilanz abzufedern. Man brauche frisches Geld, um den weiteren Folgen der globalen Wirtschaftskrise begegnen zu können, betonte der rumänische Präsident Traian Basescu vor dem Parlament in Bukarest und berichtete zugleich, man habe ausländische Institutionen um Hilfe gebeten.
Während es noch bis Anfang März so schien, als ob Rumänien sogar vergleichsweise gut durch die Wirren der globalen Banken- und Finanzkrise kommen würde, so ist seitdem klar, dass das Land doch ein milliardenschweres Hilfsprogramm zur Sicherung seiner Staatsfinanzen benötigt. Aus rumänischen Regierungskreisen hieß es, das Land brauche kurzfristig Kredite über 19 Milliarden EUR, die gemeinsam vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Union sowie der Weltbank bereitgestellt werden sollen. Mit zwölf Milliarden EUR dürfte der IWF den Löwenanteil des Stützungspakets übernehmen, da die EU sich weiter zögerlich mit Blick auf höhere Staatshilfen für ihre osteuropäischen Beitrittskandidaten präsentiert. Der Aufstockung des Krisenfonds für die Region wurde zuletzt eine klare Absage erteilt.
Dabei ist es gar nicht einmal in erster Linie das rumänische Haushaltsdefizit, das für die prekäre Lage sorgt, sondern es sind vielmehr die privaten Konsumenten und Unternehmen, die sich in den zurückliegenden Boomjahren so stark verschuldet haben. Gerade Kredite in ausländischer Währung wurden von den rumänischen Banken mit großer Sorglosigkeit an ihre Kunden vergeben, die nun mit der Situation konfrontiert sind, in einem sich rapide verschlechternden wirtschaftlichen Umfeld ihre Schulden mit einer auf dem Abwertungspfad befindlichen Valuta zurückzahlen zu müssen. Während Lohnkürzungen und die steigende Arbeitslosigkeit die Arbeitnehmer belasten, trifft die sinkende Exportnachfrage die Firmen. Die steigende Ausfallrate bei Verbraucherkrediten schwächt zudem die Lage der rumänischen Banken. Die Gesamtsumme der 2009 zur Rückzahlung anstehenden Kredite wird von Ökonomen auf 24 Milliarden EUR veranschlagt, eine Summe, bei der längst klar ist, dass das südosteuropäische Land sie nur mit Hilfe aus dem Ausland aufbringen kann.
Vor diesem Hintergrund ist mit einer Fortsetzung des Abwertungsdrucks auf den rumänischen Leu zu rechnen, eine baldige Erholung ist nicht in Sicht. Kurzfristig ist nach dem jüngsten scharfen Kursanstieg von EUR/RON eine Konsolidierungsphase in der Kursregion von 4,2000 bis 4,3000 zu erwarten, mittelfristig dürfte EUR/RON weiter zulegen und bis zum Jahresende die 4,50er-Marke anvisieren.
Volker Zenk
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