Kommentar
11:30 Uhr, 12.07.2007

Rohölspekulanten noch nie so "bullish"

1. Die US-Rohöllagerbestände wurden in der vergangenen Woche um 1,5 Mio. Barrels abgebaut (Bloomberg-Median: -0,05 Mio. Barrels), befinden sich aber weiterhin auf einem recht hohen Niveau. Die Benzinvorräte wurden um 1,1 Mio. Barrels aufgestockt (Bloomberg-Median: 0,8 Mio. Barrels), was einen Hauch von Entspannung in den engen US-Benzinmarkt bringen dürfte. Denn die Kapazitätsauslastung der US-Ölraffinerien konnte ebenfalls leicht auf 90,2 % ausgebaut werden. Die Heizöl- und Diesellagerbestände wurden um 0,8 Mio. Barrels aufgestockt (Bloomberg-Median: 0,9 Mio. Barrels).

2. Das Augenmerk der Rohölmärkte und der Analysten richtete sich in den vergangenen Tagen stark auf den mittelfristig ausgerichteten Ölmarktbericht der Internationalen Energieagentur IEA, der am 9. Juli veröffentlicht wurde. Bezogen auf einen Zeithorizont von fünf Jahren wurde in dem Bericht vor einer langfristigen Knappheit am Ölmarkt gewarnt. Angesichts der eingeschränkten Angebotskapazitäten der nicht-OPEC Länder wurde zudem auf die zunehmende Abhängigkeit der Ölverbraucher von der OPEC-Produktion hingewiesen. Langfristig wird der Anteil der OPEC-Produktion am gesamten Rohölangebot steigen, dies ist auch unsere Meinung, doch eine drohende Ölknappheit sehen wir im Gegensatz zum IEA-Bericht nicht. Wir rechnen für die kommenden Jahre zwar mit einer weiteren fundamentalen Anspannung am Ölmarkt, aber nach 2010 sollte durch eine merkliche Ausweitung des Angebots auch wieder eine Entspannungsphase kommen. Dann dürfte die in den vergangenen Jahren bereits verstärkte Investitionstätigkeit im Sektor ihre Früchte tragen. Dass der Ölpreis kaum auf den IEA-Bericht reagierte, zeigt, dass die Inhalte für die Märkte keine neue Information brachten, zugleich nahmen die Marktteilnehmer die zum Teil zugespitzten Formulierungen aus dem Bericht gelassen auf.

3. Die Rohölspekulanten an der New York Mercantile Exchange (NYMEX) waren in dem Datenerfassungszeitraum seit 1983 noch nie so „bullish“ für den Rohölpreis wie in der vergangenen Woche (einschließlich 3. Juli). Sie weiteten ihre Netto-Long-Positionierung merklich aus. Es wurde mit 96 Tausend Kontrakten mehr auf steigende als auf fallende Kurse gewettet, eine so hohe Differenz gab es noch nie. Der Sprung bei der Netto-Long-Positionierung von 67 Tausend in der Woche zuvor auf 96 Tausend kam fast ausschließlich aus den 30 Tausend zusätzlichen Long-Positionen. Die Anzahl der Short-Positionen stagnierte nahezu. Da in der entsprechenden Woche keine geopolitischen Unsicherheiten neu aufgetreten sind, dürfte der Anstieg der Netto-Long-Positionierung zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass die Marktteilnehmer „plötzlich“ an die fundamentale Einengung am Rohölmarkt glauben. Dennoch sind das Timing und die Stärke der Stimmungsausprägung der nicht-kommerziellen Händler durchaus überraschend gekommen, und eine solch hohe Netto-Long-Positionierung birgt ein nicht zu unterschätzendes Abwärtsrisiko für den Ölpreis, sollte sich ein Stimmungswandel einstellen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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