Rohstoffe nach dem Ausverkauf: Die Spreu trennt sich vom Weizen!
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Die Rohstoffe gerieten in der letzten Woche deutlich unter Druck. Der Rohstoff-Index CRB hat in der letzten Woche den stärksten Rückgang seit Beginn der Berechnungen verzeichnet. Was löste diesen Kurssturz aus?
Aus Sicht der Fundamentalanalyse wird oft die Angst vor einer Rezession in den USA genannt. Dass diese Angst aber Auslöser für den schnellen Abverkauf ist, erscheint mir wenig stichhaltig. Das Rezessionsgespenst macht schon seit Wochen die Runde. Meiner Meinung spielt vor allem die (zunächst) beruhigende Wirkung der erneuten Zinssenkung der US-Notenbank um 75 Basispunkte eine Rolle. Die Aktienmärkte stabilisierten sich und Rohstoffe haben im Zuge dessen ihren Status als sicherer Hafen (zunächst) etwas zurückgegeben. Hinzu kommt, dass die Kurse auch an den Rohstoffmärkten nicht in den Himmel wachsen. Fahnenstangencharts bei vielen Rohstoffen erhöhten die Gefahr von Rückschlägen.
Ich habe seit Februar im Rohstoff-Report außerdem darauf hingewiesen, dass die Volatilität deutlich ansteigen wird. Die nun tatsächlich eingetretenen historischen Abwärtsbewegungen bei Gold und Silber sowie dem CRB-Index aber auch die dramatischen Rückgänge bei Öl und den Agrarrohstoffen passen in dieses Bild. Das steigende Interesse der Fonds und Spekulanten am Rohstoffmarkt verändert diesen grundlegend. Standen vor nur fünf Jahren den industriellen Rohstoffproduzenten gemessen am Handelsvolumen fast ausschließlich industrielle Abnehmer gegenüber, so gesellen sich heute zu den Abnehmern auch Nachfrager aus der Investmentbranche. Die Partizipation von Fonds und Spekulanten hat sich gerade seit Jahresbeginn dramatisch erhöht. Rohstoffe gelten als Absicherung gegen eine steigende Inflation, die angesichts der niedrigen Zinsen und der erhöhten globalen Geldmenge antizipiert wird. Auch werden Rohstoffe gesucht, da sie sich gegenläufig zu den Aktien- oder Anleihenmärkte entwickeln und somit zur Diversifizierung dienen. Schließlich werden Rohstoffe als Absicherung gegen einen fallenden Dollar nachgefragt. Diese drei übergeordneten Trends (steigende Inflation, wachsende Fondsnachfrage und fallender Dollar) werden sich meiner Meinung übergeordnet fortsetzen. Allerdings glaube ich auch, dass sich die nun begonnene Konsolidierung bei den Rohstoffen noch eine Zeit lang hinziehen wird. Eine V-förmige Erholung halte ich für wenig wahrscheinlich. Daher besteht auch kein Bedarf, jetzt schnell zu handeln. Der Ansturm der Fonds und des spekulativen Kapitals seit Jahresbeginn muss erst „verdaut“, also auskonsolidiert werden. Dies wird auch in den Preisen zu sehen sein. Wir werden an dieser Stelle rechtzeitig auf Chancen auf der Long-Seite der einzelnen Rohstoffe hinweisen.
Wie Sie auf dem Chart sehen, lag der Beginn der laufenden Abwärtsbewegung der Rohstoffe genau an der Oberkante des Aufwärtstrendkanals, der seit dem Jahr 2000 im Rohstoffindex CRB angelegt werden kann. Wie Sie ebenfalls erkennen können, ist der übergeordnete Aufwärtstrend bei den Rohstoffen weiterhin intakt. Nach Einschätzung unserer Chartexperten bei www.godmode-trader.de könne sich die angelaufene Korrekturphase durchaus noch einige Monate erstrecken. Der CRB Futures Index konnte im Zuge einer mehrjährigen, breit angelegten Kursrallye ein Bewegungshoch bei 422,12 Punkten absolvieren. Das markante bisherige Bewegungshoch bei 365,45 Punkten dürfte in Kürze als Unterstützung dienen (Indexstand am Dienstag, 12:30 Uhr: 388 Punkte). Eine weitere wichtigere Unterstützung notiert bei 351,53 Punkten.
Wird diese Unterstützung unterschritten, dann dürfte der Index weiter an bullischer Schwungkraft verlieren. Ohne Frage findet derzeit ein massiver Abverkauf im Rohstoffbereich statt. Es sollte hier aber weiterhin sachlich vorgegangen werden. Charttechnisch erreichte der Index mit dem letzten Rallyehoch bei 422,12 Punkten die Trendkanaloberkante. In diesem Bereich kommt es zu einem deutlichen Angebotsüberhang. Rutscht der Index unter die genannten Unterstützungen im Bereich von 365,45-351,53 Punkten, dann sind weitere Schwungkräfte aus der übergeordneten Aufwärtsbewegung negiert. Erst dann wird eine preisliche Ausdehnung bis 292,72 Punkte möglich.
Trotz der starken Rückfälle in den letzten Handelstagen sollte der dominierende übergeordnete Aufwärtstrend nicht über den Haufen geworfen werden. Er sollte weiterhin den Kurverlauf bestimmen. Die nächsten Handelswochen dürften weitere Hinweise liefern. Daraus resultierend werden dann auf www.godmode-trader.de/rohstoffe charttechnische Einschätzungen im Wochen- und Tageschart folgen, die einen tieferen Einblick in das Kursgeschehen ermöglichen.
Erdöl: Wenig Abwärtspotenzial von jetzt an
Der Ölpreis dürfte sich im Bereich von 100 Dollar stabilisieren. Das liegt vor allem daran, dass sich das Geschehen am Ölmarkt vor allem außerhalb der von der Kreditkrise besonders betroffenen Industrieländer abspielt. Das gilt sowohl für die Produktions- als auch für die Nachfrageseite des Marktes. Ein Großteil der Produktion findet heute außerhalb der Industrieländer statt. Neun von zehn auf der Welt förderbaren Ölfässer befinden sich in der Hand von staatlichen oder halbstaatlichen Konzernen außerhalb der Industrieländer. Die Nachfrage entwickelt sich in den Industrieländern dabei weiter schwach, während sie außerhalb der Industrieländer und besonders in Asien stark wächst. Sie mögen einwenden, dass die USA der größte Ölverbraucher der Erde sind. Wenn eine Rezession den amerikanischen Markt lähmt, geht auch die Ölnachfrage zurück. Das ist richtig. Jedoch dürfte der Rückgang der Nachfrage aus den USA durch die weiterhin robuste Nachfrage aus den Schwellenländern gedämpft werden. Das Bias für die weitere Ölpreisentwicklung liegt daher klar auf der Oberseite.
Basismetalle: Die Basismetalle sind in der letzten Woche wie der gesamte Rohstoffmarkt unter Druck geraten.
Die beiden Basismetalle Aluminium und Kupfer haben deutlich geringer unter den Verkäufen der letzten beiden Wochen gelitten, als Nickel, Zink und Blei. Was ist der Grund hierfür? Vor allem die Fundamentaldaten, die die Preise der Metalle bilden. Bei Aluminium und Kupfer ist das am Markt verfügbare Angebot knapp, während Nickel, Zink und Blei diese Verknappung derzeit nicht aufweisen. Dies sieht man auch sehr deutlich an den Chartverläufen der LME-Lagerbestände. Sie fallen bei Aluminium und Kupfer und steigen bei den anderen Basismetallen an.
Edelmetalle: Das lehrt uns der Abverkauf!
Dass die hohen Goldpreise die Nachfrage nach Goldschmuck senken werden, war zu erwarten. So sind die Goldverkäufe im Februar in Dubai um 15% gesunken (News auf www.godmode-trader.de/rohstoffe vom 18. März). Dubai ist einer der weltweit traditionellen Gold- und Schmuckhandelsplätze und bedient vorwiegend die Nachfrage aus der arabischen Welt und aus Indien, dem weltgrößten Goldnachfragerland. Drei Viertel der Goldnachfrage entstammt der Schmuckindustrie. Wenn diese Nachfragegruppe schwächelt, belastet dies die Goldnachfrage natürlich merklich. Als dann der Dollar ebenfalls zu einer Gegenbewegung ansetzte und der Euro zum US-Dollar vom Rekordhoch bei über 1,59 Dollar deutlich zurückkam, setzten Verkäufe beim Gold ein, die es bisher in diesem Ausmaß in so kurzer Zeit nicht gegeben hat. Der Silberpreis kam ebenfalls stark unter Druck und fiel von über 21,20 Dollar auf 16,70 Dollar zurück. Die Preise dürften auch bei den beiden Edelmetallen auf dem aktuellen Niveau gut nach unten abgesichert sein. Weiterhin liegen die Stromausfälle in Südafrika, welche die dortige Goldproduktion für fünf Tage lahm legte, wie ein Damoklesschwert über dem Markt. Immer wieder und zu jedem Zeitpunkt kann es dort wieder zu Störungen der Produktion kommen. Dies könnte auch das Platinangebot belasten, das sich größtenteils aus der südafrikanischen Produktion speist. Vergleicht man die Performance der Edelmetalle miteinander, so fällt ins Auge, dass sich Platin im allgemeinen Ausverkauf am besten geschlagen hat.
Schwache Marktphasen wie die jetzigen trennen sprichwörtlich die Spreu vom Weizen. Rohstoffe, die im jetzigen Umfeld weniger stark verlieren, als andere vergleichbare Rohstoffe, werden auch die Gewinner sein, wenn es wieder aufwärts geht. Platin sollte daher in der Gruppe der Edelmetalle genau beobachtet werden.
Soft-Commodities: Wie erwartet gab es bei den Preisen der Getreidesorten Mais, Weizen und Soja deutliche Rückschläge. Ich habe an dieser Stelle mehrmals auf das Rückschlagrisiko bei diesen Rohstoffen hingewiesen. Die Konsolidierung dürfte sich hier weiter fortsetzen und neue Tiefststände sind hier durchaus möglich. Aus charttechnischer Sicht sind folgende Chartmarken als Unterstützungen zu beobachten, die zur Wahrung des bullischen Bias nicht unterschritten werden sollten: 437,25 cent bei Mais, 750 cent bei Mais und 1064 cent bei Sojabohnen. Weitere charttechnische Einschätzungen erhalten Sie wie immer zeitnah auf www.godmode-trader.de/rohstoffe
Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de
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