Kommentar
10:21 Uhr, 08.04.2004

Rohstoffe: Chinesische Hausse

Rohstoffe sind gefragt wie selten zuvor: Die Notierungen für Erdöl, Kupfer, Weizen und Co. sind in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Der Reuters/ Commodity Research Bureau-Index (CRB-Index) stieg um gut 20% gegenüber Vorjahr an und seit Herbst 2001 legten die Preise mehr als 50% zu.

Aber nicht nur die Preise für die Rohstoffe selbst sondern auch für Rohstoffaktien stiegen, und das stärker als der Markt. Wichtigster Performancetreiber waren dabei Metalle und Minen, die nach der Klassifizierung der MSCI-Benchmarkfamilie, den größten Anteil am Rohstoffsektor haben. Dabei bleibt, ebenfalls entlang der MSCISystematik, Energie als eigener Sektor außen vor. Die Frage lautet jetzt: Setzt sich dieser Trend fort, oder ist es für einen Einstieg längst zu spät?

Angebot & Nachfrage

Der Preisanstieg der letzten Monate ist kaum verwunderlich für die Rohstoffmärkte, kamen die Impulse für den Anstieg der Rohstoffpreise auf breiter Front von den zwei bekannten Säulen: der Nachfrageseite und der Angebotsseite.

Rohstoffhunger Chinas.

- Auf der Nachfrageseite sind es vor allem die asiatischen Schwellenländer, die die Preisentwicklung prägen. Insbesondere China scheint einen schier unstillbaren Rohstoffhunger zu haben. Dies zeigt die steile Aufwärtsbewegung der Industrieproduktion und der Importe von wichtigen Industrierohstoffen im Reich der Mitte. China, mit einem Wachstum von 9% in 2003 die am stärksten wachsende Volkswirtschaft, ist vor dem Hintergrund der rohstoffintensiven Industrialisierung mittlerweile vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur von Rohstoffen geworden.

- Zudem hat China seinen Anteil am globalen Verbrauch von Nicht Eisen-Metallen in den letzten sechs Jahren nahezu verdoppelt und mit rund 20% die USA als größter Nachfrager überholt. Für den Zeitraum bis 2010 schätzt der australische Broker Macquarie Bank selbst bei einer Abschwächung des Wachstums einen Anstieg des chinesischen Anteils auf 30%. Alleine die Nachfrage nach Stahl wuchs in China 2003 um ca. 25%. Während die Herstellung dort um etwa 22% zulegte, wuchsen die Importe um 60%. Dabei gehört China mit einem Anteil von 26% an der Weltstahlproduktion (2002) zu den wichtigsten Produzenten.

- Aber nicht nur die Nachfrage aus Asien/ China sorgt für eine hohe Nachfrage, auch die Weltkonjunktur insgesamt führt zu einem steigenden Rohstoffbedarf. Rohstoffaktien sind klassische Zykliker. Da Rohstoffe überwiegend in US-Dollar fakturiert werden, begünstigt die Dollarschwäche dabei Nachfrage aus Nicht-Dollarländern.

- Und: Die globalen Lagerbestände sind niedrig. In Europa hat der Lageraufbau gerade erst begonnen. Zu überhöhten Beständen, die dann später wieder auf die Nachfrageseite drücken, dürfte es, in Anbetracht der Angebotssituation, nicht so schnell kommen.

Engpässe auf der Angebotsseite

Mit der gestiegenen Nachfrage konnte das weltweite Angebot an Rohstoffen nicht mithalten. Hierfür gibt es einige Gründe:

- Zum einen haben wichtige Förderländer wie Russland, Kanada, Australien oder Südafrika angesichts der niedrigen Preise über weite Teile der neunziger Jahre die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die Exploration von Rohstoffvorkommen sukzessive reduziert. Schätzungen von Goldman Sachs zufolge ist das Niveau dieser Ausgaben mittlerweile auf den geringsten Stand seit Ende der 70er Jahre gesunken. Somit hat sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage schrittweise ausgebreitet. Engpässe gibt es an einigen Metallmärkten, wie z.B. Kupfer, Nickel und Blei.

- Wichtig ist in diesem Kontext auch, dass es vier bis acht Jahre dauert, bis neue Minen zur Exploration erschlossen werden können.

- Zu dieser Problematik gesellt sich zum anderen der in den letzten Monaten schwächere US-Dollar. Normalerweise erhöhen die Rohstoffproduzenten bei steigenden Rohstoffpreisen ihr Angebot. Dies war allerdings in den letzten Monaten nicht der Fall, da die Rohstoffpreise für zahlreiche Produzenten, wie bspw. Australien, Kanada oder Südafrika in einheimischer Währung nahezu unverändert geblieben sind, da ihre Währungen zum US-Dollar aufwerteten. Dies erklärt den inversen Zusammenhang zwischen CRB-Index und Außenwert des US-Dollar.

- Bei Eisenerz und thermischer Kohle kommen auf der Angebotsseite noch Transportengpässe hinzu.

Hält der Anstieg an?

Ein weiterer Anstieg der Rohstoffpreise ist von mehreren Faktoren abhängig:

- Der fortschreitenden Erholung der Weltwirtschaft und der hierdurch weiter anziehenden Nachfrage nach Industrierohstoffen.

- Einem starken Wachstum Chinas.

- Einem nur allmählichen Aufbau der Produktionskapazitäten. Das Hauptrisiko für die weitere Preisentwicklung bei Rohstoffen liegt bei der Konjunktur und hier insbesondere bei China. Dort versucht die Zentralbank das Wachstum mittels einer Verringerung des Kreditwachstums auf einen moderateren Pfad zu bringen, nicht zuletzt wohl auch, um den Sorgen vor einer Überhitzung und vor Überkapazitäten vorzubeugen. Die Kreditverknappung dürfte die Investitionen abkühlen und auch die Rohstoffnachfrage dämpfen.

Gewinne & Bewertungen

Nach der Rohstoffhausse, die sich auch in deutlich steigenden Aktienkursen dieses Sektors widerspiegelt, sind Rohstoffewerte nicht mehr preiswert. Das Kurs-Gewinn- Verhältnis lag Anfang April 2004 mit knapp 24 merklich über dem von Mitte der 90´er errechneten Durchschnitt von ca. 22. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass das KGV nur dem Blick in den Rückspiegel entspricht, da es nicht die zukünftig zu erwartenden Gewinne berücksichtigt. Wird das für die nächsten zwölf Monate gemäß der IBES-Erhebungen erwartete Gewinnwachstum einbezogen, kommt das auf dieser Basis errechnete KGV auf unter 15 zu liegen. Die Gewinnaussichten sind, vor dem Hintergrund der Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage, gut. Der Revisionstrend bei den Gewinnschätzungen zeigt sich seit Herbst 2002 als positiv.

Summa Oeconomica

- Eine starke Nachfrage bei gleichzeitigen Angebotsengpässen lassen den Rohstoffsektor auch nach den Kursgewinnen der Vergangenheit als attraktiv erscheinen.

- Dazu kommen positive Gewinnaussichten, welche die ambitionierten KGVs relativieren. Dies wird im Vergleich der so genannten "trailing" KGVs mit den "forward" KGVs deutlich: Während das "trailing" KGV die Kurse mit den bereits vorliegenden Gewinnen ins Verhältnis setzt, bezieht das "forward" KGV das erwartete Gewinnwachstum mit ein. Und hier ist der Trend positiv.

- Aus Investoren Sicht muss die Weltkonjunktur, und hier besonders China im Blick behalten werden.

Quelle: dit

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