Kommentar
00:00 Uhr, 12.03.2008

Rohstoffe im Bullenmarkt - Explosive Preisbewegungen locken immer mehr Anleger an

Die Preise für Weizen explodieren. Gold und Silber haussieren. Öl will einfach nicht aufhören zu steigen. Gleichzeitig zeigen sich die etablierten Aktienmärkten in volatilen Phasen, die dem einen oder anderen Börsianer die Stimmung vermiesen.

Dem Charme der Rohstoffmärkte kann sich keiner mehr entziehen. Solche schönen Trends sehen sonst nur im Devisenmarkt.

Wie handele ich Rohstoffe ? Auf was muß ich speziell beim Handel von Rohstoffen achten ?

Im Folgenden ein paar Ausführungen zu diesem Thema.

Der rasante Anstieg der Rohstoffpreise in den letzten drei Jahren hat auch private Anleger aus der Reserve gelockt. Der Rohstoffhunger Asiens, insbesondere Chinas und Indiens, führte zu Knappheit bei nahezu allen Rohstoffen. Wer sich in Rohstoffen engagieren will, sollte allerdings wissen, dass ihr Handel sich ganz wesentlich vom Aktienhandel unterscheidet.

Zunächst einmal sind Aktienbörsen und Rohstoffbörsen räumlich von einander getrennt. Sie mögen in denselben Städten liegen, wie das in London und New York der Fall ist. Die wichtigste Rohstoffbörse der Welt befindet sich aber in Chicago, also in einer Stadt, in der der Handel mit Aktien kaum eine Rolle spielt.

Der zweite Unterschied liegt darin, dass an den Aktienbörsen effektive Stückzahlen von Aktien einzelner Unternehmen gehandelt werden, während es an den Rohstoffmärkten Kauf- und Verkaufsverträge sind, die in der Zukunft liegen. Diese Zukunftskontrakte nennt man „Futures“, die entsprechenden Börsen Warenterminbörsen. Dabei handelt es sich um standardisierte Liefer- und Abnahmeverträge. Durch den Kauf eines Futures geht der Käufer mit dem Verkäufer ein Vertragsverhältnis ein, das Abnahme und Preis einer festgesetzten Menge des zugrundeliegenden Rohstoffs zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft festlegt. Mit diesem Geschäft sichern sich beide Vertragspartner gegen Preisschwankungen ab: Käufer wie Verkäufer der Ware können ab sofort mit dem festgestellten Börsenpreis kalkulieren. Daneben gibt es aber auch Marktteilnehmer, die auf die Preisveränderungen eines Rohstoffs spekulieren und nicht an einer Lieferung oder Abnahme des zugrundeliegenden Rohstoffs interessiert sind. Das führt dazu, dass neben den Käufen und Verkäufen der physischen Abnehmer und Produzenten auch spekulative Transaktionen stattfinden.

Das Besondere dabei ist, dass diese sogenannten Kaufverträge, also die „Futures“, die noch in der Zukunft liegen, zunächst einmal nichts kosten, denn es handelt sich ja nur um Verträge, also nicht um den Kauf bzw. Verkauf effektiver Waren. Da aber eine Börse nicht in der Lage ist, die spätere Zahlungsfähigkeit eines jeden Marktteilnehmers zu überprüfen, verlangt sie eine Bargeldhinterlegung („Initialmargins“) und zusätzlich z. B. vom Verkäufer Nachschüsse („Variationsmargins“), wenn der Preis der Ware steigt, denn der Verkäufer hat ja die Ware per Termin zu einem niedrigeren Preise verkauft und muss sich möglicherweise zu einem höheren Preis eindecken. Dagegen überweist ihm die Börse „Variationsmargins“, wenn der Preis sinkt. Das Gleiche gilt für den Käufer, aber spiegelbildlich und genau umgekehrt. Er erhält „Margins“, wenn der Preis steigt, und muss solche bezahlen, wenn der Preis sinkt. Dieses Verfahren ist für den Privatanleger so kompliziert, dass sich die Banken die Verbriefung von Futures durch die Ausgabe von Zertifikaten einfallen ließen. Der Anleger, der ein solches Zertifikat kauft, hat mit „Margins“ nichts zu tun. Diese Operationen übernimmt die Bank für ihn. Man sollte als Anleger aber doch immer darauf achten, dass man solche Zertifikate nur von erstklassigen Banken kauft, denn auch eine Bank kann in eine Schieflage geraten und dann plötzlich zum Zahlen der „Margins“ nicht mehr in der Lage sein.

Die Anleger bzw. Spekulanten, ob nun in Futures oder in Zertifikaten, sind an der physischen Lieferung des Rohstoffs nicht interessiert. Was sollten sie auch mit einem „Berg“ von Weizen anfangen. Deshalb müssen sie spätestens kurz vor Verfalltag des „Futures“ diesen verkaufen, um ihre Positionen zu schließen, und sich anschließend mit einem entsprechenden Terminkontrakt eindecken, der eine längere Laufzeit hat. Nur so bleibt der Anleger in dem Rohstoff, der dem Future zugrunde liegt, investiert. Bei diesem „Rollen“ von Futureskontrakten gibt es zwei Phänomene, von denen ein rohstoffinteressierter Anleger zumindest einmal gehört haben sollte: „Contango“ und „Backwardation“. Sie beschreiben die Preiskurve der Terminkontrakte: Sind Futureskontrakte mit einem Lieferzeitpunkt, der weiter in der Zukunft liegt, teurer als solche, bei denen er kurz bevorsteht, so notiert der Futureskontrakt dieses Rohstoffs in „Contango“. Ist das kurze Ende des Marktes höher bewertet, als das lange, so notiert er in „Backwardation“. Die Lieferung eines Rohstoffs in einem Jahr ist bei „Backwardation“ also günstiger als die Lieferung in zwei Monaten. Investiert der Anleger über einen längeren Zeitraum in Rohstoffe, die in Contango notieren, wird die Anzahl seiner Futureskontrakte abnehmen, da er für die verkauften Futures weniger erhält, als er für Kauf der neuen Kontrakte mit der nächsten Fälligkeit aufwenden muss. Wenn er also mit derselben Summe investiert bleiben möchte, wird die Anzahl der Futureskontrakte abnehmen. Bei Zertifikaten, die bei privaten Anlegern wohl am häufigsten als Instrument für ihre Rohstoffinvestitionen gewählt werden, ändert sich also im Laufe der Zeit das Bezugsverhältnis. Es fällt, wenn der Markt nachhaltig in „Contango“ liegt, und es steigt, wenn er sich in „Backwardation“ befindet. Nun lösen „Contango“ und „Backwardation“ einander im Zeitablauf ab, so dass die Anzahl der Kontrakte sich bei einem langfristigen Anleger möglicherweise kaum verändert. In jedem Fall bleibt Wert eines Zertifikats ungeachtet der Veränderung des Bezugsverhältnisses gleich, da zwar die Anzahl der Kontrakte möglicherweise gefallen, der Wert jedes einzelnen Kontrakts aber gestiegen ist.

Wer über Zertifikate in Rohstoffe investiert, braucht sich über diese Besonderheiten des Futureshandels keine Gedanken zu machen, da der Emittent stets dafür sorgt, dass die Zertifikate auf den aktuellsten Futureskontrakten basieren. Er wird immer dann in neue Kontrakte „rollen“, wenn die alten sich ihrem Verfallstag nähern. Dies gilt sowohl für Zertifikate auf einzelne Rohstoffe, wie auch für Zertifikate, die auf Rohstoffindices basieren.

Weitergehende Informationen finden Sie im Wissensbereich Rohstoffe : http://www.godmode-trader.de/wissen/rohstoffe/

Nachrichten, Realtimekurse, Charts und Chartanalysen mit Kurszielprognosen finden Sie auf der Rohstoffseite :

http://www.godmode-trader.de/rohstoffe

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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