Kommentar
08:43 Uhr, 28.03.2023

Ruhe vor dem Sturm? S&P500, Nasdaq und DAX erholen sich, hingegen sinkt Gold – Ist die Bankenkrise gelöst oder drohen neue Turbulenzen an den Märkten?

Nachdem einige Nachrichten aus den USA für eine Beruhigung im Bankensektor gesorgt haben, haben sich die Bankaktien am Montag erholt, woraufhin sich S&P500 und DAX erholt haben. Ist damit alles in Butter? Ich fürchte, ich muss ein paar Zweifel anmelden.

Erwähnte Instrumente

Bei etlichen Investoren scheint Hoffnung aufzukeimen. Ist die US-Bankenkrise etwa schon gelöst und geht die Erholung an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks daher weiter?

Zwei Nachrichten hatten für Erleichterung bei Investoren gesorgt: Erstens hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg am Samstagabend gemeldet, dass die US-Behörden darüber nachdenken, das sogenannte „Bank Term Funding Programm“ (BTFP) auszuweiten, um der First Republic Bank mehr Zeit zu geben, um ihre Bilanz zu verbessern. First Republic hatte zuletzt eine Finanzspritze von 30 Mrd. Dollar von den großen US-Banken bekommen.

Das BTFP stellt angeschlagenen Banken Kredite zur Verfügung und hat ein Volumen von mickrigen 25 Mrd. Dollar. Dabei dienen US-Staats- und Hypothekenanleihen, sowie andere Papiere als Sicherheiten. Das Tolle für die Banken dabei: Die Anleihen werden zu pari, also zum Nominalwert angerechnet, selbst wenn deren Kurs aufgrund des vorherigen kräftigen Zinsanstiegs weit unter 100 Prozent gefallen sind.

Diese Meldung hat am Montagmorgen für eine Beruhigung der Lage im Banksektor gesorgt, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, woraufhin beispielsweise die Aktie der Deutsche Bank AG deutlich gestiegen ist.

Deutsche Bank AG
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Zumal gleichzeitig die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen kräftig geklettert sind, und damit auch die Zinsen für Bundesanleihen deutlich mit nach oben gezogen haben. Dabei ist nicht klar, ob das US-Finanzministerium das BTFP tatsächlich aufstocken wird.

Bankenübernahme in den USA sorgt für Erleichterung bei Investoren

Zweitens hat ein Banken-Deal in den USA für Beruhigung gesorgt. Am Montagnachmittag hat dieFirst Citizens Banc angekündigt, dass sie die unter Zwangsverwaltung der FDIC stehende Silicon Valley Bank (SVB) kaufen wird. Die First Citizens Bank übernimmt dabei Vermögenswerte von 110 Mrd. Dollar, Einlagen von 56 Mrd. Dollar und Kredite von 72 Mrd. Dollar zu einem Abschlag von 16,5 Mrd. Dollar.
Zudem hat sich die FDIC verpflichtet, sich an den Verlusten zu beteiligen, die der First Citizens Bank durch die Unternehmenskredite der SVB entstehen könnten. Laut Schätzungen wird der Kollaps der SVB der FDIC einen Verlust von rund 20 Mrd. Dollar einbrocken.

Diese Nachrichten hat für Erleichterung bei Investoren gesorgt, handelt es sich doch um eine bankeninterne Lösung, wenngleich mit kräftiger Unterstützung bzw. Absicherung der FDIC. Gleichzeitig vermittelt der Deal den Eindruck, dass die Lage in dem Sektor vielleicht doch nicht so schlimm sein könnte wie befürchtet.

Die Folge: der KBW Bank Index , der von den großen Instituten dominiert wird, ist am gestrigen Montag um 2,5 Prozent gestiegen.

KBW Bank Index
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Komischerweise ist allerdings der KBW Regional Banking Index der kleinen und mittleren Geldhäuser aber um nur 0,6 Prozent geklettert. Wenn sich die Lage in dem Sektor – gerade nach dem First Citizens/ SVB-Deal – tatsächlich deutlich gebessert hätte, müsste dann nicht der Index der Regionalbanken deutlich stärker steigen als der der Großbanken?

Wegen der steigenden US-Zinsen haben Investoren bei Zyklikern, wie Aktien aus den Sektoren Öl und Finanzen zugegriffen. Im Gegenzug kam es bei den Tech-Werten, wie Apple Inc. (146,52 € -0,87 %), NVIDIA Corp. (245,70 € -0,69 %), Microsoft Corp. (256,60 € -0,29 %), Advanced Micro Devices Inc. (89,49 € 0,03 %), Amazon.com Inc. (90,97 € 0,25 %), Meta Platforms Inc (187,26 € -0,71 %) und Alphabet Inc. (Class C) (95,21 € -1,13 %)zu Gewinnmitnahmen.

Zwei wichtige Fragen beantworten

Ob die US-Bankenkrise gelöst ist, oder ob es eventuell weitere schlechte Nachrichten aus den USA geben könnte, was zwangsläufig auch die Institute aus Europa belasten würde, werde ich - wie oben geschrieben - in der Sendung analysieren.

Um sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen, müssen sich Anleger eigentlich nur 2 Zahlen aus dem Internet besorgen und damit folgende 2 Fragen beantworten:

1. Wie hoch sind die gesamten Bankeinlagen in den USA?

2. Und wie hoch sind die finanziellen Mittel, die der FDIC zur Verfügung stehen, um die Bankeinlagen zu garantieren?

Wenngleich das Bankenthema kurzfristig das mit weitem Abstand wichtigste Thema bleiben wird, warten Investoren noch auf etliche Konjunkturdaten, die für mehr oder weniger starke Ausschläge an den Börsen sorgen könnten.

US-Verbrauchervertrauen im Fokus

Am Dienstag wird um 15 Uhr der Case-Shiller-Hauspreisindex veröffentlicht. Laut dem Konsens der Volkswirte sollen die Preise in den 20 größten Städten im Januar um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein, nach 4,6 Prozent für Dezember. Sollten die Preise weniger geklettert sein als erwartet, könnte das bei Investoren die Erwartung verstärken, dass es bei der nächste Fed-Sitzung am 3. Mai keine Zinserhöhung mehr geben wird. Zuletzt lag die Wahrscheinlichkeit für eine Erhöhung um 25 Basispunkte bei knapp 50 Prozent.

Um 16 Uhr gibt das Conference Board die Zahlen zum US-Verbrauchervertrauen bekannt. Volkswirte sagen für März einen Rückgang auf 101,0 Punkte vorher.

Nach Börsenschluss in den USA präsentiert der Speicherchiphersteller Micron Technology Inc. (55,41 € 0,09 %) die Quartalszahlen.

Anstehende US-Häuserverkäufe auf der Agenda

Am Mittwoch werden um 16 Uhr die Daten zu den anstehenden US-Häuserverkäufen veröffentlicht. Sie sollen im Februar um 1,0 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Überraschend gute Zahlen sollten allerdings nicht von Dauer sein, denn in dem Umfeld sollten sich Banken bei der Vergabe von Hypothekenkrediten deutlich zurückhalten, was den Immobiliensektor in den nächsten Monaten deutlich belasten sollte.

Um 16.30 Uhr werden die Zahlen zu den US-Öllagervorräten bekanntgegeben.

Inflationsdaten für Deutschland im Blick

Am Donnerstag werden um 8 Uhr die Inflationsdaten für Deutschland veröffentlicht. Die Verbraucherpreise sollen im März um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein, nach 0,8 Prozent für Februar. Zudem soll die Inflationsrate im März auf 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgehen, nach 8,7 Prozent für Februar.

Um 14.30 Uhr wird die dritte und damit endgültige Schätzung zum Wachstum der US-Wirtschaft für das vierte Quartal bekanntgegeben. Das BIP-Wachstum soll bei annualisiert 2,7 Prozent liegen und das Wachstum beim privaten Verbrauch bei annualisiert 1,4 Prozent. Mich würde es nicht überraschen, wenn letztere Zahl einmal mehr nach unten korrigiert werden würde.

Um 22.30 Uhr gibt die Fed bekannt, wieviel Kredite sie in der vergangenen Woche vergeben hat – die Zahlen sind wegen der Bankenkrise noch mehr im Fokus der Investoren als zuvor - und wie stark ihre Bilanzsumme gestiegen ist. In der Vorwoche war die Bilanzsumme um herbe 94,5 Mrd. Dollar nach oben geschossen.

Inflationszahlen für die Eurozone und die USA ganz oben auf der Agenda

Am Freitag werden um 8 Uhr die Einzelhandelsumsätze für Deutschland bekanntgegeben. Sie sollen im Februar um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Allerdings sollen sie im Februar um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken sein, nach minus 4,6 Prozent für Januar.

Um 11 Uhr werden die Inflationsdaten für die Eurozone veröffentlicht. Die Inflationsrate soll im März auf 7,3 Prozent zurückgehen, nach 8,5 Prozent für Februar. Allerdings soll die Kernrate, also bereinigt um Nahrungsmittel und Energie, im März leicht steigen auf 5,7 Prozent, nach 5,6 Prozent für Februar. Derartige Zahlen würden zeigen, dass es weiterhin einen enormen Aufwärtsdruck bei der Inflation gibt. Sollte allerdings die Ängste der Investoren vor einer Bankenkrise in der Eurozone wieder zunehmen, dürfte die EZB das Thema Inflationsbekämpfung schnell ad acta legen.

Um 14.30 Uhr kommen aus den USA die Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben. Im Fokus steht dabei vor der sogenannte PCE-Preisindex. Demnach sollen die Preise im Februar um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Gegenüber dem Vorjahr soll das Plus im Februar auf 5,1 Prozent zurückgehen, nach 5,4 Prozent für März.

Bei den Zahlen werden Investoren vor allem auf die Kernrate des PCE-Preisindex schauen, sie ist der bevorzugte Inflationsindikator der Fed. Die Preise sollen gemessen an der Kernrate im Februar um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Gegenüber dem Vorjahr soll der Anstieg mit 4,7 Prozent stabil sein, es also keine weitere Entspannung an der Inflationsfront geben. Sollte das Thema Bankenkrise aber wieder hochkochen – und da könnte schneller passieren als vielen Investoren lieb ist – dürfte die Fed nicht mehr von Inflationsbekämpfung reden, sondern schneller als je zuvor zu massiven Zinssenkungen und zum QE-Gelddrucken zurückkehren.

Wie geht es weiter?

Solange es keine schlechten Nachrichten aus dem Bankensektor gibt, könnte die Erholung bei S&P500, Nasdaq und DAX weitergehen, wenngleich der S&P500 mit einem KGV von herben 17,4 sehr hoch bewertet ist – da ist eine wahrscheinlich schnell heraufziehende US-Rezession in keiner Weise eingepreist, absolut in keiner Weise! Offenbar wetten aber viele Investoren bereits auf eine baldige Kehrtwende der Fed und greifen daher bei US-Aktien zu, wobei gerade die Tech-Werte auf der Überholspur sind. Die Gründe hierfür habe ich in der Sendung vom 21. März klar aufgezeigt.

Vor dem Hintergrund könnte auch die Erholung bei Euro-Dollar und dem Ölpreis weitergehen. Hingegen könnte sich der Kursrückgang bei Gold in einem Umfeld, in dem die US-Zinsen ein wenig steigen, noch etwas ausweiten. Allerdings sollte ein Rückgang des Dollar den Goldpreis stützen.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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