Kommentar
10:54 Uhr, 02.07.2008

Rohstoffpreisanstieg bestimmt die Geldpolitik

1. EZB-Kompass: Der Score des EZB-Kompass ist im Juni auf 63,1 Punkte gesunken. Allerdings wurde der Vormonat von 61,2 auf 64,0 Punkte hoch revidiert. Auch mittelfristig werden die Kompasswerte auf höheren Niveaus liegen als im Vormonat prognostiziert. Zum Jahresende erwarten wir nun einen Kompasswert von 59,2 statt den im Vormonat prognostizierten 54,7. Auch 2009 zeigen unsere Prognosen keine Kompasswerte unter der Marke von 50 Punkten an, unter der Zinssenkungen erwartet werden können.

2. Die Datenlage hat sich im Juni weiter verschärft. Die Konjunkturindikatoren schwächen sich ab und sind teilweise im Kontraktionsbereich. Die Outputlücke ist bereits jetzt im negativen Bereich und würde für sich genommen einen geringeren konjunkturellen Druck auf die Kerninflationsrate signalisieren. Allerdings führen die hohen Inflationsraten zu Realeinkommensverlusten, sodass der Druck zu höheren Tarifabschlüssen trotz schlechterer Arbeitsmarktperspektiven hoch bleiben sollte. Der Lohnkostenanstieg wird daher auch 2009 bei über 4 % liegen und einen Rückgang der Kerninflationsrate verhindern.

3. In Zeiten steigender Inflationsraten und abnehmender Konjunkturdynamik sind die Inflationserwartungen das Zünglein an der Waage. Die Geldpolitik braucht sich nicht unbedingt gegen die hohen Inflationsraten zu stemmen, wenn ein Rückgang derselben absehbar ist. Dieser ist allerdings nur dann absehbar, wenn die Inflationserwartungen und damit die Kalkulationsgrundlage der Tarifvertragsparteien und der Unternehmen konstant bleiben. Dies ist leider aktuell nicht uneingeschränkt der Fall. Unten angegebene Schaubilder zeigen zwei Inflationserwartungsmaße, die in den EZB-Kompass eingehen. Auf der linken Seite sind die gewichteten Inflationsprognosen für 2008 und 2009 von Consensus Economics dargestellt, auf der rechten Seite die Preiserwartungen der Konsumenten aus der EU-Kommissionsumfrage. In beiden Schaubildern ist ein klarer Aufwärtstrend erkennbar.

Ebenfalls beunruhigend sind die an den Finanzmärkten eingepreisten Inflationserwartungen für die mittlere Frist. Das folgende Schaubild zeigt die Break-even Inflationsraten französischer inflationsindexierter Anleihen für einen fünfjährigen Zeitraum in fünf Jahren (5J-5J forward). Während dieses auf täglicher Basis verfügbare Inflationserwartungsmaß nach der letzten Pressekonferenz der EZB noch deutlich zurückging, steigt es in den letzten zwei Wochen wieder deutlich an. Die Furcht vor Inflation nimmt folglich erneut zu. Dies wird bei anhaltend hohen Inflationsraten über den Sommer vermutlich anhalten. Schließlich ist der Hochpunkt der Inflationsentwicklung erst im August zu erwarten.

Anfang September könnte die EZB dann sogar selbst zu steigenden Inflationserwartungen beitragen, wenn sie ihre neuen Staffprojektionen veröffentlicht. Die Projektionen von Juni waren auf Basis von Ölpreisen von 113 und 118 USD für dieses und nächstes Jahr errechnet. Angesichts der Marktentwicklung müsste die EZB heute mit Durchschnittspreisen von 125 USD im Jahr 2008 und 140 USD im Jahr 2009 kalkulieren. Eine Erhöhung der Inflationsprojektion wäre damit unvermeidbar.

4. EZB-Kommunikation: Auf der Sitzung am Donnerstag wird die EZB ihre Leitzinsen um 25 Bp erhöhen und sich den weiteren Verlauf offen halten. In der Vergangenheit wurden auch im Zinserhöhungszyklus nach einer Zinserhöhung keine Hinweise auf weitere Erhöhungen gegeben. Schlüsselwörter sind im Statement diese Woche nicht zu erwarten. Die EZB wird dagegen vermutlich darauf hinweisen, dass die weitere Zinspolitik stark datenabhängig ist. Steigende Rohstoffpreise und Inflationserwartungen würden die EZB auch über den Zinsschritt am Donnerstag zu Leitzinserhöhungen zwingen. Entsprechend ist klar, welche Daten in den nächsten Monaten intensiv zu beobachten sind.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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